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Ute Bock über die aktuelle Flüchtlingskrise: "Mir ist richtig schlecht"

Ute Bock über den Umgang mit Asylwerbern.
Ute Bock über den Umgang mit Asylwerbern. ©APA
Flüchtlingshelferin Ute Bock geht mit dem Umgang Österreichs mit der aktuellen Flüchtlingskrise hart ins Gericht. Sie verortet eine Portion Scheinheiligkeit mitschwingt: "Es ist nicht das wichtigste, dass die Leute da einen Kilo Brot hintragen", sondern "dass sich die Einstellung der Menschen ändert". Bei der kommenden Wahl hofft sie auf die "Vernunft der Leute".
Tag der offenen Tür bei Ute Bock
Der Ticker vom Freitag
Großdemo am 3. Oktober

Das sagte Bock am Freitag anlässlich des Langen Tags der Flucht. Jene, die die Flüchtlinge nun “durchwinken”, hätten nie von Angesicht zu Angesicht mit den Menschen zu tun, kritisierte die 73-Jährige, die sich seit Jahren um Asylwerber und Flüchtlinge kümmert. Am Westbahnhof krabbelten Kinder am Boden herum, “so was furchtbares”.

Sie habe Bewohner des Ute-Bock-Hauses dorthin geschickt, um zu helfen, “weil die das am besten wissen, wie das ist”. Auch habe sie versucht, ein Notquartier aufzutreiben. “Ich halt’ das nicht aus, mir ist richtig schlecht, wenn ich heim geh'”, meinte Bock zur Situation am Bahnhof. Das Schlimmste sei aber nicht, wie schlecht es den Menschen dort gehe, sondern “das Schlimmste ist, das wir so eine fürchterliche Einstellung haben – wenn ich in der Straßenbahn höre, ‘wären sie halt daheim geblieben’, das ist unerträglich”.

Tag der offenen Tür im Ute Bock-Haus

Dass der eine oder andere seine Einstellung ändert, sei auch das Ziel des Tags der Offenen Tür im Ute-Bock-Haus am Freitag, das es seit 2012 gibt. In dem Haus in Wien-Favoriten wohnen derzeit 76 Menschen in 72 Zimmern, hauptsächlich Männer aus Tschetschenien, Afghanistan und Nigeria. Es handelt sich dabei vor allem um Asylwerber im laufenden Verfahren, die aber aus der Grundversorgung gefallen sind – zum Beispiel weil sie das Bundesland verlassen haben, dem sie eigentlich zugeteilt waren, weil die Infrastruktur in Wien einfach besser sei, wie Sprecherin Melanie Carmann erklärt. “U-Boote” gibt es im Ute-Bock-Haus nicht, versicherte sie, alle Bewohner hätten einen Meldezettel.

Das Haus verfügt aber auch über eine Sozialberatungsstelle, die allen offen steht, die zum Beispiel wissen wollen, wie sie zu medizinischer Versorgung oder einer Notschlafstelle kommen. Um sich besser in die Situation der Asylwerber hineinversetzen können, probieren Besucher an diesem Tag per Rollenspiel etwa, einen Kindergartenplatz zu bekommen – “mit allen Hürden und Schwierigkeiten, die es so gibt”.

Kostenlose Deutschkurse für Flüchtlinge

Emanuel Hinterbauer zeigt derweil stolz drei neue Räume für die kostenlosen Deutschkurse her, die er koordiniert. Zwischen 400 und 500 Teilnehmer zählt der Verein, die Lehrer arbeiten ehrenamtlich. Demnächst will Hinterbauer auch Workshops für die Lehrer veranstalten, um sie für spezifische Themen zu sensibilisieren, etwa mit der Extremismus-Beratungsstelle oder der Aids-Hilfe.

Probleme mit den Nachbarhäusern hätten sich zwar gelegt, seien aber immer noch vorhanden, räumt Bock ein. Dabei gehe es aber beispielsweise um Beschwerden, dass jemand zu laut fernschaut – also ob es das früher nicht gegeben hätte, grinst Bock, die seit einem Schlaganfall im Rollstuhl sitzt, ihr Engagement aber weiterführt, so gut es geht.

Hofft bei Wien-Wahl auf “Vernunf der Leute”

Für die bevorstehende Wien-Wahl “hoffe ich auf die Vernunft der Leut'”, meinte sie. Ein Fan von FPÖ-Chef Heinz Christian Strache ist sie erwartungsgemäß nicht: “Wenn sie den Strache interviewen, denk ich mir: Um Gottes Willen, drehts das ab!” Bocks Wahlempfehlung: “Ich werde die Roten wählen, weil wenn die nimmer sind, kann ich den Schreibtisch abgeben”, schließlich habe die SPÖ sie immer unterstützt.

Der Verein ist freilich auch auf Spenden verschiedenster Art von Privaten angewiesen. Was gebraucht wird, findet man auf der Homepage des Vereins. Unterstützung leisten kann man auch mit dem Kauf von “Refugees Welcome”-Armbändchen um fünf Euro , deren Reinerlös unter anderem Bocks Verein zugutekommt – mehr Infos hier.

(APA)

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