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Vorarlberger "exportiert" den Arlberg nach Anatolien

Mehmet Eglenceoglu hat das Skifahren in Anatolien populär gemacht. Am Wochenende wurden 20.000 Besucher im Skigebiet gezählt.
Mehmet Eglenceoglu hat das Skifahren in Anatolien populär gemacht. Am Wochenende wurden 20.000 Besucher im Skigebiet gezählt. ©Privat
Schwarzach - Mehmet Eglenceoglu kam mit zwei Jahren nach Lech. Jetzt macht er in Anatolien Karriere.
Größtes Skigebiet der Türkei

Modernste Doppelmayr-Bahnen befördern die Skifahrer auf die Bergstationen. Es sei ein Wochenende wie im Bilderbuch gewesen. „20.000 Besucher sind auf den Berg gekommen“, so Mehmet Eglenceoglu gestern zu den VN. Der Vorarlberger aus Anatolien hat den Arlberg in seine einstige Heimat exportiert. Er ist Initiator des größten Skigebietes der Türkei, betreibt Sportgeschäfte und träumt davon, dass Kayseri 2022 Austragungsort der olympischen Winterspiele wird. Mehmet Eglenceoglu ist mit Skiern groß geworden. Er war zwei Jahre alt, als ihn sein Vater gemeinsam mit der Familie nach Lech geholt hat. Vater Eglenceoglu war Schuhmacher beim Traditionsunternehmen Strolz, wo später auch Mehmet seine Lehre gemacht hat. „Ich habe 25 Jahre in Lech gelebt“, so der heute 44-Jährige. Dort habe er viel lernen können. Wissen, das ihn weit gebracht hat. Anfang der 90er-Jahre eröffnete er sein erstes Sportgeschäft „Arlberg Sport“ und begann sich Gedanken zu machen, wie bei „Kayseri“, einer der anatolischen „Tigerstädte“, der Skisport vermarktet werden könnte. „Mir war klar: Wenn man ein Skigebiet nicht gut plant und entwickelt, dann kommt man nicht weiter.“

350-Millionen-Euro-Projekt

Es war ein langer Weg. Eglenceoglu spricht von großer Bürokratie, aber auch von vielen, die ihn unterstützt haben. Einige davon aus Vorarlberg, wie etwa der Wolfurter Seilbahnbauer Doppelmayr. Ein Masterplan zur touristischen Entwicklung der Region und des Skigebietes um den Vulkan Mount Erciyes wurde geschmiedet. Und schließlich auch abgesegnet. Von höchster Stelle. Die Präsenz von Ministern und der Besuch von Staatspräsident Abdullah Gül hätten dem Projekt Gewicht verliehen. 2010 erfolgte der Spatenstich für die auf 350 Millionen Euro veranschlagten Bautätigkeiten. Mehmet Eglenceoglu, der Lecher mit migrantischem Hintergrund, hat dabei nichts dem Zufall überlassen. Das Tiroler Planungsbüro „Klenkhart & Partner“, das sich unter anderem auch für das Projekt „FIS-Alpine Skiweltmeisterschaft in Garmisch-Partenkirchen 2011“ verantwortlich zeichnete, hat das Skigebiet planerisch entwickelt. „Vier Etappen sieht der Masterplan vor“, so Eglenceoglu zu den VN. Phase eins des Skigebiets Erciyes wurde letzte Woche abgeschlossen. 35 Kilometer technisch beschneite Skipisten und sechs neue Liftanlagen stehen. „Modernste kuppelbare Bahnen von Doppelmayr in Wolfurt“, erklärt Eglenceoglu, der mittlerweile auch österreichischer Konsul in seiner Heimat ist. Es sei „ein kleiner Arlberg“ geschaffen worden. Bei der künstlichen Beschneiung habe er sich von Michael Manhart in Lech Tipps geholt.

Projekt macht Fortschritte

„Im Sommer startet die zweite Bauphase.“ Dann werden vier weitere Seilbahnen gebaut. Am Ende sieht der Plan über 20 Bahnen und 170 Pistenkilometer in allen Schwierigkeitsgraden vor. Nach dem schleppenden Beginn gehe es jetzt blitzschnell. Gebaut werde mit Geldern der öffentlichen Hand. Nach der Erschließung sollen private Investoren den Ausbau weiter vorantreiben. 5500 Betten sind vorgesehen. Mehmet Eglenceoglu ist vom Erfolg des Skisports in Kayseri überzeugt. „Weil es der ideale Sport auch für Frauen ist“, sagt er und spricht damit die Bekleidungsproblematik muslimischer Frauen etwa beim Radfahren oder Schwimmen an. Aber auch Gäste aus dem Ausland sollen ins größte türkische Skigebiet kommen. Russen etwa oder Urlauber aus den BeneluxLändern. Die Millionenstadt Kayseri sei dank eines neuen Flughafens gut erreichbar. Mehmet Eglenceoglu hat ein erstes Etappenziel erreicht. Jetzt träumt er von mehr. „2022 wollen wir uns für die Olympischen Spiele bewerben.“ Man müsse mit Zielen arbeiten, ob man sie erreiche oder nicht. Und Kayseri sei nur der Anfang. „Es gibt sehr viele Berge in der Türkei.“ Die meisten davon sind übrigens touristisch noch nicht erschlossen.

Zur Person

Mehmet Eglenceoglu
Unternehmer, Initiator des Skigebietes Ercyes, Honorarkonsul
Geboren: 1967
Ausbildung: Orthopädie-Lehre
Familie: verheiratet, 2 Kinder; Eltern und Geschwister (Rechtsanwältin, Koch) leben in Vorarlberg.

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