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Weil das Training allein noch nicht hart genug ist – Teil 2

Die Experten geben Tipps zur besseren Erreichung der Trainingsziele.
Die Experten geben Tipps zur besseren Erreichung der Trainingsziele. ©Roland Paulitsch
Mit speziellen Trainingsadaptierungen lassen sich gewisse Trainingsziele noch besser erreichen. Der heutige Artikel soll einen kleinen Überblick in diesem spannenden Bereich geben.
Weil das Training noch nicht hart genug ist - Teil 1

Wichtig ist, sich immer genau darüber im Klaren zu sein, was man mit der jeweiligen Modifikation erreichen will…

Training unter erschwerten Bedingungen

Durch Höhentraining bekommt man, sehr vereinfacht ausgedrückt, mehr rote Blutkörperchen. Dadurch kann mehr Sauerstoff zu den Muskeln transportiert werden. Für diesen Transport von Sauerstoff ist jedoch auch der flüssige Bestandteil des Blutes notwendig, in dem die Erythrozyten schwimmen – das Plasma. Mehr Plasma bedeutet bessere Fließeigenschaften, bedeutet wieder mehr Sauerstoff, dort wo er gebraucht wird. Wie wir schon wissen, reagiert unser Organismus auf einen Reiz immer mit einer spezifischen Anpassung. Bezogen auf das Blutplasma ist der entscheidende Reiz, die Dehydrierung, also der Wassermangel. Wasser verliert man durch schwitzen. Und besonders viel schwitzt man unter heißen Bedingungen. Training bei Hitze, ohne den Flüssigkeitsverlust während des Trainings auszugleichen stellt natürlich eine große Belastung dar. Es hat sich jedoch gezeigt, dass es dadurch zu einer deutlich vermehrten Bildung von Blutplasma kommt. Im Spitzensport wird dies immer mehr erkannt. Es geht sogar schon so weit, dass bereits einige Athleten zuerst ein Trainingslager in der Höhe verbringen und danach noch für einige Zeit an sehr warme Orte fahren um dort unter Hitzebedingungen zu trainieren. Also zuerst Blutkörperchen produzierten und dann Blutplasma. Wenn man sich unter kenianischen Läufern umsieht, ist es, aus diesem Blickwinkel, auch sehr auffällig, dass diese ihr lockeres Training immer (auch wenn man als Europäer schon in kurzer Hose und T-Shirt unterwegs ist) sehr dick angezogen absolvieren. Auch wenn sie das nicht mit dem Gedanken an vermehrte Plasmaproduktion machen, so könnte es doch ein kleiner Baustein ihres Erfolges sein.

Training und Ernährung

Ein weiterer dieser kleinen Bausteine ist wohl das Training in nüchternem Zustand. Will man in Iten, mit Kenianischen Läufern, einen langen Lauf vereinbaren und schlägt als Startzeit 8:00 vor, bekommt man mit Sicherheit zu hören: „No that’s too late! Let’s start at 6:30!?“ Ausdauertraining, ohne davor Kohlenhydrate gegessen zu haben, bedeutet für den Körper, dass er lernen muss mit den vorhandenen Energiereserven besser und ökonomischer umzugehen. Zuerst wird immer der Brennstoff verbraucht, der am einfachsten und schnellsten zur Verfügung steht. Generell sind dies die Kohlenhydrate. Sind jedoch davon weniger vorhanden muss der Körper früher auf seinen Fettstoffwechsel zurückgreifen. Dieser arbeitet zwar nicht ganz so schnell wie der Stoffwechsel der Kohlenhydrate, ist jedoch gerade bei langen Belastungen, wegen seiner großen Verfügbarkeit von großer Wichtigkeit. Ihn gezielt zu trainieren kann also entscheidende Vorteile im späteren Teil eines Rennens bringen. Von einigen Athleten im Langzeitausdauerbereich wird, daraus resultierend, eine spezielle Ernährungsform praktiziert: „train low – race high“. Damit ist gemeint, dass man sich während der Trainingsphase kohlenhydratreduziert ernährt, und dann im Wettkampf, zusätzlich zum verbesserten Fettstoffwechsel, noch auf das „Superbenzin“ Kohlenhydrate zurückgreift. Auch hier muss man jedoch bedenken, dass man sich so einem zusätzlichen Stress aussetzt und ein noch so gutes Fettstoffwechseltraining nicht den gewünschten Wettkampferfolg bringt, wenn man damit das Training nicht in der erforderlichen Intensität und im nötigen Umfang absolvieren kann.

