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„Terroristische Handlungen sind scharf zu verurteilen!“

"Es wurden sowohl von PalästineserInnen als auch von Israelis Friedensdemons¬trationen abgehalten."
"Es wurden sowohl von PalästineserInnen als auch von Israelis Friedensdemons¬trationen abgehalten." ©W&W
Maximilian Blassnig (18) ist derzeit als Zivildiener in Jerusalem. Mit WANN & WO spricht er über seine Tätigkeit als „Zivi“, die angespannte Lage in der Region und Hoffnung auf Frieden in Gaza.


WANN & WO: Du machst Zivildienst in Jerusalem. Welchen Aufgabenbereich hast du und warum hast du dich für einen „Zivi“ in Israel entschieden? Und was hast du dir gedacht, als die Situation in Gaza aufflammte?

Maximilian Blassnig: Ich arbeite im Österreichischen Hospiz, einem Gästehaus und interkulturellen Ort. Hier helfe ich in der Küche, im „Wiener Kaffeehaus“ und an der Rezeption. Das Haus liegt an der Via Dolorosa, doch mit seinem schönen Garten ist es wirklich eine „Ruhe-Oase“ inmitten der lebendigen Altstadt. Es hat mich immer schon interessiert, meinen Zivildienst im Ausland zu absolvieren. Letzten Sommer durfte ich während einer Reise mit einer Freundin Israel kennenlernen und so führte das Eine zum Anderen. Ich weiß, dass der Ort, an dem ich lebe, sicher ist. Aber natürlich stimmt es nachdenklich, wenn man mitbekommt, in welcher Situation andere Menschen auf Grund dieses Konflikts leben müssen.

WANN & WO: Hast du Angst, dich in der Stadt aufzuhalten? Wird in Jerusalem normal dem Alltag nachgegangen?

Maximilian Blassnig: Wie gesagt: Ich fühle mich sicher. In Jerusalem gehen die Menschen grundsätzlich auch ihrem täglichen Leben nach; jedoch sollten momentan größere Menschenansammlungen und öffentliche Verkehrsmittel vermieden werden. Ich bin noch nicht sehr lange vor Ort; jedoch wurde mir erzählt, dass die Kontrollposten stärker vorhanden sind als sonst. Auch im Fremdenverkehr ist zu spüren, dass keine alltägliche Situation herrscht. Zwischenzeitlich scheint sich die Lage immer wieder etwas zu entspannen.

WANN & WO: Hast du selbst schon gefährliche Situationen erlebt?

Maximilian Blassnig: Nein, ich selbst war glücklicherweise noch nie in einer gefährlichen Situation.

WANN & WO: Wie sehen die Israelis das Ganze? Wünscht sich die Bevölkerung im Allgemeinen Frieden, oder wird die israelische Militäroffensive im ganzen Land gutgeheißen?

Maximilian Blassnig: Es wurden sowohl von PalästineserInnen als auch von Israelis Friedensdemonstrationen abgehalten, teilweise auch gemeinsam. In diesem Konflikt hat keine Seite gewonnen und es wird euch keine Seite gewinnen. Die Zahl der Todesopfer ist auf beiden Seiten sehr hoch und ein vernünftiger Ausweg aus der Situation ist unklar. Das alles macht es sehr schwer für die Gesellschaft. Man merkt aber beispielsweise, dass die israelische Presse reflektierter agiert, als noch zu Beginn.

WANN & WO: Hast du auch Kontakt zu Palästinensern? Wenn ja, wie sehen sie das Ganze?

Maximilian Blassnig: Das Österreichische Hospiz steht im arabischen Viertel der Altstadt. Die MitarbeiterInnen hier sind PalästinenserInnen, also waren sie quasi mein Erstkontakt hier im Land. Logischerweise sind sie durch die Bilder und Nachrichten, die wir ja alle bekommen, emotionalisiert. Die einen mehr, die anderen weniger. Viele von ihnen beteiligen sich beispielsweise an Spendenaktionen für die Menschen in Gaza.

WANN & WO: Die bisher ausgesprochenen Waffenruhen waren allesamt brüchig. Nach der letzten 72-stündigen wurden die Kampfhandlungen sofort wieder aufgenommen. Glaubst du, es kommt zu einer Einigung, damit die Waffen künftig ruhen?

Maximilian Blassnig: Ich bin natürlich kein Experte in diesem Thema, doch eine längere Waffenruhe wird mit Sicherheit kommen – vermutlich aber nicht aufgrund einer Einigung, sondern dann, wenn Israel meint, sein Ziel erreicht zu haben. Die Hamas ist militärisch klar in der schwächeren Position.

WANN & WO: Was müsste deiner Meinung nach passieren, damit wieder Ruhe in der Region einkehrt? Können weitere Eskalationen verhindert werden?

Maximilian Blassnig: Beide Seiten brauchen sowohl Sicherheit als auch Wohlstand im gleichen Ausmaß. Nur so könnte die Situation beruhigt werden.

WANN & WO: Kann man deiner Meinung nach einer Seite eine klare Schuld zuweisen? Müsste Palästina selbst mehr gegen die Hamas unternehmen? Die Palästinenser kritisieren die Hamas offenbar ja selbst immer mehr.

Maximilian Blassnig: Man kann hier niemandem eine klare Schuld zuweisen. Es handelt sich um eine Gewaltspirale, deren Anfangspunkt nicht auszumachen ist. Das merkt man schon bei einem kurzen Blick auf die Geschichte des Nahost-Konflikts. Sich hier auf eine Seite zu stellen, halte ich persönlich für nicht sehr vernünftig. In diesem Konflikt ist „Schwarz-Weiß-Denken“ sehr gefährlich. Beide Seiten haben Standpunkte, die nachvollziehbar sind. Ich merke auch nicht, dass die Hamas von PalistinänserInnen stark kritisiert wird. Die Hamas ist schließlich neben der Fatah die zweite große politische Kraft und wegen Sozialaktionen bei den Menschen auch angesehen. So wurden von der Hamas Schulen und Kindergärten eingerichtet. Das darf man nicht vergessen. Jedoch muss auch klar gesagt werden, dass diese Einrichtungen als politische Vorfeldorganisationen genutzt werden. Um mich aber nicht falsch zu verstehen: Die terroristischen Tätigkeiten der Hamas sind scharf zu verurteilen.

Maximilian Blassnig – zur Person

Alter: 18 Jahre
Wohnort: Dornbirn/aktuell Jerusalem
Tätigkeit: Auslandsdiener im Österreichischen Hospiz, Schüler bis Juni 2014, AHS-Landesschulsprecher 2013/14, Vorsitzteam-Mitglied der aks Vorarlberg

Hobbys: Zeit mit Freunden verbringen, Ski fahren, Reisen, Musik, Schwimmen

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