„Baukultur ist ein gesellschaftliches Anliegen“, betont der Vorarlberger Architekt Josef Fink, Vorsitzender des Wettbewerbsausschusses in der Kammer der Ziviltechniker für Tirol und Vorarlberg. „Architekten sind nicht nur dem Auftraggeber, sondern auch der Öffentlichkeit verpflichtet.“
Tatsächlich sieht Fink den international guten Ruf der Vorarlberger Architektur in Gefahr: „Die Strahlkraft der Vorarlberger Architektur ist nach wie vor hoch. Doch viele Bauten, die in den vergangenen Jahren neu entstanden sind, genügen diesem Qualitätsanspruch nicht.“ Das werde auch in Gesprächen mit Außenstehenden deutlich, die intuitiv die „Schuhschachtel-Architektur“ kritisieren, die „immer gleich ausschaut“.
„Vor allem öffentliche Bauten und private Einfamilienhäuser ziehen nach wie vor architekturaffine Besucher an“, schildert Fink. Basis für diese architektonischen Leistungen sei eine faire Partnerschaft zwischen Auftraggebern und Planern. Bei öffentlichen Bauten werden fast immer Architektur-Wettbewerbe ausgeschrieben. Private Auftraggeber führen meist Gespräche mit mehreren Büros und suchen auf diese Weise nach der für sie besten Lösung.
Faire Wettbewerbe gefordert
„Wettbewerbe führen zu mehr Innovation und Qualität, wenn sie fair abgewickelt werden“, ist Josef Fink überzeugt. Das war nach Ansicht vieler Architekten in den vergangenen Jahren oft nicht der Fall. Besonders im Wohnbau und in Industrie, Gewerbe und Handel würden strikte Vorgaben bei der Ausschreibung und der Versuch der Kostenminimierung in der Umsetzung Innovation behindern.
Die häufig genannten Argumente gegen Wettbewerbe – Kosten, Zeit und der Verlust der Entscheidungskompetenz – lässt Fink nicht gelten. Der Mehrwert eines Wettbewerbs sei fast immer höher als die ohnehin geringen Kosten. Der Zeitaufwand von durchschnittlich zwei Monaten werde in der Umsetzungsphase ausgeglichen, weil ein Wettbewerb den Auftraggeber dazu zwinge, die Anforderungen klar zu definieren.
Und die Entscheidung über das Siegerprojekt treffe eine gute Jury nie gegen den Auftraggeber: „Wer einmal in einer Wettbewerbsjury war, der weiß, dass das eine hilfreiche Beratung ist, die die Anliegen des Auftraggebers respektiert.“
Selbstverpflichtung erarbeitet
Auf Initiative namhafter Vorarlberger Architekturbüros führte die Kammer der Ziviltechniker für Tirol und Vorarlberg in den vergangenen Monaten Gespräche mit öffentlichen, gemeinnützigen und privaten Auftraggebern. Parallel erarbeitete die Architektenkammer zusammen mit vielen Vorarlberger Büros eine Selbstverpflichtung, die inzwischen von 120 der 150 selbstständigen Architekten unterzeichnet wurde.
Unter dem Titel „Unterstützungserklärung zur Wettbewerbskultur“ fordert das Papier „fair ausgelobte, lautere und professionell durchgeführte Wettbewerbsverfahren“. Wettbewerbe seien „das am besten geeignete Instrument zur Ermittlung optimaler Lösungen für gestellte Entwurfsaufgaben“, heißt es darin. „Neben dem primären Ziel der Qualitätssteigerung schafft der Wettbewerb fundierte Grundlagen für eine wirtschaftliche, effiziente und erfolgreiche Projektabwicklung … Architekturwettbewerbe leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Baukultur unseres Landes.“
Sämtliche Unterzeichner verpflichten sich, nur mehr an Wettbewerben teilzunehmen, die den Standards der Kammer entsprechen. Sie sehen vor:
- Gleichbehandlung und Anonymität der teilnehmenden Büros und Transparenz in der Durchführung
- Absichtserklärung zur Beauftragung des siegreichen Büros
- fachkompetente und unabhängige Beurteilung
- angemessene Preise und Entschädigungen
- klare Regelung der Werknutzungsrechte
Mehrwert für den Auftraggeber
Dass Wettbewerbe für die Auftraggeber mit Kosten verbunden sind, ist den Architekten bewusst: „Die Auslobung erhöht die Kosten in der Projektierungsphase. Gleichzeitig eröffnet ein Wettbewerb die Chance auf ein hervorragendes Kosten-Nutzen-Verhältnis.“
Ein häufiger Diskussionspunkt zwischen Auftraggebern und Architektenkammer sind die Honorare, die bei einem Wettbewerb gezahlt werden. Hier fordern die Architekten eine angemessene Regelung: „Ein fair honorierter Wettbewerb für eine Wohnanlage mit 100 Wohnungen kostet so viel wie ein einziges Schlafzimmer“, vergleicht Marte. „Bisher bekommen wir Architeken oft nur den Gegenwert eines Abstellraumes.“ Für die Gestaltung der Abschlagshonorare stellt die Kammer einen Preisgeldrechner zur Verfügung.
Auch Kaufmann für mehr Wettbewerbe
Univ.-Prof. Hermann Kaufmann war sowohl vielfacher Teilnehmer an Wettbewerben als auch Mitglied in Jurys. Er ist überzeugt: „Wettbewerbe lösen nicht alle Probleme, aber sie sind ein gutes Instrument, um eine hohe Qualität in der Architektur sicherzustellen.” Als Beleg führt er die Gemeinden an, die Wettbewerbe früher nur durchgeführt hätten, weil sie gesetzlich vorgeschrieben waren. “Heute haben fast alle Gemeinden erkannt, welche Chancen ein Wettbewerb biete”, sagt Kaufmann.
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