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Türkische Polizei soll Leiche von Kurden geschändet haben

Präsident Erdogan veurteilte am Sonntag in Straßburg die "von der PKK ausgehende Gewalt" im Südosten der Türkei.
Präsident Erdogan veurteilte am Sonntag in Straßburg die "von der PKK ausgehende Gewalt" im Südosten der Türkei. ©AP
In der Türkei sorgen Berichte, wonach Polizisten die Leiche eines bei Gefechten getöteten Kurden geschändet haben sollen, für Empörung. Ein solches Verhalten sei nicht hinnehmbar, betonte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu laut Presseberichten vom Montag. Juristische und dienstrechtliche Ermittlungen seien eingeleitet worden.

Am Wochenende waren Foto- und Videoaufnahmen aufgetaucht, die angeblich zeigen, wie ein Fahrzeug der Polizei im südostanatolischen Sirnak die Leiche eines getöteten Kurden durch die Straßen der Stadt schleift.

“Werden es nicht vergessen”

Die Aufnahmen lösten bei den Kurden in der Türkei große Empörung aus. Der Vorsitzende der legalen Kurdenpartei HDP, Selahattin Demirtas, verbreitete ein Foto der Leichenschändung über Twitter und schrieb, niemand solle das Foto vergessen, “weil wir es nicht vergessen werden”. Polizisten in dem Fahrzeug sollen den Getöteten während der Fahrt verhöhnt und verflucht haben.

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turkey_road_embed_twitter ©Der Vorsitzende der legalen Kurdenpartei HDP, Selahattin Demirtas, verbreitete ein Foto der Leichenschändung. (@hdpdemirtas)

Bei dem Toten handelte es sich laut Presseberichten um den Schwager einer HDP-Parlamentsabgeordneten. Das türkische Kurdengebiet wird seit Juli von Gefechten zwischen türkischen Sicherheitskräften und der verbotenen Rebellengruppe Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) erschüttert. Mehrere hundert Menschen kamen bisher in dem Konflikt ums Leben.

Leiche “vorübergehend” hinter Auto hergeschleift

Kurdenvertreter werfen Polizei und Armee vor, beim Kampf gegen die PKK schwere Menschenrechtsverletzungen zu begehen. Dagegen betont die Regierung, das Vorgehen gelte lediglich der PKK, nicht aber kurdischen Zivilisten, und werde unter strikter Beachtung rechtsstaatlicher Regeln geführt. Laut der Zeitung “Hürriyet” erklärte das Innenministerium, nach ersten Angaben sei die Leiche vorübergehend hinter dem Fahrzeug hergeschleift worden, weil der Verdacht bestanden habe, dass sie mit einer Sprengfalle versehen war.

Internationale Beobachter ohne Zutritt

Unterdessen wurde einer europäischen Friedens-Delegation, unter der sich auch vier österreichische Politiker befinden, Montagfrüh der Zutritt zur Stadt Nusaybin in der Provinz Mardin verwehrt. Nach der tagelangen Abschottung der Stadt Cizre im Südosten der Türkei mit über 20 getöteten Bewohnern herrscht nun in der Grenzstadt Nusaybin, rund 100 Kilometer von Cizre entfernt, seit fünf Tagen Ausgangssperre. Es wird von Toten und Verletzten berichtet.

Eine Delegation aus Politikern und Friedensaktivisten, unter ihnen die österreichisch-kurdische Nationalratsabgeordnete Berivan Aslan (Grüne), hat Montagfrüh versucht, in die abgeriegelte Stadt zu gelangen. Das Militär hat die Delegation rund 14 Kilometer vor der Stadtgrenze gestoppt. Wie ein Teilnehmer der APA berichtete, soll es laut dem Provinzgouverneur bereits 14 Tote gegeben haben. Bestätigt sind derzeit offiziell nur zwei.

Auch sechs Parlamentariern der prokurdischen Partei HDP soll der Zutritt zur Stadt verwehrt worden sein. Die regierungskritischen Nachrichtenagenturen Cihan und Dicle berichteten gestern von mindestens einem toten Zivilisten. Er soll an der Türschwelle durch Kugeln in den Kopf und in den Hals erschossen worden sein. Nach Angaben des Gouverneurs des Distrikts wurde der 54-Jährige durch einen Sprengsatz getötet, zitierte ihn die Tageszeitung “Taraf”.

Heftige Gefechte in türkischen Kurdengebieten

In der mehrheitlich kurdischen Stadt Nusaybin an der Grenze zu Syrien herrscht seit dem 1. Oktober nach einem Angriff der verboten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) eine Ausgangssperre. Vor fünf Tagen wurden bei dem Angriff der kurdischen Rebellenorganisation ein Angehöriger der Gendarmerie getötet, ein Dorfschützer und fünf Soldaten wurden verletzt, berichten türkischen Medien. Den Berichten zufolge wurde ein PKK-Mitglied getötet.

Bei Gefechten in Cizre während der Ausgangssperre sind nach Angaben des türkischen Innenministeriums 30 bis 32 PKK-Kämpfer getötet worden. Die prokurdische Partei HDP macht die Regierung dagegen für den Tod von 23 Zivilisten in Cizre verantwortlich, darunter ein Säugling, ein zehnjähriger Bub und ein alter Mann. (red/APA)

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