Dornbirn. Eine Schreinerlehre wollte er machen. Nun ist das an sich keine Besonderheit, wenn es nicht der Zeitpunkt wäre, den Wolfgang Waibel dafür wählte. Diesen Berufswunsch stellte er nämlich nicht an den Anfang seiner Karriere, sondern erst ganz an das Ende. Allerdings sollte es genau dazu nicht kommen, und der seinerzeit 62-Jährige überlegte, was ihm stattdessen einen Neuanfang in seinem dritten Lebensabschnitt bescheren könnte. „Als Unternehmensberater hatte ich einen sehr interessanten Beruf, der mich zu Kunden in vielen Ländern und bis nach Afrika und Südamerika führte“, erzählt der Dornbirner, der zeitweise auch im Ausland lebte. Seine kreative Ader brachte ihn zwar im Job weiter, aber sonst kam sie meistens viel zu kurz, bedauert er. Der Aquarellmalerei und dem Aktzeichnen widmete sich Wolfgang Waibel allerdings schon während seiner letzten Berufsjahre. Bilder an der Wand im schmucken Haus, das er mit seiner Frau Ingeborg bewohnt, zeugen davon.
Allein das Holz ließ ihn nicht los. Und es blieb das Material, das den Neopensionist am allermeisten faszinierte. Das ist bis heute so geblieben. „Wenn ich einen Holzklotz sehe, entsteht in meinem Kopf schon die Idee, was ich daraus machen will“, verrät er. Aber das kann dauern. Bis zu sechs Monate Schaffens- und Trockenzeit beansprucht jedes dieser Unikate. Auf die fertigen, meist dünnwandigen Schalen in verschiedenen Formen, Farbnuancen und Maserungen, die auf dem großen Esstisch stehen, ist Waibel mit Recht stolz. Dafür verwendet er heimische Harthölzer wie Eiche, Esche, Birne, Apfel, Kirsche, Nuss, und auch der mediterrane Olivenbaum hat es ihm angetan.
Einen Drechselkurs zu machen, erwies sich also rückblickend als goldrichtig. „Denn schon zwei Wochen danach, Ende 2005, kaufte ich meine erste Maschine“, sagt der zielstrebige Kunsthandwerker schmunzelnd. Und wie das so ist, zahlte er erstmal sein Lehrgeld als Drechsler. „Es ist die Ungeduld, die dich treibt, und statt des schnellen Erfolgs hast du ein gerissenes Holz, das nur noch für den Ofen taugt“, so der leidenschaftliche Autodidakt. „Edelbrand“, sagt er dazu ironisch, „das kann es auch heute noch geben“. „Keine Schnörkel“ hingegen lautet sein Gebot für das schlichte, reduzierte Design, das er an seiner Maschine – es ist inzwischen die dritte – in vielen Arbeitsschritten entstehen lässt. An der Maschine, die gut und gern mit bis zu achttausend Euro zu Buche schlägt, gibt er eine Kostprobe seines Könnens: Späne fliegen durch die Luft und häufen sich schließlich am Boden – sechs bis acht Säcke voll ergibt jedes Werkstück. „Ist das Holz noch richtig nass, spritzt das Wasser bis dahin“, sagt er und deutet zur bestimmten Stelle an der Wand.
Die Schalen werden zum Schluss mit einem speziellen Öl eingerieben, dann sind sie fertig. Der seidenmatte Glanz bringt die edle Form und die Holzmaserung so richtig zur Geltung. Einen bestimmten Zweck müssen sie nicht erfüllen.
Anders ist das bei Waibels Pfeffer- und Salzmühlen mit Schweizer Präzisionsmahlwerk. Sie sind, wie auch die eigens entwickelte Muskatmühle, nicht nur zur Zierde, sondern natürlich zum täglichen Gebrauch gemacht. Kleine Gegenstände in der Kollektion sind zudem Serviettenringe, Deckel für Karaffen oder Brillenständer.
Der frühere Unternehmensberater und Softwareentwickler hat nicht nur ein Netzwerk für die rund sechzig aktiven Drechsler im Land geschaffen. Er ist darüber hinaus Organisator des Kunsthandwerksmarkts im Braukeller. Der Markt mit der eingeschworenen Gruppe, wie es heißt, findet dieses Jahr bereits zum 15. Mal im Mohren-Braukeller statt. Es ist übrigens der einzige Markt, wo Wolfgang Waibel seine erlesenen gedrechselten Produkte ausstellt und verkauft.
Wolfgang Waibel
Geboren 28.1.1943 in Dornbirn
Familie: Verheiratet mit Ingeborg, 1 Sohn, 1 Enkeltochter
Motto: Neugierig bleiben
Kunsthandwerksmarkt im Mohren-Braukeller
24. bis 26. November
FR 19 bis 22 Uhr, SA 10 bis 18 Uhr, SO 10 bis 17 Uhr
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