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Vorarlbergs gespaltene Gesellschaft: Kluft zwischen Arm und Reich wächst

Sozialbarometer: Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander - auch in Vorarlberg.
Sozialbarometer: Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander - auch in Vorarlberg. ©Caritas Vorarlberg
Schwarzach - Erstmals hat die Caritas Vorarlberg einen Sozialbarometer präsentiert. Ein Sozialbericht, der seine Stimme für soziale Gerechtigkeit im Sinne einer Teilhabe erheben möchte und als Anstoß für eine sozialpolitische Debatte im Land wie in den Gemeinden verstanden werden will.
Andrea Kramer (Caritas) im Gespräch

Einmal mehr zeigt dieser Bericht auf, mit welchen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen die Vorarlberger tagtäglich zu kämpfen haben.

Caritas fordert: Hebel rechtzeitig umlegen

“Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander”, fasst Peter Klinger, Direktor der Caritas, bei der Präsentation des Sozialbarometers am Donnerstag zusammen. “Es gilt, rechtzeitig Schalter und Hebel umzulegen, sonst driftet die Gesellschaft immer mehr auseinander.” Besonders für junge Menschen gelte es, Chancengleichheit zu schaffen. “Arbeitseinkommen sind so zu gestalten, dass Menschen auch ohne ausgleichende Hilfe aus öffentlichen Töpfen davon leben können”, betont auch der Leiter des Fachbereichs Sozialberatung/Begleitung der Caritas, Michael Natter. Dabei sei auch die Tatsache zu akzeptieren, dass manche Menschen den Leistungsanforderungen unserer Arbeitswelt nicht standhalten können und unsere solidarische Hilfe benötigen.

Frauen als Verlierer eines Systems

Im Vergleich zu den anderen Bundesländern herrscht in Vorarlberg mit Abstand der größte Einkommensunterschied zwischen den Geschlechter. So beträgt die Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern in Vorarlberg – bezogen auf das Bruttojahreseinkommen – 11.700 Euro, österreichweit jedoch 7.400 Euro, schildert die Caritas die gewaltige Kluft zwischen den Geschlechtern.

Zu diesem sehr niedrigen Einkommen der VorarlbergerInnen trage auch die hohe Teilzeitquote bei. Das unterste Einkommensviertel der Frauen verdiene monatlich höchstens 440 Euro, das unterste Einkommensviertel der Männer höchstens 1.120 Euro netto zwölfmal monatlich. Infolgedessen fordert die Caritas vor allem eines: existenzsichernde Einkommen. Ziel müsse es sein, dass Familien ein Auskommen mit ihrem Einkommen haben, etwa durch die Einführung eines Mindestlohns von 1.300 Euro brutto 14 Mal jährlich.

Daneben wünscht sich die Caritas zum Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern eine Erhebung durch das Land Vorarlberg – eben, weil dieser im westlichsten Bundesland Österreichs weit über dem bundesweiten Schnitt liegt. Das wiederum soll eine Regelung auf Landesebene bewirken, wonach die Höhe der bedarfsorientierten Mindestsicherung die jährlich für Vorarlberg festgestellte Armutsgrenze nicht unterschreiten darf.

Exorbitante Wohnkosten im Ländle

Laut Caritas Vorarlberg stellen Wohnkosten den größten Ausgabeposten für einkommensschwache Familien und Einzelpersonen dar. So geben Familien mit mittlerem Einkommen rund 38 Prozent ihres Einkommens allein für Wohnen aus. Noch drastischer zeichnet sich dieses Bild bei Familien mit niedrigen Einkommen. Sie müssen sogar über die Hälfte ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben. Wenn man dabei noch bedenkt, dass in den Jahren 2000 bis 2010 der Aufwand für Wohnkosten in Österreich um 34,5 Prozent gestiegen ist, die Löhne im gleichen Zeitraum jedoch lediglich um 22 Prozent, zeigt sich, welchen Belastungen Vorarlberger Haushalte ausgesetzt sind. Dazu kommt, dass nur 42 der 96 Vorarlberger Gemeinden sozialen Wohnbau betreiben. Eben hier müsse man den Hebel ansetzen, so Klinger: “Zum einen braucht es eine Neuentwicklung der Wohnbauförderung in Richtung sozialer Wohnbau, zum anderen mehr leistbarer Wohnraum für einkommensschwache Familien.”

Hohe Zahl an Bildungsabbrechern

Von den in Vorarlberg im Jahr 2011 vorgemerkten arbeitslosen Menschen hatten 8,7 Prozent überhaupt keine abgeschlossene Pflichtschule und rund 39 Prozent lediglich einen Pflichtschulabschluss. Das bedeutet, dass die sogenannten frühen Bildungsabbrecher ein eklatant hohes Risiko haben, in die Arbeitslosigkeit abzurutschen. Besonders dramatisch ist die Zahl jener Kinder nichtdeutscher Muttersprache, die ein Sonderpädagogisches Zentrum besuchen: Es sind mit aktuell 34 Prozent fast doppelt so viele, wie es ihrem Anteil der Gesamtschülerzahl entspricht. Und auch hier fordert die Caritas eine Weichenstellung. „Es benötigt spezielle Förderungen zur Verbesserung der Deutschkenntnisse, die Abschaffung Sozialpädagogischer Zentren und eine flächendeckende Ganztagsschule mit verschränktem Unterricht“, so Klinger.

Andrea Kramer über den Sozialbarometer:

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