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Van der Bellen bei Boao-Forum: "Brauchen keine Handelskriege"

Der chinesische Präsident empfing die österreichische Staatsspitze.
Der chinesische Präsident empfing die österreichische Staatsspitze. ©Bundeskanzleramt
"Sogenannte Handelskriege sind das letzte, was wir brauchen!" - Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am Dienstag bei seiner Rede beim Boao-Forum auf der chinesischen Tropeninsel eine Lanze für wirtschaftliche "Offenheit und Innovation" gebrochen. Das korrelierte mit der Ankündigung von Chinas Präsident Xi Jinping, China weiter zu öffnen.
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Diese Begriffe dürften aber nicht zu Schlagworten werden, sondern müssten eine hohe Qualität aufweisen, um sie zu einer Quelle des Wohlstands zu machen, sagte Van der Bellen. Handelskriege würden sich letztlich “für alle” schlecht auswirken, erklärte Van der Bellen vor dem Hintergrund weltpolitischer Verwerfungen wie des Konflikts um die von den USA verhängten Strafzölle. Von diesen ist auch China betroffen, das seinerseits Maßnahmen setzte. Allerdings gibt es auch im Reich der Mitte noch zu viel Protektionismus sowie politischen und staatlichen Einfluss auf die Wirtschaft, wodurch der freie Marktzugang eingeschränkt ist.

Van der Bellen gratulierte Jinping

In Gegenwart seines Gastgebers, des chinesischen Staats- und Parteichefs erinnerte der Bundespräsident daran, dass China vor den von Deng Xiaoping eingeführten Reformen ein ökonomisch armes Land gewesen sei und gratulierte zu den seit damals erfolgreich durchgeführten Reformen und Öffnungsprozessen.

Auch Xi ging in seiner rund halbstündigen Rede darauf ein, das heuer der 40. Jahrestag des Beginns der Öffnung sei, die das chinesische Volk aus der Armut geführt habe. “Beim Durchschreiten des Flusses haben wir aber auch die Steine gespürt.” Diese “zweite Revolution” der Reformen einer sozialistischen Marktwirtschaft müssten nun mit “Weisheit und Nachdruck” und umfassend fortgesetzt werden. Fortschritt könne aber nur durch friedvolle Zusammenarbeit und integrativ erreicht werden. “Wir erleben einen Trend der wirtschaftlichen Globalisierung und Konnektivität.”

Die Welt sei ein globales Dorf geworden. “Wir müssen auch voneinander lernen.” Die Entwicklung müsse aber auch nachhaltig und umweltschonend sein, betonte Xi und legte auch ein Bekenntnis zum Klimaschutz ab. Die Zukunft seines Landes liege “in einem modernen Sozialismus chinesischer Prägung”. Um erfolgreich zu sein, “müssen wir die Tore aber weiter öffnen”. Das heiße etwa, das Investitionsumfeld zu verbessern. Xi kündigte auch an, Importe zu erleichtern und etwa die Zölle für Einfuhren von Autos zu senken. China werde jedenfalls ein neues “Gesicht der Offenheit” zeigen.

Umfassende Offenheit

Die geforderte “Offenheit” müsse aber auch umfassend sein, appellierte der Bundespräsident in seiner kurzen Rede und brachte Österreich als Beispiel. Der Außenhandel sei das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Sechs von zehn Euro würden durch Exporte verdient. “Ein freies, faires und zuverlässiges weltweites Handelsregime ist entscheidend für Österreich.”

Von wirtschaftlicher Offenheit würden aber nicht nur kleine Länder wie Österreich profitieren, sondern “jede Volkswirtschaft in Asien, Europa und darüber hinaus”. Die Kontinente wüchsen technologisch wie wirtschaftlich immer enger zusammen und vernetzten sich, erklärte der Bundespräsident und erwähnte in diesem Zusammenhang die von China forcierte “Neue Seidenstraße”. Dieser geplante Handelsweg soll künftig China näher an Afrika und Europa heranbringen – und umgekehrt, so Van der Bellen sinngemäß. Solche Kontakte und Projekte müssten immer auf beide Seiten ausgerichtet sein und dürften nicht unilateral erfolgen, ließ Van der Bellen eine leise Mahnung durchblicken.

