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Was wäre wenn: World in Conflict

Krieg statt Perestroika: Die Welt im Konflikt anno 1989.
Krieg statt Perestroika: Die Welt im Konflikt anno 1989. ©Waibel
Spätsommer 1989: Russische Fallschirmjäger verdunkeln den Himmel über Seattle. Die Sowjets schicken sich an, die Welt zu erobern. Zumindest in World in Conflict für den PC.  

Spätsommer 1989: Russische Fallschirmjäger verdunkeln den Himmel über Seattle. Die Sowjets schicken sich an, die Welt zu erobern. Zumindest in World in Conflict für den PC.

Was wäre wenn die Geschichte anders verlaufen wäre? Gorbatschow sich nicht durchgesetzt hätte? Würden wir nun alle russisch reden und fürs weltweite Kollektiv wirtschaften? In Vivendis neuem Strategiekracher, lange erwartet und eines der ersten DX 10 Spiele überhaupt läuft das Faß justament da über, wo die Machthaber in Moskau merken, dass die Mauer und damit ihr Einfluss zu bröckeln beginnt. Ziel der roten Flut: Seattle und Westdeutschland.

Ein sonniger Tag im Wilden Westen – keiner rechnet mit einer Invasion, in Zeiten wie diesen, wo sich die weltpolitische Lage zu entspannen beginnt. Dementsprechend überrascht ist das US Militär und wird überrumpelt. Bereits zu Einstieg der Kampagne baut sich so eine düstere, nahezu verzweifelte Stimmung auf, währenddessen man versucht, der Heerscharen von Invasoren Herr zu werden, nur um kurze Zeit später zu merken, auf welch verlorenem Posten man kämpft. Gänsehaut garantiert, von Anfang an!

Zu den ersten Aufgaben gehören somit auch die Rettung der Zivilisten und der einigermaßen geordnete Rückzug, was bedeutet, dass Brücken gesprengt und mögliche Nachschubquellen für die Sowjets gekappt werden müssen. Bereits hier spielt das gleichermaßen atmosphärische wie anfangs gut überschaubare Spiel seine Stärken aus. Einen einigermaßen motorisierten Rechner vorausgesetzt, fliegen einem in frei wählbaren Perspektiven physikalisch korrekt Raketen mit ihren Schweifen, Wrackteile und allerlei Fluggerät um die Ohren. Es baut sich sofort eine Hektik auf, im verzweifelten Versuch, den übermächtig scheinenden Sowjettruppen zu entkommen.  Wovon World in Conflict lebt, ist die unglaublich dichte Atmosphäre die erzeugt wird. Es wird nicht nur die Geschichte der West-Mächte und der Sowjetunion erzählt, sondern auch das Schicksal einzelner Soldaten. Gruslig die Szene, in der ein Familienvater versucht, seine Familie aus einer Stadt zu retten, auf die ein Atomschlag verübt werden soll. Erzählt werden die mitreißenden Ereignisse in Form von gezeichneten Bildern, Ingame-Sequenzen und beeindruckenden Render-Filmen. Trotzdem entsteht nie ein Bruch zwischen den einzelnen Erzählweisen.

Das Missionsdesign ist gelungen: Ständig treten gescriptete Ereignisse auf, die den Gamer nicht zum Verschnaufen kommen lassen. Die Art der Missionen wechseln von Stellung halten, Erobern bis zu Schleichmissionen durch Wälder. Hauptziele sind missionsentscheidend, daneben locken Nebenaufträge, die oft taktische Vorteile verschaffen. So spielt sich World in Conflict sehr flott, um nicht zu sagen hektisch, manches unter Zeitdruck. Taktisches Vorgehen ist zwar Pflicht, allerdings werden zerstörte Einheiten mittels Punkteguthaben mit der Zeit wieder ersetzt, indem sie an Landezonen abgesetzt werden. Das kann aber dauern, was nicht selten zum Scheitern einer Mission führt. Für das Erfüllen von Nebenquests gibt es aber andererseits Bonustruppen, was das Vorgehen erleichtert. Für erfolgreiches Vorgehen tröpfeln ständig taktische Hilfspunkte auf ein Konto, die bei Bedarf in Form von Spezialattacken wie Luftschläge oder Artillerie-Sperrfeuer umgesetzt werden können. Spannend: In Multiplayerpartien können diese Punkte weitergegeben werden an einen Spieler, der dann die gesammelten Punkte in Form von furchterregenden Attacken schon früh in der Partie vom Stapel lassen kann.

