Zürich. Im Lauf der Evolution erlangte das menschliche Gehirn seine typischen Merkmale: Große Gehirngröße beim Neugeborenen, rasches Hirnwachstum beim Säugling und große Stirnlappen. Doch zusammen mit dem aufrechten Gang, der den Geburtskanal verengte, sorgte der große Babykopf für Probleme bei der Geburt.
Als Lösung entwickelte der Mensch weiche Schädelnähte, die Suturen, dank denen der Kopf bei der Geburt zusammengedrückt werden kann. Diese Anpassung tauchte offenbar schon viel früher auf als bisher angenommen, wie nun Marcia Ponce de Leon und Christoph Zollikofer vom Anthropologischen Institut der Universität Zürich berichten.
Untersuchungen an “Taung-Kind”
Die Forscher untersuchten dazu das berühmte “Taung-Kind”. Dieser 1924 in Südafrika gefundene Australopithecus-Schädel hat eine steinerne Füllung, die sowohl Abdrücke der Schädelnähte wie auch der Hirnwindungen des etwa vierjährigen Kindes zeigt.
Dessen Computertomographie-Bild verglichen sie mit einer Vielzahl von Ur- und Frühmenschen- sowie Affenschädeln. Beim Taung-Kind und einigen anderen Hominiden fanden sie offene Stirnnähte bis zu einem Alter von vier Jahren, wie sie zusammen mit Forschern der Florida State University am Montag im Fachblatt “Proceedings of the National Academy of Sciences” berichteten.
Extremes Wachstum nach Geburt
“Der späte Verschluss hat mit dem speziellen Gehirnwachstum beim Menschen zu tun”, erklärte Ponce de Leon am Dienstag in einer Mitteilung der Universität Zürich. So wachse das menschliche Gehirn nach der Geburt extrem rasch, speziell die Stirnlappen. Nicht so bei Affen, bei denen die Schädelnähte nach der Geburt rasch verknöchern.
Laut einer Mitteilung der Florida State University deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die späte Fusion der Schädelnähte parallel zum aufrechten Gang entstanden ist. Außerdem sei das typische Größenwachstum des menschlichen Gehirns viel früher im Hominiden-Stammbaum erschienen, als man bisher gedacht hatte.
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