Am 24. Mai 1945 wurde Vorarlberg wieder zum selbständigen und demokratischen Land. Der kommandierende General ermächtigte einen Vorarlberger Landesausschuss als provisorische oberste Behörde der zivilen Verwaltung, vorerst unter Kontrolle der Militärregierung. Dieser Landesausschuss, bestehend aus Christlichsozialen und Sozialdemokraten, trat noch am selben Tag zur konstituierenden Sitzung zusammen – im katholischen Gesellenhaus in Feldkirch.
Nicht wegen der Lorbeeren
Das Protokoll der konstituierenden Sitzung wird im Vorarlberger Landesarchiv aufbewahrt. In seiner Erklärung sagt der Präsident des Landesausschusses Ulrich Ilg über die bevorstehende Arbeit: “Wir sehen voraus, dass hier keine Lorbeeren zu ernten sind, aber die Sorge um das Wohl unserer lieben Heimat hat uns bewogen, dem Rufe der an uns erging, Folge zu leisten. Von diesem Verantwortungsbewusstsein getragen wollen wir unsere Tätigkeit beginnen.” Ilg schloss mit dem Wunsch: „Gott segne unsere Arbeit und unser Land!“ – Sofort nahm der Landesausschuss den Wiederaufbau Vorarlbergs in Angriff.
Reichsgau Tirol und Vorarlberg
Der Historiker Ulrich Nachbaur verfasste die Publikation “Zur Wiedergründung des Landes Vorarlbergs am 24. Mai 1945”. Er beschreibt, dass Vorarlberg und Tirol nach dem Anschluss ans deutsche Reich zu einer Verwaltungseinheit zusammengefasst wurden. Die Behörde des zuständigen Reichsstatthalters war in Innsbruck. Deshalb musste in Vorarlberg 1945 aus dem Nichts ein “Amt des Vorarlberger Landesausschusses” aufgebaut werden, mit geliehenen Schreibmaschinen.
Präsident Ulrich Ilg (1905 bis 1986)
Laut Nachbaur ließen sich die Franzosen wahrscheinlich dazu überreden, Ulrich Ilg zum Präsidenten des Vorarlberger Landesausschusses zu ernennen, weil die Ernährung nach dem Krieg das drängendste Problem war. Was lag näher, als auf den Landesbauernführer der Vorkriegszeit zurückzugreifen, einen Staatssekretär außer Dienst, der als standhafter Gegner des Nationalsozialismus bekannt war? Ilgs Kabinett aus fünf Christlichsozialen und drei Sozialdemokraten arbeitete zunächst in Feldkirch, ab dem 15. Juni 1945 dann in Bregenz.
Unabhängig von Wien
Die Wiederherstellung des Landes Vorarlberg erfolgte völlig unabhängig von Wien. Jene von Österreich als Bundesstaat erfolgte erst im September 1945. Zwei Monate später fanden freie Nationalrats- und Landtagswahlen statt. Die ÖVP erreichte in Vorarlberg 70 Prozent. Am 11. Dezember 1945 trat in Bregenz der Landtag zusammen und wählte eine ordentliche Landesregierung mit Ulrich Ilg an der Spitze. Neunzehn Jahren lang arbeitete dieser als Landeshauptmann für Vorarlberg.
Historiker Nachbaur schließt seinen Bericht über das Jahr 1945 mit den Worten: “Die Herausforderungen, die der Landesausschuss in den vergangenen Monaten zu bewältigen hatte, waren enorm, und allen ist klar, dass schwierige Zeiten bevorstehen. Die Hoffnungen sind groß, am Willen fehlt es nicht, doch die Zukunft ist ungewiss. Selbst kühne Visionäre haben wohl keine Vorstellung vom Aufschwung, den Vorarlberg in den kommenden Jahren und Jahrzehnten nehmen wird.”
Du hast einen Hinweis für uns? Oder einen Insider-Tipp, was bei dir in der Gegend gerade passiert? Dann melde dich bei uns, damit wir darüber berichten können.
Wir gehen allen Hinweisen nach, die wir erhalten. Und damit wir schon einen Vorgeschmack und einen guten Überblick bekommen, freuen wir uns über Fotos, Videos oder Texte. Einfach das Formular unten ausfüllen und schon landet dein Tipp bei uns in der Redaktion.
Alternativ kannst du uns direkt über WhatsApp kontaktieren: Zum WhatsApp Chat
Es hat einen Fehler gegeben! Bitte versuche es noch einmal.Herzlichen Dank für deine Zusendung.