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US-Polizist nach Schüssen auf Schwarzen wegen Mordes angeklagt

US-Polizist Jason Van Dyke (37) wegen Mordes angeklagt.
US-Polizist Jason Van Dyke (37) wegen Mordes angeklagt. ©AP
Mehr als ein Jahr nach tödlichen Schüssen auf einen schwarzen Teenager in Chicago muss sich ein US-Polizist wegen Mordes verantworten. Jason Van Dyke wurde am Dienstag angeklagt, weil er den 17-jährigen Afroamerikaner Laquan McDonald mit 16 Kugeln niedergestreckt haben soll. Nach der Veröffentlichung eines Videos des Vorfalls kam es zunächst nicht zu den befürchteten Ausschreitungen.
Aufnahmen aus dem Polizeivideo
Chicago: Proteste nach Polizeigewalt


“Es ist grausam, es ist gewaltsam, es ist schaurig”, sagte Staatsanwältin Anita Alvarez. “Einen 17-Jährigen auf so gewalttätige Art sterben zu sehen ist zutiefst verstörend.” Der Teenager soll nach Darstellung der Polizei mit einem Messer vor einem Polizeiauto herumgefuchtelt haben, laut Alvarez gab es aber keine bedrohliche Situation, die das Verhalten des Polizisten rechtfertigte. Der angeklagte Polizist eröffnete nach Angaben der Staatsanwaltschaft unmittelbar das Feuer und schoss selbst dann weiter auf den Jugendlichen, als dieser bereits am Boden lag.

Polizeivideo nun veröffentlicht

Auf dem Video vom Oktober 2014, aufgenommen von einer Kamera auf dem Armaturenbrett eines Fahrzeugs der Sicherheitskräfte, ist zu sehen, wie der 37-jährige Polizist 30 Sekunden nach seiner Ankunft vor Ort – und nur sechs Sekunden nach Verlassen seines Wagens – auf den Jugendlichen schießt. Nach den Schüssen lassen die Beamten ihn auf der Straße verbluten.

Video zeigt grausame Szenen

Der 17-jährige Afroamerikaner Laquan McDonald war am 20. Oktober 2014 getötet worden. Im knapp 40 Sekunden langen Video ist der Teenager auf einer vierspurigen Straße zu sehen, in deren Mitte Polizeiwagen stehen. Während McDonald die Straße hinunterjoggt, bewegt er sich von zwei Beamten weg, die mit gezogenen Waffen aus ihrem Auto steigen.

Plötzlich feuert einer der Polizisten aus nächster Nähe. McDonald dreht sich um und sackt zu Boden. Die am Polizeiwagen angebrachte Kamera richtet sich nun auf den am Boden liegenden Jugendlichen. McDonald bewegt sich. Mindestens zwei kleine Rauchwolken steigen von seinen Körper auf, während der Beamte weiterfeuert. In den letzten Momenten der Aufnahme ist zu beobachten, wie ein Polizist etwas aus den Händen des Teenagers kickt.

Der Polizei zufolge trug McDonald ein Messer. Staatsanwältin Anita Alvarez sprach von einem 7,5 Zentimeter langen Messer, dessen Klinge ins Heft eingerastet am Schauplatz vorgefunden worden sei.

Ein Autopsiebericht ergab, dass McDonald mindestens zwei Mal in den Rücken geschossen wurde. In seiner Blutbahn sei zudem die Droge PCP nachgewiesen worden.

Der beschuldigte Polizist war der einzige von etlichen Beamten am Tatort, der das Feuer eröffnete. Dabei habe er sein gesamtes 16-Schuss-Magazin leergeschossen, sagte Staatsanwältin Alvarez. Nur binnen sechs Sekunden nachdem er aus seinem Wagen ausstieg, habe der Polizist geschossen und sogar weiter weitergemacht, als McDonald längst zu Boden gegangen sei.

Der Anwalt des Polizisten, Dan Herbert, argumentierte, sein Mandant habe um sein Leben gefürchtet und sich rechtens verhalten. Das Video gebe nicht die ganze Geschichte wider.

Hunderte protestierten auf den Straßen

Nach der Veröffentlichung des Videos versammelten sich hunderte Demonstranten in Chicago, die Proteste blieben aber bis auf einige kleinere Rangeleien zunächst friedlich. Neben dem Bürgermeister der Metropole im Mittleren Westen, Rahm Emanuel, rief auch die Familie des Opfers zu friedlichen Demonstrationen auf. “Ich verstehe, dass Menschen aufgeregt sein werden und demonstrieren wollen, wenn sie dieses Video sehen”, sagte Rahm vor Journalisten. “Es ist in Ordnung, leidenschaftlich zu sein, aber es ist unabdingbar, dass es friedlich bleibt.”

Familie des Opfers bittet um friedliche Proteste

“Niemand versteht den Ärger besser als wir, aber wenn Sie sich entscheiden zu demonstrieren, bitten wir Sie eindringlich darum, friedlich zu sein”, zitierte die örtliche Presse eine Erklärung der Familie McDonald. Die Stadt hatte der Familie des Opfers im April eine Entschädigung von fünf Millionen Dollar (4,7 Millionen Euro) bewilligt.

Immer wieder Polizeigewalt gegen Schwarze

Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze haben wiederholt für Empörung und Aufruhr in der afroamerikanischen Bevölkerung gesorgt. Im Sommer 2014 hatte die Tötung des 18-jährigen Michael Brown in Ferguson im Bundesstaat Missouri schwere Unruhen ausgelöst. Der verantwortliche Polizist wurde nicht angeklagt, obwohl Brown unbewaffnet war. Im April hatte der Tod des Schwarzen Freddie Gray im Polizeigewahrsam in Baltimore zu Ausschreitungen in der Ostküstenstadt geführt.

In Minneapolis wurden am Montagabend fünf Menschen verletzt, als drei Verdächtige auf Teilnehmer einer Demonstration für die Rechte von Afroamerikanern schossen. Zwei der mutmaßlichen Schützen wurde nach Angaben der Behörden festgenommen. Bürgermeisterin Betsy Hodges sprach von einer “abscheulichen” Tat und kündigte an, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Hintergründe waren zunächst unklar, die Organisatoren der “Black Lives Matter”-Demo vermuteten aber eine rassistische Gruppe hinter den Schüssen. (APA, DPA)

USA POLICE SHOOTING
USA POLICE SHOOTING ©Laquan McDonald wurde von 16 Kugeln getroffen. (Bild: Polizei/EPA)
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