AA

Viktoria über ihr Leben als Transgender in Vorarlberg

"Wie ist das eigentlich so mit dem Transgender sein?" Hier ist die ungeschminkte Wahrheit von einer, die es weiß. Viktoria ist 35 Jahre alt, sie lebt und arbeitet in Vorarlberg. Hier schreibt sie selbst über ihr Leben als Transgender in Vorarlberg.
Viktoria im Wandel
Psychotherapeutin Margit Türtscher-Drexel


Text: Von Viktoria

Bin ich Transgender? Das ist keine Phase oder ein temporärer Zustand. Was ist ein Leben als Frau? Was bedeutet es, als Frau zu leben? Als Trans-Frau? Irgendwie kann ich das nicht wirklich beantworten, da ich nie wirklich als Mann gelebt habe. Äußerlich vielleicht, um weniger angegriffen zu werden, doch innen drin war ich immer eine Frau. So gesehen gibt es eigentlich keine Veränderung. Es gab kein Ereignis, das mich zu dem machte,  was ich bin. Es ist auch kein ‘Als Mann oder Frau leben wollen’. Es ist das, was du im Kopf von Geburt an bist. Manche Mädchen kommen mit einem Penis auf die Welt, manche Jungs mit einer Vagina.

“Ich musste durch viel Mist”

Aber das Leben an sich? Es ist miserabel, einsam und traurig, weil man viel verlieren kann. Mitunter auch die eigene Familie. Zudem ist es richtig hart, wenn man sich verliebt und den Menschen trifft, der einen vergessen lässt, durch welchen Mist man musste. Aber wenn du diesem Menschen erklärst, was eigentlich mit dir los ist, blockiert dieser mit dem Argument,  nicht ‘schwul’ zu sein oder will einfach nur bizarren Sex. Und dann geht es wieder ins normale Leben, wo du wieder ein Nichts und ein Niemand bist. An dem Gefühl an dem die Menschen um uns hart arbeiten, damit es sich ja nicht ändert. Es gibt immer Leute, die auf einem herumhacken, indem sie einem sagen, wie man zu sein hat.

Neid auf jene, bei denen physisches und psychisches Geschlecht übereinstimmen

Und man ist neidisch auf jene, bei denen physisches und psychisches Geschlecht übereinstimmen,  und die es auch so leben dürfen. Man wird behandelt, als wäre man Teil einer Freak-Show und wenn man Pech hat, wird man wie die indische Kaste der Pariah behandelt. Eine Person ohne Status und Zukunft; ein Verstoßener der Gesellschaft. Selbst wenn du normal und angepasst sein könntest. So sehr du es dir auch immer wünscht:  Die Gesellschaft erinnert dich hart daran, dass du der Außenseiter bist, dass du nicht einfach im anderen Geschlecht leben kannst und dass es eben nicht so einfach ist, wie man es sich vorstellt.

Ihre Partnerin gibt Viktoria Rückhalt

Wenn man Glück hat, findet man Freunde, die einem auf dem Weg beistehen und einem die nötige Rückendeckung geben, wenn es wieder stürmisch wird. Leute, die zu einem stehen, egal ob man in Hose, Rock oder Kleid auftaucht. Leute, denen einfach der Mensch wichtig ist und das Ziel, diesen glücklich zu sehen – auch wenn das ein sehr langer und steiniger Weg ist. Solche Oasen der Menschlichkeit sind selten, aber man findet sie durchaus. Oftmals vielleicht auch gerade dort, wo man sie nicht vermutet.

Der am meisten gehörte Satz

Der am meisten gehörte Satz von Leuten ist, dass sie einen bewundern für den Mut und die Nerven, die es für diesen Weg benötigt – doch ich beneide eigentlich nur die Anderen. Die, die es nicht nötig haben, täglich diesen Mut und die Nerven aufzubringen und einfach nur leben dürfen. Klar habe ich die letzten Jahre viel gesehen und erlebt. Vieles, das ich mir vorher vielleicht nicht erlaubt hatte, um nicht aus der Reihe zu tanzen, um nicht aufzufallen und nicht zum Ziel zu werden. Aber ist es immer nötig, dass man das halbe Leben braucht, bis man begreift was eigentlich los ist, und das Problem in seinem Leben findet? Jenem Problem dann auch aktiv zu begegnen, ist dabei noch ein viel härteres Thema, das viel Mut und gute Nerven erfordert.

“Ich will nur als ganz normale Frau leben”

Dabei will ich eigentlich nur als ganz normale Frau leben, ohne schiefe Blicke zu ernten – bloß weil ich ein paar Kanten habe. Ich sehe aber auch Hoffnung, dass sich das irgendwann ändert und der Tag kommt, an dem sich alles ändert und dieses veraltete Denken aufhört.

Ich für meinen Teil habe einen großen Teil meines Weges bereits zurückgelegt und habe Namens- und Personenstandsänderung, Hormontherapie und die angleichende Operation bereits hinter mich gebracht. Ein Weg für den ich etwa zwei Jahre benötigt habe. Der Weg zu mir selbst, an dessem Ende ich nun angekommen bin.

Fakten zu Trans-Menschen in Vorarlberg

Die Dornbirner Psychotherapeutin Margit Türtscher-Drexel betreut seit Jahren Trans-Menschen. Derzeit besuchen 20 ihre Praxis. Sie rechnet damit, dass es in Vorarlberg bestimmt 100 Trans-Menschen gibt, viele davon leben versteckt. “Die meisten wollen ein normales Leben führen und wollen eine Familie haben – sobald sie im richtigen Körper angekommen sind”, sagt Margit Türtscher-Drexel. Der Behandlungsweg dauert mindestens zwei Jahre – und wird von der Krankenkasse bezahlt. Auf medizinische Gutachten und viele Psychotherapie-Sitzungen folgt die Hormontherapie, ein Jahr später kann, nicht muss, dann eine Angleichungs-OP folgen. Auch Viktoria wird von der Dornbirner Psychotherapeutin betreut. Im Dezember 2015 hatte Viktoria ihre Angleichungs-OP in Wien.

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Vorarlberg
  • Viktoria über ihr Leben als Transgender in Vorarlberg