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Waffengesetze: Salzburger Politiker mit Kritik an psychologischen Gruppengutachten

Von mehreren Seiten werden Reformen gefordert.
Von mehreren Seiten werden Reformen gefordert. ©Patrick Pleul/dpa/Archiv
Angesichts der jüngsten Amok- und Terrorakte warnt der Grüne Salzburger Landtagsabgeordnete Simon Heilig-Hofbauer vor einem zu leichtfertigen Zugang zu Feuerwaffen. Er kritisierte in Anbetracht der zuletzt stark gestiegenen Zahl an Waffenbesitzern, dass im Zuge waffenrechtlicher Verlässlichkeitsprüfungen immer wieder waffenpsychologische Gruppengutachten durchgeführt und gezielt beworben werden.
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“Das leichtfertige Ausstellen dieser Gutachten greift offensichtlich weiter um sich”, sagte er zur APA. Vor allem in Salzburg, Ober- und Niederösterreich werde die Begutachtung in Gruppen zum Teil intensiv beworben. “Die Frage ist, ob hier pro Person tatsächlich genug Zeit für die Begutachtung bleibt. Wollen wir wirklich warten bis der erste, der durch ein solches Gruppengutachten gerutscht ist, Amok läuft?”

“Geschäftemacherei auf Kosten der Sicherheit”

Heilig-Hofbauer forderte das Innenministerium auf, diese “gefährliche und unverantwortliche Praxis” endlich abzustellen. “Solche waffenpsychologischen Gutachten brauchen ein ausführliches klinisches Interview sowie eine entsprechende Verhaltensbeobachtung. Wird auf diese Mindeststandards verzichtet, ist das Geschäftemacherei auf Kosten der Sicherheit.”

Eine klinische Psychologin, die waffenpsychologische Gutachten auch in Gruppen durchführt, stimmte den Anregungen Heilig-Hofbauers im Gespräch mit der APA grundsätzlich zu. Die Frau – sie wollte namentlich nicht genannt werden – wies jedoch auf die dann notwendige Veränderung der Rahmenbedingungen durch den Gesetzgeber hin.

Fragebogen und psychologisches Gespräch

Derzeit stünden am Anfang der Verlässlichkeitsprüfung ein Fragebogen zur Biografie und die gesetzlich vorgegebenen Persönlichkeitsbeurteilungsverfahren, die entweder am PC oder klassisch mit Bleistift und Papier beantwortet werden. “Jeder Teilnehmer muss den Test unter Aufsicht für sich ausfüllen. Es spricht nichts dagegen, wenn hier mehrere Personen nebeneinandersitzen.” Nachsatz: “Natürlich dürfen die Teilnehmer nicht schwätzen, eine Gruppenarbeit ist nicht zulässig.”

Das anschließende Gespräch – zu dem es laut der Psychologin laut Gesetz streng genommen keine Verpflichtung gebe – finde selbstverständlich immer einzeln statt. “Ich führe das Gespräch mit jedem Kandidaten, manchmal länger, manchmal kürzer – die Dauer hängt von der Vorgeschichte und der bisherigen Biografie des Bewerbers ab. Wenn ich zum Beispiel einen 50-jährigen Mann habe, der Stabilität im Berufsleben und in der Familie aufweisen kann, nachvollziehbar unauffällige Alkoholkonsumgewohnheiten schildert und bisher keine Konflikte mit dem Gesetz hatte und noch dazu unauffällige Testwerte vorliegen, spricht nichts dagegen, das Gespräch kurz zu halten.”

Waffenpsychologisches Gutachten kostet derzeit 283,20 Euro

Sie gehe davon aus, dass in Österreich alle Anbieter gleich professionell arbeiten und wehre sich gegen politische Zurufe. “Selbstverständlich wäre die Durchführung eines ausführlichen klinischen Interviews, welches in der Regel 60 bis 90 Minuten dauert, sowie die Vorgabe von beispielsweise projektiven Verfahren wünschenswert”, sagte die Psychologin zur APA. “Wenn der Gesetzgeber ein umfangreicheres Gutachten will, muss er aber die dafür nötigen Rahmenbedingungen schaffen und wegen dem zeitlichen Mehraufwand auch erlauben, ein entsprechendes Honorar zu verlangen.” Für ein waffenpsychologisches Gutachten sind die Kosten derzeit gesetzlich auf 283,20 Euro festgelegt.

Die Testdiagnostik sei auch immer nur eine Momentaufnahme. Ziel der bisherigen Praxis könne es nur sein, potenziell und offensichtlich gefährliche Leute herauszufiltern. “Gewisse Neigungen treten erst bei aktuellen Lebensereignissen vor, beispielsweise bei Ende einer Beziehung.” Der psychologische Test müsse jedoch nur einmal im Zuge des Antrages bestanden werden, eine regelmäßige Begutachtung in mehrjährigen Abständen sehe der Gesetzgeber nicht vor. Zudem sei für den Erwerb gewisser Waffenkategorien kein psychologisches Gutachten nötig. “Auch wenn wer beim Test negativ beurteilt wurde, kann er sich im Waffenladen trotzdem eine Waffe kaufen.”

BÖP: Gruppentestungen nicht zulässig

Der Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP) wies Anfang Juli in einem Newsletter seine Mitglieder darauf hin, dass Gruppentestungen, insbesondere bei waffenrechtlichen Verlässlichkeitsprüfungen, nicht dem Stand der Wissenschaft entsprechen und demnach nicht zulässig sind. “Optimal wäre ein Kandidat am PC im Beisein eines Psychologen. Dieser kann dann auf Fragen reagieren oder das Verhalten des Teilnehmers beobachten”, erklärte Cornel Binder-Krieglstein, Vizepräsident des BÖP, der APA.

Solange diese Beobachtungskomponente gewährleistet sei, seien wohl auch mehrere Kandidaten, die gleichzeitig Fragebögen ausfüllen, kein Problem. “Das mag bei vier oder bei zehn oder bei 15 Kandidaten funktionieren. Darüber hinaus wird es allerdings schwierig.” Das grundsätzliche Problem liegt für Binder-Krieglstein aber woanders. “Es steht im Gesetz nicht explizit drinnen, dass eine Exploration im persönlichen Gespräch vorgeschrieben ist. Hier wäre zwingend eine Reform notwendig.” Zwar könne man annehmen – so wie man davon ausgehen könne, dass OP-Besteck steril sei – dass ein Gespräch unabdingbar für die psychologische Beurteilung sei. “Wir können aber nicht völlig ausschließen, dass es auch schwarze Schafe gibt, die das nicht umsetzen.”

Zugleich erneuerte der BÖP seine Forderung, Melderegister für Personen einzuführen, die eine waffenrechtliche Begutachtung absolviert haben. Kandidaten, die den Test nicht erfolgreich absolvieren, könnten so nicht so lange bei verschiedenen Psychologen antreten, bis sie den Test doch schaffen.

(APA)

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