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Syrien-Krisengipfel warnt China und Russland

Moskau bezeichnet Clintons Kritik als "unangebracht".
Moskau bezeichnet Clintons Kritik als "unangebracht". ©AP
Die "Freunde Syriens" wollen die Opposition gegen das Regime in Damaskus noch stärker unterstützen. Bei einem Treffen der Vertreter aus rund 100 Staaten in Paris hagelte es zugleich schwere Vorwürfe gegen China und Russland.

Der oppositionelle Syrische Nationalrat (SNC) zeigte sich dennoch enttäuscht. Zugleich elektrisierte die Fahnenflucht eines hochrangigen syrischen Militärs die Exil-Gemeinde. Im umkämpften Land selbst sollen wieder mehr als 40 Menschen von den Sicherheitskräften getötet worden sein.

Möglichkeiten für ein Ende der Gewalt schaffen

Die sogenannte Syrien-Freundesgruppe einigte sich in Paris unter anderem darauf, den Regimegegnern bessere Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen. Damit soll der Widerstand gegen Präsident Bashar al-Assad sicherer und effektiver werden. An die Assad-Gegner erging die Forderung nach mehr Zusammenhalt. Sie müssten eine “glaubwürdige Alternative” zum gegenwärtigen Regime bilden.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen müsse “schnellstmöglich” geeignete Maßnahmen für ein Ende der Gewalt ergreifen, sagte Frankreichs Präsident François Hollande in Richtung der Veto-Mächte Russland und China. Er forderte beide Länder eindringlich auf, die Blockade gegen neue UN-Resolutionen zu beenden. Beide Großmächte hatten die Konferenz in Paris boykottiert.

Der russische Vizeaußenminister Gennadi Gatilow wies die in Paris geäußerte Kritik als unangemessen zurück. Die Behauptung von US-Außenministerin Hillary Clinton, Moskau stütze Assad, sei nicht korrekt, sagte er am Freitag. “Wir sind keine Anwälte des syrischen Anführers.”

Brigadegeneral desertiert

Ein SNC-Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa: “Die Konferenz hat uns moralisch und politisch unterstützt, aber zu diesem Zeitpunkt brauchen wir von der internationalen Gemeinschaft mehr als bloße Versprechen.”

Als Lichtblick erscheint vielen Oppositionellen die Flucht von Brigadegeneral Manaf Tlass, der mit der Hilfe von Deserteuren Syrien über die Türkei verlassen haben soll. Ein Sprecher des französischen Außenministeriums erklärte am Freitag, Tlass sei inzwischen auf dem Weg nach Paris. Er soll Familie in Frankreich haben.

Unter Experten gilt Kommandant Tlass als möglicher Kandidat für eine Führungsrolle im Sicherheitsapparat nach einem Zusammenbruch des Assad-Regimes. Er war in jungen Jahren ein Freund von Basil al-Assad, der 1994 bei einem Autounfall ums Leben kam. Basil war vom damaligen Präsidenten Hafez al-Assad ursprünglich als Nachfolger vorgesehen. Nach dem Tod des Lieblingssohnes rückte der Augenarzt Bashar nach, der schließlich im Jahr 2000 das politische Erbe seines Vaters antrat.

In der oppositionellen Freien Syrischen Armee gab es auch kritische Stimmen: Der General habe sich so spät abgesetzt, dass Zweifel an seinen Motiven angebracht seien, sagte ein Sprecher. “Was ist eine Fahnenflucht noch wert, wenn das Regime schon dabei ist, sich aufzulösen?”, fügte er hinzu.

Dagegen meinte der neue SNC-Vorsitzende Abdel Basset Sida, dies sei ein “großer Schlag” für die syrische Führung. “Wir werden versuchen, mit ihm zu kooperieren”, fügte er hinzu und rief zu weiteren Übertritten auf.

Demonstrationen in mehreren syrischen Städten

Außen-Staatssekretär Wolfgang Waldner (V) sah ein Zeichen dafür, dass die Zeit des syrischen Machthabers “begrenzt” sei. “Wenn so ein prominenter Vertreter aus dem engsten Kreis desertiert, ist das ein Indiz dafür, dass es bröckelt”, sagte Waldner in einem Telefoninterview mit der APA aus Paris, wo er an der Syrien-Konferenz teilnahm.

Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums bezeichnete die Desertion als “bedeutend” und erklärte, Washington begrüße den Schritt. Weil er ein ranghoher Militärangehöriger sowie ein früherer Freund Assads sei, dürfe Tlass’ Fahnenflucht nicht unterschätzt werden.

In mehreren syrischen Städten fanden nach dem Mittagsgebet Anti-Regime-Demonstrationen unter dem Motto “Freitag des Volksbefreiungskampfes” statt. Das staatliche Fernsehen berichtete von “Anti-Terror-Operationen”, in Damaskus kam es zu Zusammenstößen mit dutzenden Toten. In der nördlichen Provinz Idlib brachte die Armee der Opposition zufolge die Rebellenstadt Khan Sheikhoun nach schwerem Beschuss auch aus der Luft unter ihre Kontrolle. Auch aus anderen Provinzen wurden Kämpfe gemeldet.

Seit Beginn der Kämpfe im Frühjahr 2011 sind es mutmaßlich schon mehr als 16.000 Todesopfer. Ihrer gedachten die Syrien-Freunde mit einer Schweigeminute in Paris.

Der UN-Menschenrechtsrat sprach sich in Genf für eine strafrechtliche Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien aus. Zugleich unterstützte das Gremium in einer am Freitag mit großer Mehrheit angenommenen Resolution aber auch Gespräche zur Suche nach einer friedlichen Lösung des Konflikts und nach Versöhnung. Russland, China und Kuba votierten erwartungsgemäß gegen die Resolution.

(APA)

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