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„Vom Zeltfest direkt in den Stall“

©MiK
Christine Meusburger ist 20 Jahre alt und seit Dezember Vollzeitbäuerin. WANN & WO hat die Bezauerin besucht.


WANN & WO: War es schon immer dein Traum, Milchbäuerin zu werden?

Christine Meusburger: Diese Frage kann ich nur mit einem ganz klaren ‚Ja‘ beantworten. In meiner Teenagerphase hatte ich zwar kurz meine Zweifel, weil man doch sehr angebunden ist. Dann wurde mir aber bewusst, dass mir das Arbeiten an der frischen Luft und in der Natur wichtiger ist, als am Wochenende frei zu haben.

WANN & WO: Du bist auf einem Bauernhof aufgewachsen. Gibt es besonders schöne Erinnerungen daran?

Christine Meusburger: Sehr, sehr viele. Besonders abenteuerlich war die Vorsäßzeit in Schönebach immer. Wir waren eine relativ große Clique und den ganzen Tag gemeinsam unterwegs. Was wir da alles angestellt haben, darf ich gar nicht erzählen (lacht). An eine Situation kann ich mich auch noch sehr gut erinnern: Ich durfte zum ersten Mal alleine beim Kalben einer Kuh helfen. Mein Vater hat mich damals in den Stall geschickt und gesagt, ich soll schauen, wie es der Kuh geht. Da waren die Füße des Kälbchens schon zu sehen. Ich habe geschaut, dass alles glatt läuft. Erst, als es auf der Welt war, habe ich meinem Vater Bescheid gegeben. Da war er richtig stolz auf mich.

WANN & WO: Was macht für dich den Beruf der Bäuerin so faszinierend, oder so einzigartig?

Christine Meusburger: Ganz klar die Arbeit im Freien. Man ist einfach 365 Tage im Jahr draußen, bei 35 Grad heißen Sommertagen genauso, wie an stürmischen Wintertagen. Mein Motto lautet: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Was mir natürlich auch sehr viel Spaß bereitet, ist der Umgang mit den Tieren. Sie bereiten einem immer Freude.

WANN & WO: TTIP ist derzeit in aller Munde. Wie stehst du dazu?

Christine Meusburger: Gerade für uns Bauern ist das ein sehr heikles Thema. Wenn das Freihandelsabkommen mit den USA wirklich zustande kommt, können wir Kleinbetriebe im Bregenzerwald, mit unserer aufwändigen Dreistufenlandwirtschaft, die Bude dicht machen – ganz banal ausgedrückt. Mit den billigen Produkten aus industrieähnlichen Großbetrieben kann unser Qualitätsprodukt, das einen dementsprechend hohen Preis hat, nicht mithalten. Wir wären ganz einfach nicht mehr konkurrenzfähig. Der Konsument wird eben immer noch vom Preis gelockt und weniger von der Qualität.

WANN & WO: Bauern wird oft vorgeworfen, überall Förderungen abzuzapfen, von der EU, vom Bund und vom Land. Wie rechtfertigst du die Geldzuschüsse?

Christine Meusburger: Ohne diese absolut notwendigen Leistungsabgeltungen könnten wir nicht überleben. Ganz einfach. Solange der Konsument nicht bereit ist, für ein Qualitätsprodukt einen gerechtfertigten Preis zu bezahlen, und der Handel seine Aufschläge nicht herunterschraubt, wird sich an diesem System nicht viel ändern lassen. Idealerweise sollten die Leute, gerade bei uns auf dem Land, die Direktvermarktung besser nutzen. Das tut nicht nur der Umwelt gut, sondern letztendlich auch der Brieftasche.

WANN & WO: Die Landwirtschaft ist eine Männerdomäne. Wirst du als Frau deswegen belächelt?
Christine Meusburger: Nein, im Gegenteil. Mir begegnen die Leute, die hören, dass ich Bäuerin bin, eher mit Erstaunen und Respekt. Ich finde, dass Bauern allgemein in einem schlechten Licht stehen, was eigentlich sehr schade ist. Viele sollten sich zuerst einmal überlegen, woher die Lebensmittel, die sie täglich kaufen, kommen. Hinter jedem Produkt stecken viele Arbeitsstunden eines Bauern, ohne uns wären die Regale im Supermarkt leer.

WANN & WO: Was hältst du von TV-Formaten wie „Bauer sucht Frau“?

Christine Meusburger: Hin und wieder ist es ganz lustig anzusehen. Aber eigentlich finde es schade, dass diese Bauern sozusagen für blöd verkauft werden. Noch viel mehr machen sich meiner Meinung nach aber die Bewerberinnen zum Affen, wenn sie mit High Heels und lackierten Fingernägeln auf den Bauernhof kommen.

WANN & WO: Die Arbeitszeiten einer Bäuerin überschneiden sich oft mit den Ausgehzeiten einer jungen Frau. Wie regelst du das?

Christine Meusburger: Bis morgens um fünf Uhr schaffe ich es im Normalfall, Zuhause zu sein. Von Zeltfesten gehe ich oft direkt in den Stall. Der fehlende Schlaf stellt für mich überhaupt kein Problem dar. Das ist meiner Meinung nach reine Gewohnheit. Am Sonntag gönne ich mir dann eben ganz einfach einen sehr ausgedehnten Mittagsschlaf.

Zur Person: Christine Meusburger

Alter, Wohnort: 20, Bezau
Ausbildung: Bäuerliches Schul- und Bildungszentrum Hohenems, Lehre zur Tischlereitechnikerin
Hobbys: Biken, Hornern, Ski fahren, Wandern
Beruf: Bäuerin

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