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Anna Putsch 1485-1513

Es gibt gute Gründe dafür, Anna Putsch für eine Vorarlbergerin zu halten. Immerhin ist die um 1485 geborene Anna Putsch die Tochter des kaiserlichen Hofbarbiers Ulrich Putsch, genannt Graf, der mindestens seit 1494 im Lande weilte und in diesem Jahr in Röns und 1511 in Nüziders einen Zins kaufte. 1503 verschrieb ihm der Kaiser die Pfandschaft über Altmontfort, die nach seinem Tod 1521 an seine Tochter Amalie Putsch fiel, die Ehefrau des Feldkircher Hubmeisters Moritz von Altmannshausen. Eine weitere Tochter des Ulrich Putsch mit Namen Margaretha war mit dem Feldkircher Hubmeister Ritter Joachim von Stuben († 1521) vermählt. Nachdem zwei Töchter des Ulrich Putsch der führenden Feldkircher Gesellschaft angehörten, darf man auch deren Schwester als Feldkircherin in Anspruch nehmen. Mit ihrem Porträt besitzen wir das wohl älteste Bildnis einer Vorarlbergerin.

Als Anna Putsch 1502 im Alter von 18 Jahren den damals 29-jährigen Professor der Medizin und Rektor der Universität Wien Johannes Cuspinian aus Schweinfurt heiratete, porträtierte der berühmte Lukas Cranach das junge Paar, wobei er auf Anweisung des Auftraggebers astrologische Symbole in das Bild einfließen ließ; sie lassen uns die Braut als Sonnenmenschen, als eine sanguinische, temperamentvolle Frau erkennen. Die junge Frau trägt ein mit feinen goldenen Stickereien gemustertes, tief ausgeschnittenes rotes Gewand, das in schwarze Samtbesätze ausläuft. Reicher Schmuck, eine goldene Halskette, ein goldener Gürtel und zahlreiche goldene Ringe heben ihren Reichtum hervor. In den Händen hält sie als Symbol der Unbescholtenheit eine Nelke. Eine ballonartig aufgeblasene weiße, mit Gold durchwirkte Haube weist auf beginnende Pflichten der Hausfrau hin, wie sie auch durch eine Wäscherin und eine Sennerin im Bildhintergrund symbolisiert erscheinen; die bukolische Landschaft mag eine Verherrlichung des Landlebens bedeuten, suchte das Ehepaar doch immer wieder den Lehenhof St. Ulrich bei Wien auf. Es entspricht der damaligen Zeit, wenn das Leben der Anna Putsch weitgehend im Schatten ihres Mannes steht; über sie selbst ist nur sehr wenig bekannt. Sie brachte acht Kinder zur Welt und starb am 18. September 1513 im noch jugendlichen Alter von 28 Jahren. Ihr Grab bei St. Stephan in Wien ist nicht mehr vorhanden, wohl aber die Grabinschrift überliefert. Auch im noch vorhandenen Grabmal ihres Gemahls im Stephansdom ist sie bildlich festgehalten. Mehrfach ist ihre eigene Handschrift im Tagebuch Cuspinians überliefert, in dem sie mit ihrem Mann Zwiesprache hielt; doch lassen sich ihre Worte nur schwer deuten. Der frühe Tod der ebenso schönen wie gebildeten Lebensgefährtin traf Cuspinian überaus hart: über Monate schrieb er in sein Tagebuch nur mehr das Wort 'tristitia' (Traurigkeit). K.H.B

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Bild: Lukas Cranach d. Ä. porträtierte 1502 Frau Anna Cuspinian, geb. Putsch
Lukas Cranach d. Ä. porträtierte 1502 Frau Anna Cuspinian, geb. Putsch