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Vorarlberg: Streit um geplante Kiesgrube am Nordfuß der Kanisfluh

Im Bereich Engevorsäß soll die Kiesgrube entstehen.
Im Bereich Engevorsäß soll die Kiesgrube entstehen. ©Screenshot Vorarlberg Atlas
Schnepfau stellt sich gegen die neue Kiesgrube von Rüf. Die Gemeinde schlägt stattdessen den Import des gesamten Kiesbedarfes im Bregenzerwald aus dem Vorarlberger Oberland und Süddeutschland vor - das wären allein bei Rüf 5.000 Lkw-Fahrten pro Jahr quer durch das ganze Land.
Alte Standortpläne begraben
Proteste gegen Kiesgrube

Schnepfau/Mellau (Wirtschaftspresseagentur.com) – Es gibt im Bregenzerwald mehr oder weniger nur die drei natürlichen Rohstoffe Holz, Wasser und Kies, die in der Region in ausreichendem Umfang zur Umsetzung von Bauvorhaben aller Art vorhanden sind und auch vor Ort relativ einfach gewonnen werden können. Doch damit soll jetzt Schluss sein, zumindest wenn es nach den Vorstellungen der Bregenzerwälder Gemeinde Schnepfau geht. Denn sie stellt sich dezidiert gegen eine geplante Kiesgrube des Bau- und Transportunternehmens Gebrüder Rüf am nördlichen Wandfuß der Kanisfluh. Wie berichtet will Rüf eine Kiesgrube mit einer Kapazität von rund 800.000 Kubikmeter und einer Nutzungsdauer für Abbau und Wiederbefüllung von 30 Jahren im Bereich von zwei Lawinenzügen im Ortsteil Enge Vorsäß in Betrieb nehmen. Nach dem Abbau wird die Kiesgrube im Gemeindegebiet von Schnepfau wieder befüllt und begrünt.

Gebrüder Rüf mit Stammsitz in Au hat bereits längere Zeit eine mögliche Kiesgrube entlang der L200 zwischen Schnepfau und Hirschau geprüft. Nach Widerstand aus Politik und Bevölkerung kündigte das Unternehmen Ende 2016 an, dieses Vorhaben direkt an der Hauptstraße gegenwärtig nicht weiter zu verfolgen und einen Alternativstandort zu suchen. Der wurde am nördlichen und schattseitig gelegenen Wandfuß der Kanisfluh und damit deutlich weniger einsehbar als der frühere geplante Standort nunmehr gefunden. Doch die Standortgemeinde Schnepfau spricht sich nun – gemeinsam mit der Nachbargemeinde Mellau – auch gegen diesen geplanten Alternativstandort aus.

Schnepfau will kompletten Kiesimport aus Süddeutschland und Vorarlberger Oberland

In einem der Wirtschaftspresseagentur.com zugespielten Schreiben der Gemeinde Schnepfau vom 12. Jänner 2017 an Landesstatthalter Karl-Heinz Rüdisser berichtet Bürgermeister Robert Meusburger, dass die Gemeindevertretung von Schnepfau diese Kiesgrube am Wandfuß der Kanisfluh aus gleich mehreren Gründen “sehr kritisch” sehe. Da werden Gründe wie Lärmbelästigung, Verschlechterung der Wohnqualität, ein erheblicher Imageschaden und negative Auswirkungen auf den Tourismus etc. ins Treffen geführt. Auch die Gemeinde Mellau habe sich vor allem aus touristischen Gründen gegen die Kiesgrube ausgesprochen. Es sei nicht hinnehmbar, dass Bagger und Lkw für 30 Jahre an der Kanisfluh, dem Wahrzeichen des gesamten Bregenzerwaldes, stationiert werden, heißt es in dem Schreiben. Und dann kommt der Gegenvorschlag der Gemeinde Schnepfau: “Sowohl im süddeutschen Raum als auch im Vorarlberger Oberland sind genug Kiesabbaustätten zu finden. Es wäre ein Leichtes, das für die Region notwendige Material von dort zu beziehen, zumal ein Großteil mittels Lkw in den Bregenzerwald transportiert werden könnte, die derzeit leer, nach Auslieferung von Steinen, nach Au zurückkehren.” In der März-Ausgabe des regionalen Gemeindeblattes haben beide Gemeinden Mellau und Schnepfau ihre ablehnende Haltung übrigens noch einmal betont. Die Gemeinde Mellau hat ihre Position in einem eigenen Schreiben an Rüdisser Mitte Februar 2017 ebenfalls noch einmal unterstrichen.

