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Vorarlberg: Suizid-Bild macht die Runde – "Ich war zutiefst erschüttert"

„Smartphone-Gaffer“ entwickeln sich zum echten Problem – das geht bis hin zur Behinderung von Einsatzkräften.
„Smartphone-Gaffer“ entwickeln sich zum echten Problem – das geht bis hin zur Behinderung von Einsatzkräften. ©VOL.AT bzw. AP
Nenzing - Ein Suizid-Bild vom Nenzinger Bahnhof macht auf Smartphones die Runde. Auch die Tochter von K. Wieser erhielt das schockierende Foto. W&W sprach mit der besorgten Mutter.

Kürzlich erschütterte ein Suizid am Nenzinger Bahnhof die ganze Walgau-Gemeinde. Als die 14-jährige Tochter von K. Wieser tags darauf mit einem grauenhaften Smartphone-Bild des Unglücks, auf dem Leichenteile abgebildet waren, zu ihrer Mutter kam, fiel die Nenzingerin aus allen Wolken. „Ich war zutiefst erschüttert, dass solche Bilder auf den Handys der Kinder und Jugendlichen kursieren. Ich würde nie auf die Idee kommen, solche Fotos oder Videos zu machen, geschweige denn, sie an meinen Freundeskreis zu schicken. Für mich war es ein Schock“, erzählt die besorgte Mutter gegenüber WANN & WO. „Ich konnte nicht glauben, mit welcher Selbstverständlichkeit Jugendliche solche Bilder verschicken. Meine Tochter ist ohne mein Zutun auf mich zugekommen und hat mir davon erzählt. Besonders überrascht hat mich auch, dass diese schreckliche Szene in ihr nicht wirklich etwas ausgelöst habe. Sie meinte nur, ihr würde das Gezeigte nichts ausmachen. Ich glaube, dass sich die Jugendlichen der Tragik dieses Ereignisse nicht wirklich bewusst werden. Ich kann und will nicht glauben, dass unsere Jugend wirklich dermaßen abstumpft. Eine Bekannte hat mir erzählt, dass das Foto sogar schon bei einer 12-Jährigen gelandet ist! Da hört sich der Spaß definitiv auf“, führt die Walgauerin fort.

Verwaltungsstrafen drohen

Auf Social Media machte sie ihrem Unmut Luft und erhielt regen Zuspruch aus der Online-Community. Das Problem ist bekannt, obwohl die wenigsten wissen, dass sie sich auch schon mit einer Weitergabe solcher Bilder strafbar machen können. „Mit Eintreffen der Polizei am Vorfallsort beginnt die Tatortarbeit bzw. die Ermittlungen. Sollten von einem Tatort Lichtbilder angefertigt werden, auf denen in die Privatsphäre von Opfern eingegriffen wird – auch Tote zählen dazu – kann dem ‚Fotograf‘ aber nicht einfach das Telefon weggenommen werden. Hier entscheidet vermutlich der Staatsanwalt als Ermittlungsleiter, wie mit den angefertigten Lichtbildern weiter zu geschehen hat. Es drohen Verwaltunsstrafen“, erläutert Frank Jentsch von der PI Götzis. Der Gewaltpräventionsexperte erkennt verschiedene Beweggründe wie „emotionaler Kick“, Protest, Abgrenzung, Gruppendruck oder schlichtweg Überforderung mit der Situation. Der Beamte rät aber von Verboten ab, viel wichtiger sei das Gespräch mit den Jugendlichen: „Eltern sollten ihre Kinder zum Nachdenken anregen und das Unrechtsbewusstsein fördern. Außerdem kann man auf die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie den Opferschutz und die Privatsphäre der Betroffenen hinweisen.“

Tipps der Polizei

für Eltern, im Umgang mit Jugendlichen und Smartphones:

Medienerziehung
Eltern sollten zunächst die Ruhe bewahren und sich mit dem Medienverhalten der Kinder auseinandersetzen. Ein Gespräch kann oft Wunder wirken. Falsch sind heimliche Kontrollen oder Androhungen, das Handy wegzunehmen. Auf gesetzliche Rahmenbedingungen (§14 Jugendgesetz) hinweisen.

Keine Filterfunktion
WhatsApp bietet keine Filterung von Inhalten, da mitunter das gesamte Telefonbuch „zwangsvernetzt“ wurde – alle Kontakte können hier Inhalte teilen. Nach Rücksprache mit dem Kind können hier gelegentiche Kontrollen hilfreich sein. Bedenkliche Beiträge nicht weiterleiten.

Handyverbot ist keine Lösung
Falsch wäre, den Jugendlichen das Smartphone wegzunehmen, dafür ist es für sie ein zu wichtiges Kommunikationsmittel. Viel wichtiger ist es, als Vorbild, auch in Sachen Konfliktlösung und Gewalt, voranzugehen. Nutzungsregeln können helfen.

Kickl fordert schärfere Strafen für Unfall-Gaffer

Innenminister Herbert Kickl will gegen „Unfall-Voyeurismus“ vorgehen. Es müsse ein Bewusstsein geschaffen werden, dass Schaulustige, die von der Gegenfahrbahn fotografieren oder filmen, eine Behinderung darstellten und sich auch selbst gefährdeten. Wenn das nicht greife, sei es „durchaus vorstellbar, dass man mit entsprechenden Strafmandaten gegen Unbelehrbare vorgeht“, meinte Kickl.

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Schnelle Hilfe

Hilfesuchende Menschen finden in Vorarlberg an verschiedenen Stellen Hilfe, unter anderem bei pro mente oder die Telefonseelsorge unter der Notrufnummer 142.

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