AA

Syrische Gruppen werfen Russland Kriegsverbrechen in Aleppo vor

1.207 Zivilisten durch Luftangriffe in Aleppo ums Leben gekommen.
1.207 Zivilisten durch Luftangriffe in Aleppo ums Leben gekommen. ©AFP
Vier syrische Hilfsorganisationen machen Russland für Kriegsverbrechen in Syrien verantwortlich. In einem Brief an eine UN-Ermittlungskommission listeten die Gruppen allein 304 Attacken in Aleppo auf, bei denen Moskau "mit hoher Wahrscheinlichkeit" gegen internationales humanitäres Recht verstoßen habe.

Die Angriffe hätten 1207 Zivilisten das Leben gekostet, darunter 380 Kindern, hieß es. Die Beweislage deute klar darauf in, dass “Russland Kriegsverbrechen in Syrien verübt oder darin verwickelt” gewesen sei.

Demzufolge gab es zwischen Juli und Dezember in der Region Aleppo etwa 304 Angriffe, für die mit großer Wahrscheinlichkeit Russland verantwortlich ist. “Die Beweise deuten klar darauf hin, dass Russland Kriegsverbrechen in Syrien begangen hat oder daran beteiligt war”, hieß es in dem 39-seitigen Schreiben. Die Angaben stützten sich auf Zeugenaussagen, Videomaterial, abgefangene Tonmitschnitte aus Cockpits der Kampfjets und der verwendeten Munition. Die russische Vertretung bei den Vereinten Nationen war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Das Schreiben lag der Nachrichtenagentur AP am Donnerstag vor. Unterzeichnet wurde es von der Such- und Rettungsabteilung des syrischen Zivilschutzes, vom syrischen Netzwerk für Menschenrechte, einem unabhängigen Ärzteverband und einem Dokumentationszentrum für Verstöße. Die Organisationen boten der UN-Kommission Unterstützung bei Ermittlungen und “der Identifizierung von mutmaßlichen Urhebern” an.

Gräuel von Aleppo überschatteten EU-Gipfel

Höhere Verteidigungsausgaben, längere Sanktionen gegen Russland, mehr Mittel zum Ankurbeln der Konjunktur: Beim letzten EU-Gipfel des Jahres haben die EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in Brüssel wichtige Beschlüsse gefasst. Überschattet wurde das Treffen jedoch vom Drama um die syrische Stadt Aleppo.

In der Abschlusserklärung des EU-Gipfels fordern die 28 EU-Regierungen zudem, dass die Kriegsparteien sofortige Hilfe für die Menschen in Aleppo und den Zugang internationaler Beobachter ermöglichen müssten. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel warf Syriens Verbündeten Russland und Iran eine Mitschuld an Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung vor. Diese müssten geahndet werden, verlangte die Kanzlerin. Dem UN-Sicherheitsrat warf Merkel Versagen vor. Angesichts der Kriegsgräuel will die EU alle verfügbaren diplomatischen Kanäle nutzen, um die Not der Menschen zu lindern.

“Uns ist das Leiden nicht egal”

“Uns ist das Leiden nicht egal”, sagte Ratspräsident Donald Tusk. Ziel seien humanitäre Korridore in das zerstörte Ost-Aleppo, freier Zugang für Helfer und eine Evakuierung unter internationaler Aufsicht. Tusk gestand allerdings ein, dass “wir nicht so effektiv sind, wie wir es gerne wären”. Er hatte den Bürgermeister von Ost-Aleppo zum Gipfel geladen, um “die Stimme der Menschen von Aleppo zu hören, zumindest auf diese symbolische Weise”. Der französische Präsident Francois Hollande warnte, in Ost-Aleppo befänden sich noch 50.000 Menschen “in der Falle”.

Im Dauerstreit über die EU-Asylpolitik kamen die Staats- und Regierungschefs kaum voran. Tusk räumte ein: “Wir wissen, dass noch mehr zu tun ist.” Merkel hatte schon zu Beginn klargestellt, dass sie verstärkt auf den Kampf gegen Menschenschlepper und gegen die Fluchtursachen setzt. Die Debatte soll nach Tusks Worten beim informellen EU-Gipfel auf Malta im Februar fortgesetzt werden.

Bekenntnis zu Flüchtlingspakt

Die Staats- und Regierungschefs bekannten sich aber erneut zum Flüchtlingspakt mit der Türkei. Tusk stellte dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan einen Gipfel Anfang 2017 in Aussicht. Dann könnte es auch um die Vertiefung der Zollunion mit Ankara gehen, sagte Tusk. Als Termin ist nach Angaben von EU-Diplomaten ein Datum nach dem EU-Gipfel am 10. März anvisiert. Der letzte EU-Türkei-Gipfel fand im März 2016 statt.

(APA/AP)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Politik
  • Syrische Gruppen werfen Russland Kriegsverbrechen in Aleppo vor