So tobt um einen die Schlacht zwischen den Fraktionen, während man sich mit seinem Häufchen ausgewählter Soldaten durchbeißt.  Bedächtiges Vorgehen ist Pflicht, da man ja nur über diesen begrenzten Fundus an Leuten verfügt, – somit sind Tank Rush Taktiken wie in anderen Strategietiteln hinfällig. Auch einmauern ist nicht: Da man sich ständig um sein nacktes Fortkommen kämpfend übers Schlachtfeld bewegt, und keine Basis hochziehen darf, werden sich sicherheitsliebende Gamer nicht unbedingt wohl fühlen. Nie kommt man zur Ruhe, gemütlich bauen und den Gegner an den Verteidigungsanlagen die Zähne ausbeißen lassen: Fehlanzeige. World in Conflict ist Adrenalin pur. Ersatzweise haben die Entwickler oft Missionen eingebaut, während derer man einen taktischen Punkt so lange wie möglich halten soll. Umso länger der Punkt übernommen ist, desto stärker wird er, so bauen sich zum Beispiel MG Nester oder andere Verteidigungsanlagen erst nach einer gewissen Zeit auf.

Dabei gilt es, die vorhandenen Offensiv- und Defensivspezialfähigkeiten der Einheiten klug zu nutzen. So zum Beispiel können Panzer sich mit Rauchgranaten einnebeln, um Lufteinheiten kein Ziel zu bieten. Diese werden wie auch andere Befehle über das gut strukturierte Interface umgesetzt. Dieses sorgt für Übersicht, falls man sich einmal im frei dreh- und zoombaren Bereich der Karte verfranst hat.

Neben der sehr stimmig inszenierten Solokampagne glänzt WIC mit einem fordernden und fesselnden Multiplayermodus, der für die meisten Gamer den Hauptpart des Spiels darstellt.  

Technisch spielt der Strategietitel alle Stückchen: Detaillierte Einheiten-Modelle, gestochen scharfe Texturen, welche die Großstädte und Landschaften in einer nie da gewesenen Qualität auf den heimischen Monitor zaubern, verzücken das verwöhnte Spielerauge. Die Explosionen und vor allem die Raucheffekte waren so noch nie dagewesen in einem Spiel. Dabei kann die gesamte Umgebung physikalisch korrekt in Schutt und Asche gelegt werden. So kann nach einer 30 Minuten Multiplayerpartie eine Map vollkommen anders aussehen. World in Conflict ist, die entsprechende Hardware vorausgesetzt, einer der ersten DX 10 Titel überhaupt, und weiß sehr zu überzeugen. Aber auch unter DX 9 sieht WIC toll aus, in beiden Varianten ist aber ein gut motorisierter Rechner vonnöten, um das Spiel auch detailliert und in höheren Auflösungen genießen zu können. Idealerweise empfehlen die Entwickler einen Intel Core 2 Duo Rechner mit einer Grafikkarte auf Niveau der 8800. Wer die volle Grafikpracht von WIC samt aller DX 10 Effekte auskosten will, sollte schon über einen PC mit 8800 GTS, besser noch 8800 GTX, Windows Vista und mehr als 2 Gigabyte Arbeitsspeicher verfügen, ansonsten er eine gutaussehende Diaschau bestaunen dürfte. Akustisch ist WIC ebenso eine Wucht: Synchronsprecher, Soundeffekte und Soundtrack mit Anleihen an die russische Musikkultur treiben die Atmosphäre voran. 

 

Fazit:

Kein Zweifel, World in Conflict ist genau das Game geworden, das sich Fans herbeigesehnt haben. Technisch sauber umgesetzt, ein geradezu perfektes Missionsdesign, eine durch viele Kleinigkeiten virtuos inszenierte Handlung und ein Gamehandling prallvoll mit Atmosphäre. Mir fast zuviel des Guten. Ich oute mich an dieser Stelle als Basenbauer und Einigler, ich liebe die Sicherheit, die mir eine durch dicke Mauern und noch dickere Verteidigungsanlagen geschützte Basis gibt, an der sich der Feind die Kanonenläufe verbiegt. WIC lebt von einer Atmosphäre der Angst, des Zeitdrucks, der Ausgeliefertheit, kleine Fehler durch verfrüht verlorene Einheiten rächen sich zuweilen in einem frustigen Game Over. Ob WIC nun etwas für Strategie-Einsteiger ist, wage ich zu bezweifeln. Kenner ausgesuchter Strategiekost kommen aber sicher auf ihre Kosten. Ich bleibe Command and Conquer treu, nicht ohne hier und jetzt festzuhalten: World in Conflict ist in seinem Genre des Nicht-Aufbau Strategie-Sektors das beste Spiel aller Zeiten und wird es wohl auch noch eine Weile bleiben. Xbox 360 Eigner dürfen sich freuen: Der Titel soll demnächst auch auf der Microsoft-Konsole umgesetzt erscheinen, wobei abzuwarten bleibt, wie die Bedienung gelöst wurde, bzw. die Rechenpower der 360 ausreicht, um die bahnbrechende Grafik von WIC ebenso stimmig auf den TV zu bringen, wie der PC an den Monitor. Klares Daumen hoch für World in Conflict!

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