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Tierversuche in Österreich: Tierschützer kritisieren "lächerlichen" Kriterienkatalog

Der VGT verortet starke Mängel beim Kriterienkatalog gegen Tierversuche.
Der VGT verortet starke Mängel beim Kriterienkatalog gegen Tierversuche. ©APA
Scharfe Kritik üben Tierschützer am Gesetzesentwurf zum Kriterienkatalog zur Schaden-Nutzen-Analyse von Tierversuchen, der vom Wissenschaftsministerium in Begutachtung geschickt wurde. Der Katalog bestehe aus "lächerlichen Fragen" ohne wissenschaftliche Fundierung.

Die Kritik stammt vom Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), Martin Balluch. Bei dem Kriterienkatalog handelt es sich um ein zentrales Element des 2012 in Kraft getretenen Tierversuchsgesetzes (TVG). Im Auftrag des Ministeriums hat ihn eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Herwig Grimm, Professor für Ethik in der Mensch-Tier-Beziehung am Messerli-Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien, ausgearbeitet.

Dabei wurden Vertreter der Forschung, des Tierschutzes und der zuständigen Behörden miteinbezogen, hieß es.

Tierversuche: VGT kritisiert Katalog

Balluch hat als Mitglied der Tierversuchskommission des Bundes – die sich aus Mitgliedern unterschiedlichster, mit dem Thema befasster Institutionen zusammensetzt – den Prozess des Zustandekommens des Vorschlages zwar aufmerksam mitverfolgt, kann aber in dem nunmehrigen Entwurf kaum etwas von den ursprünglichen Ideen und wissenschaftlich fundierten Vorschlägen wieder finden.

Demnach müsste ein Antragsteller für einen Tierversuch nun lediglich zehn Fragen zu einer geplanten Untersuchung beantworten. Das sei erstaunlich, denn das Messerli-Institut habe der Kommission einmal einen Katalog mit ungefähr 100 Fragen und einem komplexen dahinterliegenden Berechnungsmodell vorgestellt, mit dem der zu erwartende Nutzen und Schaden genau gegeneinander aufgerechnet werden konnten, so Balluch. Den Letztentwurf der Experten kenne er aber nicht.

Drei Jahre Arbeit ergaben nur 10 Fragen

Auch Eberhart Theuer von der Forschungsstelle für Ethik und Wissenschaft im Dialog an der Universität Wien ist der endgültige Experten-Vorschlag nicht bekannt. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass in den drei Jahren, in denen an dem Katalog gearbeitet wurde, lediglich diese zehn Fragen heraus gekommen sind. “Die wissenschaftliche Handschrift ist nicht mehr zu erkennen”, so der Rechtswissenschafter. Angesichts dessen grenze die Befassung der Messerli-Experten an “Verschwendung von Steuergeld”.

Ins gleiche Horn stieß der von der Arbeiterkammer in die Tierversuchskommission entsendete Vertreter, Ralph Chaloupek. In der Kommission hätten zwar unterschiedlichste Interessensgruppen produktiv zusammengearbeitet, der “erstaunliche” Entwurf spiegle diesen Prozess aber nicht wieder.

Ministerium sieht in Kriterienkatalog “faire Balance”

Das Wissenschaftsministerium verteidigt in einer Aussendung den Entwurf zur Verordnung des Tierversuchs-Kriterienkataloges gegen die am Mittwoch vorgebrachte Kritik von Tierschützern. Der Entwurf sei unter Einbeziehung relevanter Stakeholder entstanden, bringe “zusätzliche Objektivität” und wahre “eine faire Balance zwischen den legitimen Interessen von Tierschutz, Forschung und Wirtschaft”.

Die Grundlage für den Entwurf bildete ein dreijähriges wissenschaftliches Projekt, das im Auftrag des Ressorts vom Messerli-Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien durchgeführt wurde. Es habe sich aber gezeigt, “dass sich nicht alle theoretischen Empfehlungen in dieser Form in der Praxis umsetzen lassen. Die Vorschläge zur Quantifizierung bzw. Berechnung von Schaden und Nutzen eines Tierversuches haben die objektiven Anforderungen nicht erfüllt, eine einheitliche Berechnung für alle möglichen Projekte zu gewährleisten”. Die Anzahl der zu beantwortenden Fragen habe man “durch inhaltliche Zusammenfassung und Vermeidung von Redundanzen ohne Qualitätsverlust reduziert”.

Tierversuche: Modell “nicht umsetzbar”?

Auch der Fachverband der Chemischen Industrie hält die “Verwendung eines mathematischen Modells im Sinne einer zahlenmäßigen Gewichtung bei einer Schaden-Nutzenanalyse” für “nicht umsetzbar”. Der nunmehr vorgeschlagene Kriterienkatalog stelle auch ohne mathematische Gegenüberstellung immer noch “eine zu umfangreiche bürokratische Zusatzbelastung dar”.

(APA)

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