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Vorarlberger Busgeschichte: Ich kannte jeden Meter der Straße

Gorbach steuerte den Fiat-Paketpostwagen in der Bregenzer Bahnhostraße (Hochwasser 1956)
Gorbach steuerte den Fiat-Paketpostwagen in der Bregenzer Bahnhostraße (Hochwasser 1956) ©Rupp
Eugen Gorbach - ein ehemaliger Buschauffeur erinnert sich „Ein Leben auf zwei Achsen“ – dieser Titel würde für Eugen Gorbach nicht ganz der Wirklichkeit entsprechen, denn in den mehr als 40 Jahren als Lenker von Postfahrzeugen, war auch eine Zeitlang ein dreiachsiger „GMC“ vertreten.
Buschauffeur Eugen Gorbach

Dieses Allradfahrzeug – aus französischen Militärbeständen mit amerikanischer Herkunft – war in den ersten Nachkriegsjahren als Postbus auf der Strecke Bregenz – Möggers unterwegs. Als dieser „durstige“ Allradler, der jede Bergstrecke problemlos meisterte, durch einen „richtigen Bus“ ersetzt wurde, kam der „GMC“ nach Bregenz, zu Eugen Gorbach.

Der aus Hörbranz gebürtige Eugen Gorbach, Jahrgang 1933, hatte 1952 bei der Post angefangen. Da er für den Busführerschein noch zu jung war, wurde Gorbach zunächst Paketwagenfahrer. Da der „GMC“ bereits über einen hinteren Ausstieg verfügte, eignete er sich sehr gut als Paketwagen. „Auch mit einem Fiat-LKW war ich oft unterwegs“, erinnert sich Gorbach. „Es war dies ein rechtsgelenktes Fahrzeug, das einzige Postfahrzeug dieser Art in Bregenz.“ An die frühen 1950er Jahre kann sich Gorbach noch lebhaft erinnern: „Jede Woche hatte ich 1 bis 2 ‚Platten’ und statt eines Doppelreifens hatten wir – aus Materialmangel – oft nur 1 Rad montiert. Wenn eine Zündkerze nicht mehr wollte, wurde sie ganz einfach ausgebrannt und wieder eingeschraubt. Neue Zündkerzen standen kaum zur Verfügung.“ Ein weiteres Paketfahrzeug mit „Kriegsvergangenheit“ war ein Opel Blitz. „Dieser war während des Krieges bei der deutschen Wehrmacht als Telefonwagen im Einsatz gewesen“, erklärt Gorbach.

Sechs Jahre lang war Eugen Gorbach als Paketwagenfahrer tätig. „Eine Woche fuhr ich täglich die Strecke Bregenz – Hard – Fußach – Höchst – Lustenau, die kommende Woche war ich zwischen Bregenz – Kennelbach – Lauterach und Wolfurt unterwegs.“ Mit 24 Jahren konnte Gorbach endlich den Busführerschein machen. Von 1958 bis 1961 war Gorbach als „Ablöser“ im Einsatz, das heißt, war ein Kollege krank oder im Urlaub, musste der junge Chauffeur einspringen. „So lernte ich das Gebiet der Postgarage Bregenz, das bis in den Vorderwald reichte, sehr gut kennen.“

„Meine eigene Linie“
1961 war es dann so weit: Eugen Gorbach erhielt eine „eigene Linie“ und zwar von Bregenz nach Möggers. Die Fahrt führte am See entlang nach Lochau und Hörbranz und zweigte in Hohenweiler-Leutenhofen nach Möggers ab. „Die alte Mögger’ser Straße war steil, schmal und selbstverständlich ungeteert. Da es aber eine Naturstraße war, konnte ich sie auch im Winter sicher befahren, da sie kaum Glatteis aufwies. Zudem war der Bus – ein Steyr 380 – relativ klein, so dass er die Bergstrecke sicher erklomm. Jeder Vorteil hat auch einen Nachteil“, sinniert Gorbach, „denn wenn die ‚Sannwald-Arbeiter’ in den kleinen Bus einstiegen, war es oft so eng, dass sie wie Heringe dastanden.“

Der „Fulenzer“
Im Winter stellte die alte Straße nach Möggers für jeden Postbuschauffeur eine Herausforderung dar. „Es gab zwei Steigungen, die zu bewältigen waren“, erinnert sich Gorbach, wie wenn es gestern gewesen wäre. ‚Der große Rank’ war eine lang gezogene Kurve mit einer anhaltenden Steigung. „Wo heute die Hangbrücke ist, begann der ‚große Rank’, so Gorbach. „Bevor die Straße unter dem Kapf aus dem Wald tritt, befand sich die zweite Steigung, der gefürchtete ‚Fulenzer“ mit knapp 20% Steigung. Manchmal fehlten nur noch 2 Meter, um den ‚Fulenzer’ geschafft zu haben, doch dann ging nichts mehr. Der Bus begann langsam nach rückwärts zu rutschen. Da musste ich schnell reagieren, den Rückwärtsgang einlegen und etwas Gas geben. Denn wenn der Bus rutschte, war er nicht mehr lenkbar und stellte sich quer. Dieses riskante Fahrmanöver konnte man nur durchführen, weil man wusste, dass kein anderes Fahrzeug hinter einem war. Bei extremem Wetter befand sich der Postbus allein auf der Straße.“

Spezialist für Schneeketten
Bei „normaler“ Schneelage zog Gorbach lediglich beim äußeren hinteren Zwillingsreifen je eine Kette auf. Bei „Sauwetter“ gab es die große Doppelkette für die Zwillingsreifen und bei „wirklich ganz extremem Wetter“ wurden auch auf die Vorderreifen Ketten montiert. „Andernfalls konnte es einem passieren, dass man samt Hinterrad-Ketten ins Rutschen geriet“, weiß Gorbach. „Kein anderer Chauffeur der Postgarage Bregenz musste so vielmal Ketten anlegen wie ich“, versichert Gorbach, „die Winterstrecke nach Möggers war bekannt dafür.“

Als dann die Straße nach Möggers ausgebaut wurde, wurden auch die Postbusse größer. „Es war dann stets ausreichend Platz im Fahrzeug, da immer mehr Leute ein eigenes Auto besaßen. Die Schüler nahmen nun die Plätze der Fabriksarbeiter ein“, weiß Gorbach zu berichten. „Die Strecke wurde mir im Laufe der Jahre so vertraut, dass ich jeden Meter der Straße sozusagen im Schlaf kannte. Mit geschlossenen Augen fahren, das geht natürlich nicht“, lacht Gorbach, „als Buschauffeur trägst du eine große Verantwortung. Gott sei Dank ist mir in all den Jahren kein einziger Unfall passiert. Gorbach erinnert sich noch an weitere „Leiblachtaler“-Chauffeure wie Viktor Jankovski, Leopold. Dorner, Walter Paulmichl, Gustav Jelinek und Kurt Schimpfössl.

Am 26. April 1993 beendete Eugen Gorbach nach 41 Jahren als Paketpostwagen- und Postbusfahrer seinen Dienst und stellte seinen Bus endgültig in der Postgarage Bregenz ab.

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