Zudem forderte Van der Bellen mit Nachdruck Nachhaltigkeit und “grüne Entwicklung” ein. Dieses Anliegen sei ihm immer sehr am Herzen gelegen. “Ich bin überzeugt, dass eine grüne Wirtschaft für mehr Wohlstand sorgen wird, nicht nur für diese Generation”, sagte der ehemalige Chef der österreichischen Grünen, der am Montag in Peking auch an einem Öko-Forum teilgenommen hatte, bei dem Umwelt- und Nachhaltigkeitskonzepte für China vorgestellt wurden. “Wir müssen das Klimaschutzabkommen von Paris und unser grünes Wachstums aufrechterhalten und noch weiter tragen.”

Asien als Wirtschaftsmotor

Ein weiterer entscheidender Faktor für Offenheit und Innovation sei ein gut funktionierendes System eines effektiven Multilateralismus, hielt Van der Bellen in seiner Ansprache fest, ebenso die Gewährleistung einer regelbasierten multilateralen Ordnung. “Asien war seit Jahrzehnten der Motor des Wachstums der Weltwirtschaft”, setzte der Bundespräsident fort. “In Verbindung mit der Erholung der europäischen Wirtschaft waren die Aussichten auf eine Welt größeren Wohlstands noch nie besser”, blickte Van der Bellen positiv in die Zukunft. Aus wenn es noch einige Herausforderungen zu bewältigen gebe.

Beim Boao-Forum waren unter anderen auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres und IWF-Chefin Christine Lagarde zugegen. Das Forum soll nach dem Vorbild des World Economic Forum (WEF) Davos die wirtschaftliche Integration fördern und asiatische Länder unterstützen, ihre Entwicklungsziele zu erreichen.

Der Besuch des Boao-Forums erfolgte für Van der Bellen sowie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) im Zuge ihres Staatsbesuchs in China, bei dem sie mit drei weiteren Mitgliedern der schwarz-blauen Bundesregierung am Sonntag mit Präsident Xi zusammengetroffen waren. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck, Umweltministerin Elisabeth Köstinger (beide ÖVP) und Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) reisten aber bereits zu Wochenbeginn nach Hause zurück.

Keine Zeit für Freizeit

Boao liegt auf der südchinesischen Tropeninsel Hainan und galt bis in die 1980er Jahre als Armenhaus. Später wurde im Zuge der wirtschaftlichen und sozialen Umbrüche in China eine Sonderwirtschaftszone eingerichtet. Mittlerweile ist “Chinas Hawaii” eine beliebte Touristendestination mit tropischer Vegetation, Sandstränden und in Folge auch zahlreichen Hotels und Freizeitanlagen wie Golfplätzen oder Vergnügungsparks.

Fürs Golfen oder Hochschaubahnfahren hatte zumindest Bundeskanzler Kurz am Dienstag keine Zeit, standen in Boao doch auch bilaterale Gespräche mit den Premierministern von Singapur, Lee Hsien Loong, und Pakistan, Shahid Khaqan Abbassi, sowie mit dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte auf dem Programm. Zudem war ein Meinungsaustausch mit Jack Ma, dem Gründer und Chef des chinesischen Internethandelsriesen Alibaba Group eingeplant.

Die Reise dient vordringlich der Vertiefung der wirtschaftlichen Kooperation. Am Mittwoch folgt in Chengdu ein weiteres bilaterales Wirtschaftsforum. China ist Österreichs wichtigster Handelspartner in Asien und ein äußerst bedeutender Exportmarkt. Gute Chancen gibt es für Produzenten hochwertiger Maschinen und Technologien. Österreichisches Know-how ist beispielsweise auch in Sachen Umwelttechnik und Städtebau gefragt.

Derzeit sind österreichische Firmen mit 920 Niederlassungen in China vertreten. Der bilaterale Warenhandel belief sich im Vorjahr auf 12,2 Milliarden Euro. Importe aus China erreichten einen Wert von 8,5 Milliarden Euro, das waren 5,7 Prozent der Gesamteinfuhren. Die Exporte wiederum stiegen in diesem Zeitraum auf 3,7 Milliarden Euro.

(APA)

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