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Tragödie statt Triumph: Wie geht es mit dem brasilianischen Fußball-Club weiter?

Letzte "Team-Momente" der Chapecoense
Letzte "Team-Momente" der Chapecoense ©AP
Der Aufstieg aus der vierten Liga in das Finale des Südamerika-Cups war eine der besonderen Geschichten, die der Fußball schreibt. Dann zerschellt der große Traum des brasilianischen Clubs Chapecoense an einem Berg in Kolumbien - beim Flug zum Finalhinspiel in Medellín.
Schreckliche Bilder aus Kolumbien
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Flugzeugabsturz in Kolumbien

Der Bürgermeister von Medellín versucht das Drama in Worte zu fassen, ein einziger Satz bringt es auf den Punkt. “Etwas, das ein großes Fest werden sollte, ist in einer Tragödie geendet”, sagt Federico Gutiérrez. Ein Bild vor dem Abflug zeigt fröhliche Spieler und Betreuer des brasilianischen Provinzclubs AF Chapecoense. In Erwartung des bisher größten Spiels, gegen Atlético Nacional aus Medellín. Dann geht es in einem Charterflugzeug nach Kolumbien.

Maschine vom Radar veschwunden

Doch das Flugzeug kommt dort nicht an, das Finale 2016 der Copa Sudamericana wird nicht stattfinden. Wegen des schlimmsten aller denkbaren Ereignisse. Fast die ganze Mannschaft aus Brasilien ist tot. Kurz vor 22 Uhr am Montagabend (Ortszeit) melden die Piloten technische Probleme, Sekunden später verschwindet das Flugzeug vom Typ Avro RJ85 vom Radar. Suchtrupps machen sich sofort auf den Weg und werden am Berg El Gordo (“Der Dicke”) fündig, bei der Ortschaft La Unión, 38 Kilometer von Medellín entfernt.

Ursache noch unklar

Das Flugzeug ist zerbrochen in drei Teile. Die Gegend um die Millionenstadt ist sehr hügelig, Medellín liegt in einem Talkessel. Die Maschine könnte wegen Treibstoffmangels abgestürzt sein, meint Alfredo Bocanegra, Direktor der Luftfahrtbehörde. Der örtliche Polizeichef José Acevedo spricht von 76 Toten, andere Quellen von 75.

»ㅤ on Twitter Ahora son leyenda, CAMPEONES. #ForcaChapecoense #Chapecoense«

Fünf Menschen überlebten

Mindestens fünf Passagiere – drei Spieler, ein Journalist und eine Stewardess – sollen überlebt haben. Auf Bildern ist zu sehen, wie Abwehrspieler Alan Ruschel auf einer Trage ins Krankenhaus San Juan de Dios in der Ortschaft La Ceja gebracht wird. Nicht für das Finale nominierte beziehungsweise verletzte Spieler versammelten sich im Stadion im Heimatort des Clubs, Chapecó im südbrasilianischen Bundesstaat Santa Catatrina. Sie sind fassungslos. “Das darf nicht wahr sein”, sagt Mittelfeldspieler Neném.

Der Account des Clubs auf Twitter zeigt statt des grünen Wappens ein schwarzgefärbtes. Brasiliens Präsident Michel Temer ordnet eine dreitägige Staatstrauer an, bis zu Bayern München und Real Madrid reicht die Anteilnahme. “Betet für @ChapecoenseReal und ihre Familien”, schreibt der frühere deutsche Nationalspieler Lukas Podolski.

»FC Bayern München on Twitter Der #FCBayern gedenkt der Opfer und Angehörigen des Flugzeugabsturzes in Kolumbien. Tiefes Mitgefühl für @ChapecoenseReal. #ForçaChapecoense«

Ein Märchen endet tragisch

2009 spielte Chapecoense noch in der vierten Liga, dann ging es immer weiter bergauf, bis nun zum größten Erfolg der Vereinsgeschichte. 1995 spielte der spätere deutsche Nationalspieler Paulo Rink für den Club. Das Drama erinnert an die Katastrophe von Manchester United 1958: Auf dem Rückflug von einem Spiel bei Roter Stern Belgrad stürzte damals der Flieger ab. 23 Menschen sterben. 15 Insassen überlebten die Katastrophe, darunter Fußball-Legende Bobby Charlton.

Lionel Messi saß in derselben Maschine

Das Charterflugzeug der bolivianischen Gesellschaft Lamia (Kennzeichen: CP2933) ist in der südamerikanischen Fußballszene wohlbekannt, selbst der Finalgegner Atlético Nacional nutzte es mehrfach. Früher war die Firma in Venezuela stationiert, seit kurzem in Bolivien. Am 11. November nutzte auch Superstar Lionel Messi die Lamia-Maschine. Nach der 0:3-Klatsche in der WM-Qualifikation gegen Brasilien flog die argentinische Nationalelf mit der nun verunglückten Maschine von Belo Horizonte nach Buenos Aires.

Spieler sollten gar nicht in dieser Maschine sitzen

Der Flieger landete damals mit drei Stunden Verspätung in Buenos Aires, weshalb Nationalcoach Edgardo Bauza ein Training der “Albiceleste” streichen musste. Messi meldet sich auch nach dem Unglück zu Wort: “Mein tiefstes Mitgefühl für alle betroffenen Familien.” Was aufhorchen lässt: Ein Charterflug direkt von Brasilien wurde nicht genehmigt, weshalb die Mannschaft von Chapecoense erst nach Santa Cruz in Bolivien flog, von dort startete der Unglücksflug nach Medellín.

Zukunft des Clubs ist ungewiss

Am Sonntag war Chapecoense noch Meistermacher in Brasilien: Der Club verlor gegen Palmeiras São Paulo mit 0:1, Palmeiras sicherte sich dadurch vorzeitig den ersten Meistertitel seit 22 Jahren. Und der frühere Bundesliga-Profi Zé Roberto krönte mit 42 Jahren seine Karriere mit einem weiteren Titel. Chapecoense gratulierte.

Nun kondoliert alle Welt Chapecoense. Keiner weiß, wie es mit dem Club weitergehen wird. Das letzte Ligaspiel gegen Atlético Mineiro sollte am kommenden Sonntag stattfinden. “Das ist eine Riesenkatastrophe”, sagte der frühere Spieler Paulo Rink der “Rheinischen Post”. “Der Verein ist ja jetzt praktisch ausgelöscht.” (dpa)

»Leo Messi on Twitter Last photos of Chapecoense football players before plane crash in Colombia  «
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