AA

Turbulente Zeiten an den Börsen: Flächenbrand oder falscher Alarm?

Krisenstimmung an der der Frankfurter Börse
Krisenstimmung an der der Frankfurter Börse ©AP
An den Aktienmärkten geht es oft weniger um harte Fakten, es geht um Emotionen. Das erklärt wohl auch am besten, was sich seit Wochen an den Weltbörsen abspielt. Egal ob in Frankfurt, New York oder Tokio - die Kurse stürzen scheinbar ins Bodenlose.
Talfahrt an Wiener Börse
Schauplatz Börse

“Wenn in einem überfüllten Raum Feueralarm ausgelöst wird, lauern zwei Gefahren”, bemüht Holger Schmieding, Chefökonom der Berenberg-Bank, einen Vergleich: “Entweder es gibt tatsächlich ein Feuer. Oder es gibt kein Feuer und die Menschen verletzten sich gegenseitig bei dem Versuch, den Ausgang zu erreichen.”

Momentan scheint letzteres an den Aktienmärkten zu passieren: Selbst ohne konkret fassbare Gründe rutschen die Kurse seit Jahresbeginn fast ohne Unterbrechung in die Tiefe. Zum Jahreswechsel war der Dax noch bei gut 10.700 Punkten gestanden. Am Dienstag waren es zeitweise keine 8.800 Punkte mehr – ein Absturz um 18 Prozent in gerade einmal sechs Wochen. Für einen Leitindex ist das gewaltig viel.

dax3
dax3

DAX könnte noch weiter fallen

Die Anleger sorgten sich momentan um nicht weniger als die Solidität der weltweiten Konjunktur, erklärt Chefvolkswirt Ulrich Kater von der Dekabank. Insofern könnte der Dax durchaus noch weiter fallen, bevor sich die Lage wieder beruhigt. Manche Experten halten einen Kursrutsch bis auf 8.100 Punkte für möglich.

Konkret fürchten viele Anleger im Zuge des massiven Ölpreisverfalls Kreditausfälle bei Unternehmen aus Schwellenländern oder aus dem Rohstoffsektor – und entsprechende Rückwirkungen auf Konjunktur und Banken. Dazu kommt die Sorge, dass die weltweiten Notenbanken ihr Pulver weitgehend verschossen haben, nachdem sie die Finanzmärkte in den Vorjahren mit ihrer Geldflut gestützt und sogar kräftig angetrieben haben.

Vergleiche mit Finanzkrise 2008

Einige Marktbeobachter reden bereits von einer Panik, die die Märkte ergriffen habe, und ziehen Vergleiche mit den Anfangszeiten der Finanzkrise des Jahres 2008. Sie begründen dies nicht zuletzt mit dem Einbruch der Bankaktien als ihrer Meinung nach sicheres Indiz für drohendes Ungemach. Ein Analyst der Royal Bank of Scotland riet seinen Kunden sogar unmissverständlich: Verkaufen sie alle ihre Aktien!

In der Tat legen als sicher geltende Anlagen wie Gold oder deutsche Staatsanleihen zu. Doch der überwiegende Teil der Analysten ist immer noch der Meinung, dass die wirtschaftliche Lage kein weiteres, deutliches i Abrutschen des Dax in die Region um 8.000 Punkte rechtfertigt. “Es ist mir zu einseitig, nur auf den Kaufkraftverlust der Rohstoffländer und nicht auch auf den dramatischen Kaufkraftgewinn der Industrieländer, insbesondere in Deutschland, hinzuweisen”, sagt der Kapitalmarktstratege Robert Halver von der Baader Bank. Auch China stehe wirtschaftlich besser da als der Aktienmarkt widerspiegle.

Mahnung zur Besonnenheit

Einige Analysten sehen sogar schon den richtigen Zeitpunkt für einen Einstieg: “Der Dax ist so günstig wie selten zuvor”, erklärt Investmentanalyst Uwe Streich von der Landesbank Baden-Württemberg. Er macht dies an den weiterhin hohen Gewinnen der Unternehmen fest.

Auch Berenberg-Experte Schmieding mahnt zur Besonnenheit: Die Wachstumsschwäche in Schwellenländern wie Brasilien, China und Russland dürfte sich seiner Ansicht nach nicht zum Flächenbrand in den entwickelten Volkswirtschaften ausweiten. Allerdings könne eine Panik an den Finanzmärkten tatsächlich zu einer kurzfristigen Eintrübung der weltwirtschaftlichen Aussichten führen – quasi eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Wirtschaft
  • Turbulente Zeiten an den Börsen: Flächenbrand oder falscher Alarm?