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Hexenverfolgungen

Vorarlberg gehörte – anders als etwa das benachbarte Liechtenstein – nicht zu den Regionen, die von den Hexenverfolgungen besonders stark betroffen waren, obwohl sich im Vergleich zu den übrigen österreichischen Bundesländern eine zahlenmäßig überdurchschnittliche Intensität nachweisen lässt.

Bei den Hexenverfolgungen in Vorarlberg war eindeutig die Bevölkerung die treibende Kraft. Im Rahmen der Alltagsbewältigung unter erschwerten wirtschaftlichen Umständen nützte ein großer Teil der Menschen das theologisch-rechtliche Angebot, die vermeintlichen Verursacher ihres Elends im Zuge von Hexenprozessen zu eliminieren. Da die Behörden jedoch an rechtliche Normen und Vorgaben der Innsbrucker Regierung gebunden waren, gingen sie in den Augen der Bevölkerung vielfach zu wenig konsequent gegen die als Hexen Verdächtigten vor, wodurch neue soziale Konflikte entstanden, die – wie im Fall Dornbirns um 1600 – bedrohliche Ausmaße annehmen konnten.

Die erste bekannte Person, die in Vorarlberg als Hexe gefangen genommen wurde, war die Mutter des späteren kaiserlichen Hofhistoriografen Dr. Jakob Mennel aus Bregenz (1498/99); die Erste, gegen die nachweislich prozessiert wurde, hieß Elsa Guotschelckhin und stammte aus Latz bei Nenzing (1528). Um die Mitte des 16. Jahrhunderts kam es in den Herrschaften Bregenz und Feldkirch zu einer Hexenverfolgungswelle, von welcher der Bregenzerwald besonders stark betroffen war. Auf Grund der Einbeziehung der Innsbrucker Regierung fanden die Vorgänge schließlich für längere Zeit ein Ende.

Nach etlichen kleineren Verfahren, die ab 1570 durchgeführt wurden, erreichte das Hexentreiben in den Jahren kurz vor 1600 einen zweiten Höhepunkt. Damals fanden in allen Herrschaften teilweise umfangreiche Prozesse statt. Während es jedoch nach 1604 im südlichen Vorarlberg relativ ruhig wurde, führten weitere Hexenjagden im nördlichen Landesteil in den Jahren 1609 und 1615 zu den größten Hexenprozessen der Vorarlberger Geschichte. Im Rahmen der Bregenzer Verfahren von 1609 verbrannte man 16 Personen.

In den folgenden Jahrzehnten wurden nur einzelne Hexenprozesse geführt. Die Obrigkeit vertrat eine restriktive Einstellung zu den Verfolgungen, sodass in Vorarlberg zur Zeit des gesamten Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) nicht mehr als drei vermeintliche Hexen und ein Hexer hingerichtet wurden.

Zwischen 1640 und 1665 lässt sich eine dritte und letzte Häufung von gerichtlichen Verfolgungen feststellen. In deren Rahmen fällte der Feldkircher Vogt Karl Friedrich von Ems 1651 über acht Frauen aus dem Gericht Rankweil-Sulz die letzten Todesurteile. In Bregenz verstarb im selben Jahr eine alte Frau im Gefängnis an den Folgen der Tortur.
1656/57 fand hier schließlich der letzte nachweisbare Hexenprozess in den vorarlbergischen Herrschaften statt. Er endete für sämtliche Angeklagten mit einem Freispruch. Versuche, Hexenprozesse einzuleiten, beschäftigten die Behörden aber noch über ein Jahrzehnt.

In der Grafschaft Hohenems wurde zwischen 1649 und 1653 gegen 24 Personen wegen Hexereiverdachts prozessiert. Die letzten diesbezüglichen Gerichtsverfahren fanden dort und im Reichshof Lustenau im Jahre 1677 statt.
Für das im Vergleich zum übrigen Österreich relativ frühe Ende der Hexenverfolgungen in den habsburgischen Gebieten Vorarlbergs erwiesen sich vor allem die eingeschränkten Kompetenzen der landesfürstlichen Vögte als maßgeblich. Die letzten 'erfolgreichen' Hexenprozesse in Vorarlberg fanden entweder in reichsfreien Gebieten oder in Territorien statt, in denen die Innsbrucker Regierung über weniger Einfluss verfügte.

Der Wunsch der Bevölkerung nach weiteren Hexenverfolgungen war noch lange nach den letzten Hexenprozessen stark ausgeprägt. Gefördert wurde diese Haltung im 18. Jahrhundert maßgeblich durch Geistliche wie den berühmten Exorzisten Johann Joseph Gassner aus dem Klostertal, der auch im süddeutschen Raum tätig war und eine breite literarische Diskussion über das Hexenwesen auslöste.

Insgesamt standen in den österreichischen Herrschaften vor dem Arlberg in den 130 Jahren zwischen 1528 und 1657 mindestens 166 Personen als Hexen oder Hexer vor Gericht. Etwa zwei Drittel der Angeklagten in Hexenprozessen wurden zum Tod verurteilt. Zumindest 105 Menschen kosteten die Gerichtsverfahren das Leben. Der Anteil der Frauen belief sich dabei auf ungefähr 80 Prozent. Bezüglich des sozialen Standes lässt sich feststellen, dass es die Behörden verstanden, die gerichtlichen Hexenverfolgungen auf die Unter- und Mittelschichten zu begrenzen. Bezüglich der Intensität weisen einzelne Regionen große Unterschiede auf. Nach den vorliegenden Unterlagen waren die Gerichte Hofsteig und Dornbirn vom Hexentreiben eindeutig am stärksten betroffen. M.Tsch.

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