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Die Appenzellerkriege

Bald nach der Mitte des 14. Jahrhunderts traten Missstimmigkeiten zwischen dem Abt des Benediktinerklosters St. Gallen und seinen bäuerlichen Untertanen in Appenzell auf, als dieser versuchte, bestehende, jedoch längere Zeit vernachlässigte Rechte wieder einzufordern. Vermittlungsversuche umliegender Kräfte blieben auf Dauer erfolglos. Ein Bündnisvertrag zwischen der Abtei St. Gallen und den habsburgischen Herzögen von 1392 (erneuert 1402) einerseits sowie der Eintritt der Appenzeller in das Schwyzer Landrecht im Jahre 1403 andererseits schufen schließlich in Hinblick auf den latenten österreichisch-eidgenössischen Konflikt eine sehr brisante Konstellation. Was als bäuerlicher Unmut über die eigene Herrschaft im lokalen Rahmen begann, erhielt durch das Engagement der Schwyzer einen dynamischen, nach außen gerichteten Charakter. Die Appenzeller und die mit ihnen verbündete Stadt St. Gallen wurden zur Speerspitze der Schwyzer Expansionspolitik.

1405 sammelte Herzog Friedrich IV. von Österreich ein Heer, das sich vornehmlich aus Angehörigen des schwäbischen Adels und den Kontingenten der österreichischen Städte zusammensetzte. Da die Appenzeller die Kampfhandlungen mit der Belagerung von Altstätten eröffneten, begab sich ein Teil der habsburgischen Verbände ins Rheintal, um die Stadt zu entsetzen. Die Belagerer zogen sich daraufhin zurück. Am 17. Juni 1405 wurde das österreichische Heer, das ihnen folgte, nach einem beschwerlichen Anstieg bei ungünstiger Witterung am Stoß von den Appenzellern angegriffen und schwer geschlagen. Allein das Kontingent der Stadt Feldkirch verlor 80 Mann, darunter den Stadtammann Johannes Stöcklin. Auch der Feldkircher Vogt Sigmund von Schlandersberg und die Ritter Goswin und Wilhelm von Ems fielen.

In weiterer Folge schlossen sich große Teile Vorarlbergs teils freiwillig, teils unter militärischem Druck unter dem Namen 'Bund ob dem See' den Appenzellern und ihren Verbündeten an. Diese fanden vor allem die Sympathie lokaler Oberschichten, deren Interessen durch die Verwaltungspraxis österreichischer Beamter verletzt wurden. Weitere Kriegszüge führten Verbände des Bundes in den Thurgau, nach Tirol und in Gebiete nördlich des Bodensees, zahlreiche Burgen wurden im Rahmen dieser Vorgänge gebrochen. Zu einer grundsätzlichen Veränderung der bestehenden Verhältnisse führte der Bund ob dem See jedoch trotz deutlicher antifeudaler Tendenzen nicht.

Auf Vorarlberger Boden setzten zuletzt die Bregenzer unter Graf Wilhelm von Montfort den Truppen des Bundes, die die Stadt seit dem Herbst des Jahres 1407 belagerten und beschossen, entschlossenen Widerstand entgegen. Nach 16 Wochen währender Einschließung – auf die sich die Sage der Ehreguta bezieht – formierte sich ein starkes Heer der eigens zum Zweck der Bekämpfung der Appenzeller gegründeten schwäbischen Adelsgesellschaft "mit St. Georgenschild" und schlug die Belagerer. Über dem Massengrab der Gefallenen wurde später die St.-Georgs-Kapelle errichtet.

Der unter Vermittlung König Ruprechts am 4. April 1408 in Konstanz geschlossene Frieden löste den Bund ob dem See auf. Die österreichische Politik reagierte auf die Appenzellerkriege mit einer verstärkten Kooperation mit den bäuerlichen und bürgerlichen Eliten. A.N.

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Bild: Die Belagerer von Bregenz, die Truppen des Bundes ob dem See, werden durch ein schwäbisches Heer am 13. Januar 1408 geschlagen. Motiv aus der Berner Chronik von Benedikt Tschachtlan
Die Belagerer von Bregenz, die Truppen des Bundes ob dem See, werden durch ein schwäbisches Heer am 13. Januar 1408 geschlagen. Motiv aus der Berner Chronik von Benedikt Tschachtlan