Rüf: “In zwei bis drei Jahren kann Bedarf nicht mehr regional gedeckt werden”

Christoph Rüf, geschäftsführender Gesellschafter bei Gebrüder Rüf, wollte auf wpa-Anfrage zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Stellungnahme zum geplanten Projekt abgeben, da man dem bevorstehenden Behördenverfahren zur Bewilligung der Kiesgrube nicht in der Öffentlichkeit vorgreifen wolle. Er verwies jedoch einmal mehr auf den Umstand, dass die derzeit genutzte Kiesgrube von Rüf in Hopfreben mehr oder weniger erschöpft sei. Und auch die anderen wenigen Kiesgruben im Bregenzerwald wie etwa in Schnepfau Höpperne oder beim Kieswerk Andelsbuch seien nach aktuellem Stand der Bewilligungen nur noch wenige Jahre nutzbar. “In zwei bis drei Jahren kann der Bedarf  nicht mehr regional gedeckt werden”, so Rüf.

5.000 Lkw-Fahrten pro Jahr quer durch die Region

Schon jetzt müsse in steigendem Umfang Kies aus Deutschland in den Bregenzerwald importiert werden, um die ständigen Bauvorhaben abdecken zu können. Das sei hinsichtlich Umwelt und Verkehrsaufkommen ökologisch höchst bedenklich. Christoph Rüf verdeutlicht es am Beispiel seines Unternehmens, wenn der gesamte Bedarf an Kies zur Herstellung von Beton von außerhalb der Region importiert werden müsste. “Wir sprechen hier von jährlich rund 5.000 Kies-Lkw-Fahrten quer durch die ganze Region. Und das wäre nur Rüf.” Er empfände es als aberwitzig, wenn man Kies über 60 Kilometer oder noch mehr heranführe, wenn der in der Region vorkommende Rohstoff oft nur wenige Kilometer transportiert werden müsste.

Viele Bauvorhaben im Bregenzerwald

Bedarf an Kies zur Herstellung von Beton besteht im Bregenzerwald allemal. Das zeigt nicht zuletzt ein Blick auf die laufenden und jüngst abgeschlossenen Erweiterungen im Tourismus, sei es für Seilbahn-Verbindungen oder neue Hotels. Darüber hinaus stehen zum Beispiel ein Speicherteich in Warth, ein Überlaufspeicher im Kraftwerk Bozenau/Alberschwende oder der Hochwasserschutz in Egg auf dem Programm. Da kommen das Hotel der Familie Frick in Mellau, das Hotel Adler und eine Tiefgarage in Damüls, der Umbau des Gymnasiums in Egg sowie diverse Wohnprojekte in vielen Gemeinden dazu. Last but not least will Mellau um mehrere Millionen Euro ein neues Gemeindezentrum mit Sport- und Kultursaal sowie Tiefgarage mit 43 Plätzen errichten. Und in Schnepfau ist ein neues Vereinshaus geplant.

Das Forum mineralische Rohstoffe verweist darauf, dass jeder Österreicher beziehungsweise jede Österreicherin pro Jahr rund zwölf Tonnen mineralische Rohstoffe benötigt. Pro Meter Autobahn werden 33 Tonnen an Baurohstoffen benötigt. Für einen Meter Gehsteig sei es noch immer eine Tonne. Für ein durchschnittliches Einfamilienhaus braucht es bis zu 400 Tonnen Gesteinskörnungen.

(WPA/gübi)

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