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Eddie the Eagle als Landeshauptmann?

"Eddie the Eagle“: Mit Begeisterung dabei, aber sportlich nicht erfolgreich.
"Eddie the Eagle“: Mit Begeisterung dabei, aber sportlich nicht erfolgreich. ©EPA
Im Meinungsblog “Farbenblind” analysiert Gerold Riedmann auf VOL.AT kleine und große Begebenheiten im Vorfeld der Landtagswahl am 21. September 2014.

gerold-farbenblindWas haben Michael Edwards, Friedrich Gsellmann, Christoph Alton, Hannes Hausbichler und Erwin Dünser gemeinsam? Vier davon sind Kandidaten, die am 21. September vermutlich gemeinsam auf 3 Prozent der Wahlstimmen kommen werden. Und Edwards, besser bekannt als „Eddie the Eagle“ ist jener britische Skispringer, der zwar notorisch erfolglos, aber immer mit großer Begeisterung bei Weltmeisterschaften und bei Olympia 1988 dabei war – ohne Aussicht auf Erfolg.

Mit den Kleinparteien, die zur Vorarlberger Landtagswahl in einer Woche antreten, verhält es sich manchmal ähnlich. Sie sind überzeugt von ihrer Idee, wollen in der Politik mitmischen und spielen doch in einer schrilleren Liga.

So anachronistisch. So anders. So speziell.

Vom richtigen Christen

Er sagt Sätze wie: „Ein richtiger Christ verurteilt die Sünde.“ oder „Homosexualität ist eine Sünde.“

Erwin Dünser ist von der Christlichen Partei (CPÖ) und aus Raggal im Großen Walsertal. Er spricht langsam, sehr bedacht, ein bisschen abgehackt, weil er jedes hochdeutsche Wort im Kopf handklöppelt, sich perfekt artikulieren will und alle paar Wörter eine kurze Pause macht. Abtreibungsgegner, strengst katholisch geprägt. „Wir wollen, dass ungeborene Kinder gehört werden, wir wollen ihnen eine Stimme verleihen.“ Hört man ihm zu, bewundert man das politische Engagement. Wie beseelt, wie überzeugt muss man sein, wenn man – bei völliger Aussichtslosigkeit – sehr unpopuläre, altmodische Standpunkte vertritt. Er weiß, dass er nicht 10 Prozent erreichen wird, motiviert sich aber offenbar damit, „mehr Stimmen als die NEOS“ zu bekommen. Diesen Gefallen wird ihm selbst die Vorarlberg-NEOS-Kandidatin Sabine Scheffknecht nicht machen. Seine Wunsch-Koalition: ÖVP/CPÖ, klar. Eines steht fest, wie gemeisselt in Steintafeln: Erwin Dünser ist ein Mann wie aus einer anderen Zeit.

Der benachteiligte Mann

Hannes Hausbichler, Männerpartei, zielt hauptsächlich auf diejenigen Männer, die sich nach einer Scheidung als „Zwangsversorger“ sehen. Die eigene Biographie prägt das Weltbild halt doch gewaltig: Hausbichler lebt von der Mutter seiner Kinder getrennt – und spricht in Interviews von einer Männerfeindlichkeit in unserer Gesellschaft und führt dabei Lieder wie „Männer sind Schweine“ oder TV-Serien wie „Sex and the City“ ins Treffen. So geht es bei der Männerpartei durchgängig darum, die Rechte von Männern zu stärken (vor allem im Scheidungsfall!). Denn Frauen seien per Gesetz bessergestellt, während Pflichten für Männer immer größer werden. Klar gibt es ein Parteiprogramm, aber von Standpunkten zu Wirtschaft oder generell klaren Strategien ist das weit entfernt. Es dreht sich nahezu alles um den Vater, der nach Trennung schlechter gestellt sei – oder die Frau, die dann wenigstens auch zum Wehrdienst verpflichtet werden soll.

Transparente Techniker

Friedrich Gsellmann ist Pirat. Die Piraten, das sind die, von denen ganz Europa vor drei Jahren meinte, sie könnten größeres Potential als die Grünen haben – und die dann überall abgestunken sind. Die Tools der „Piratenplattform“ sind bestechend. Die Feedback- und Abstimmungsmaschine „Liquid Feedback“ würde manch anderer Partei guttun – doch bleibt’s halt beim sehr technischen. PGP, Signieren, Abhören. Klar, viele Piraten sind Techniker, Gsellmann ist Elektrotechniker und arbeitet im echten Leben als Fernmeldetechniker bei den ÖBB. Wahlbudget unter 1000 Euro, aber wann hatten Piraten schon mal ein Budget? Im Vorarlberger Wahlkampf fordert Friedrich Gsellmann maximale Mitbestimmung der Bürger und Transparenz. Kürzlich sagte Gsellmann im ORF, die herrschenden Parteien würden sich mit viel Geld „per Gehirnwäsche“ in die Köpfe der Wähler brennen, deshalb fehle es an Aufmerksamkeit für die Kleinparteien, deshalb werde sich nichts ändern.

Stimmen-Multiplikator

Christoph Alton von „WIR – Plattform für Familie“ ist Lehrer an der polytechnischen Schule in Feldkirch – und konzentriert sich vorwiegend auf Familie und ein faires Schulsystem, das unterschiedliche Begabungen anerkennt und fördert. Das „Leid der Schüler“ hat ihn so tief bewegt, dass er kandidieren musste. Und das tut er für mehrere Parteien mit ähnlichem Mindset: Bei der EU-Wahl stand er noch auf Ewald Stadlers REKOS-Liste (und ja, „Homosexualität ist nicht von Gott gewollt“). 2009 schon war auch WIR bei der Landtagswahl angetreten, damals war der Erfolg überschaubar. 0,36 Prozent, 647 Stimmen. Damit das mehr werden, fordert WIR bei Familien ein Stimmrecht für Kinder – in der Form, dass die Eltern pro Kind zusätzlich eine halbe Stimme erhalten. Bei Christoph Alton (5 Kinder) wären das dann insgesamt 3,5 Stimmen.

Eigene Diskussion mit Bernhard Amann

VOL.AT hat alle Kleinparteien in umfangreichen Video-Interviews vorgestellt. Die Kleinen haben sich entschlossen, eigene Podiumsdiskussionen zu veranstalten – die letzte ist nächste Woche, 18. September, 20 Uhr zum Thema „Freie Menschen“ im Dornbirner Kolpingsaal – moderiert vom (dieses Mal) nicht wählbaren, aber bekanntesten Kleinpartei-Vertreters Vorarlberg: Bernhard Amann.

Wahlblog “Farbenblind”
Gerold Riedmann (Twitter: @geroldriedmann) ist Vorarlberger Journalist und kommentiert als Geschäftsführer von Russmedia Digital für VOL.AT kleine und größere Episoden aus dem Vorarlberger Landtagswahlkampf. Riedmann war bis 2011 stv. Chefredakteur der VN und arbeitete zuvor in München, unter anderem für den Bayerischen Rundfunk und elektronische Medien der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

 

 

 

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