Effekte von Bergläufen

Wenn es um Schnelligkeits- und Sprinttraining geht, ist eine interessante Adaptierung jene der Steigung. Absolvieren Sie Sprints, oder kurze Intervalle leicht bergab, schulen Sie so Ihren Körper mit schnellerer Geschwindigkeit umzugehen. Sie überlisten Ihn quasi dazu ein schnelleres Tempo zu laufen, als er es eigentlich könnte. Solches Training sollte man allerdings wegen der hohen muskulären Belastung nur sehr sparsam einsetzen.

Anders verhält es sich mit Sprinttraining bergauf. Dieses übt eine deutlich geringere Belastung auf den Bewegungsapparat aus und kann daher gerade für verletzungsanfällige Läufer eine gute Möglichkeit des Schnelligkeitstrainings sein. Weiter kann die vermehrte Kraftkomponente als Vorteil genutzt werden. Darüber hinaus lässt sich mit längeren Bergläufen, ohne große Stoßbelastung, auch sehr effizient das Herz-Kreislauf-System trainieren.

Training der Schmerzschwelle

Sehr interessant sind jüngste Entwicklungen der leistungsphysiologischen Forschung. Kurz gesagt wird immer mehr erkannt, dass das eigentlich leistungslimitierende Organ unser Gehirn ist. Oder anders ausgedrückt, unser Gehirn zwingt uns, schon lange bevor es körperlich notwendig wäre, zum Beenden der Belastung, oder dazu langsamer zu laufen. Dadurch scheint es, zu großen Schaden im Körper verhindern zu wollen. Eine Möglichkeit das Gehirn zu überlisten besteht darin mit verbotenen Substanzen die Schwelle ab der es die Leistung herunter reguliert zu verschieben. Dies ist nicht nur ethisch mehr als verwerflich, sondern auch aufgrund des hohen gesundheitlichen Risikos abzulehnen. Immer wieder kommt es durch solches Doping sogar zu Todesfällen. Eine andere Möglichkeit diese, nennen wir sie „Schmerzschwelle“ zu verschieben, besteht in bestimmten Techniken des mentalen Trainings. Hierzu gibt es sehr interessante und vielversprechende Forschung, welche zeigt, dass sich damit erstaunliche Leistungssteigerungen erzielen lassen. Zwar mit minimalem Restrisiko, jedoch arbeitet man hier ja mit dem Körper und nicht gegen ihn wie mit unerlaubtem Doping. Jedoch ist dies auch keine Abkürzung zum Erfolg, denn mentales Training erfordert, genauso wie körperliches Training, einen gewissen Aufwand.

Schlussfolgerungen

Sie sehen also, dass es die unterschiedlichsten Möglichkeiten gibt um aus dem eigenen Training noch mehr heraus zu holen. Dabei können Sie durchaus auch kreativ sein. Experimentieren Sie beispielsweise mit schwereren Schuhen im Training als im Wettkampf, unterschiedlichem Untergrund, unterschiedlicher Kleidung, mehr oder weniger Erholung, Kombinationstraining… Die Möglichkeiten sind fast unüberschaubar. Wichtig ist nur, immer genau zu wissen, was man mit der jeweiligen Maßnahme erreichen will.

Abschließend bleibt aber zu sagen, dass diese Trainingsadaptierungen nur das Tüpfelchen auf dem i sein können. So sollte man zuerst immer bemüht sein, das Training auszureizen und sich die anderen Maßnahmen dafür aufzusparen, wenn man vielleicht an die eigenen Leistungsgrenzen stößt, oder neue Reize benötigt. Jedoch kann es auch spannend sein damit etwas Abwechslung ins Training zu bringen. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Experimentieren und stehen natürlich wie immer gerne mit Rat und Tat zu Verfügung.

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