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Stadtbausteine

Klar abgestuft Öffentliche Rad- und Fußwege, öffentliches Grün mit schützender Hecke, Balkone, Privatsphäre in der Wohnung.
Klar abgestuft Öffentliche Rad- und Fußwege, öffentliches Grün mit schützender Hecke, Balkone, Privatsphäre in der Wohnung. ©Christian Grass
Dornbirn - Bausteine der neuen Stadt – das trifft die neue Wohnanlage auf den ersten Blick und sagt doch mehr als der erste Eindruck.
Leben & Wohnen in Dornbirn

Denn so ein Stein macht ja erst Sinn, wenn er zum Bau gefügt wird – ein Element, das ein Ganzes ergeben soll. Und da ist er dann einer von vielen, jeder für sich wichtig, anderen ähnlich und doch niemals gleich. Was für den Stein und den Bau gilt, gilt auch für Haus und Stadt. Und so stand am Anfang der Baugeschichte dieser Anlage eine städtebauliche Studie. Umgebung, Bauziele und Infrastruktur waren in Einklang zu bringen – Geschoßwohnungsbau in noch stark durch privaten Hausbau geprägtem Umfeld, fußläufige Versorgungseinrichtungen wie Schulen und Nahversorgung und schließlich Verkehr, neben Fußwegen der Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr mit dem neuen Bahnhof Schoren.

Der bildet nun den Mittelpunkt des neuen Wohnquartiers, einschließlich betreutes Wohnen und Wohnheim, gemeinnütziger wie privater Wohnbau. Die Bebauung der Industriebrache südlich des Bahndamms mit gemeinnützigem Wohnbau rundet hier das Quartier ab und vermittelt zur Umgebung. In Zeiten, da die Klage über Mangel an bezahlbarem Wohnraum in der Stadt immer lauter wird, dringend geboten – und bei der Dichte dieser Wohnform auf Vernetzung angewiesen.

Die gelingt nur, wenn sie sorgfältig geplant wird – wenn jeder Stein zum andern passt. Die Wohnanlage zum Versorgungsnetz, das Haus zum Wohnumfeld und Grünbereich, die Wohnung zu Erschließung, Gemeinschaftsräumen und Spielplätzen, die Baukonstruktion zum Energiekonzept, die Aufgabe zum Budget, die Gestalt des Ganzen zum Detail. Nur wenige Bauträger, so die Architekten Helmut Kuëss und Gerhard Hörburger, seien heutzutage dafür offen: „In unserem Fall“, ergänzt Helmut Kuëss, „konnten wir zu Ende planen und etwas durchaus bemerkenswertes machen.“

Drei baugleiche Körper, vier Geschoße, mit großzügigem Hof für Erschließung und natürlichem Licht, darum Wohnungen unterschiedlicher Größe, die großen vorzugsweise im Erdgeschoß. Kerne, Decken und Stützen sind betoniert, was vor allem den Höfen mit geschliffenem Estrich und Metallgeländern robuste Sachlichkeit verleiht. Trennwände sind als Leichtbau ausgeführt, die Außenwand mit 40 cm gedämmt und mit Faserzementplatten verkleidet. Die Gebäude sind als Passivhäuser ausgestattet, die Installation ist in den Betondecken untergebracht. Die Befragten äußern sich positiv dazu – nur beim Küchendunstabzug gibt’s Kritik. Da muss das offene Fenster helfen. Überhaupt – die Fenster: auffallend die tiefe Brüstung, was den Räumen Größe verleiht.

Balkone auf allen Seiten außer zur Bahn hin sind in die Fassade integriert, was das kompakte Volumen betont. Die einheitliche dunkle Farbe unterstreicht diese Entschiedenheit. Ein Muster aus feinen dunklen und kräftigen leuchtend-weißen Linien bindet die Körper zusammen – jeden für sich und die Anlage insgesamt. Dieser grafischen Fläche aus hierarchiefrei und verspielt gesetzten Quadraten steht je Baukörper eine individuelle, kräftige Farbe gegenüber – da, wo der Körper sein Inneres zeigt.

Einheit und Individualität – Gestaltung macht das Thema zum Bild. „Die Vernetzung“, so Helmut Kuëss, „spielt bei diesem Wohnen eine große Rolle: beim Städtebau, bei der sozialen Mischung, beim Privaten und Öffentlichen, im Gebäude – wir hätten gerne einige gewerbliche Nutzer im Erdgeschoß gehabt.“ Auch beim Bezug wird nichts auf eine Karte gesetzt: Seit einem Jahr wird ein Bau nach dem anderen bezogen, demnächst das letzte. Befragt man die Bewohner, so fallen die Antworten differenziert aus: Durchweg gibt’s Lob für die Bauqualität, doch während dem einen zum gelegentlichen Lärm „die vielen Ausländer“ einfallen, lobt der andere – vor einiger Zeit von der Nordsee hierher gezogen – die angenehmen Nachbarn und meint: „Mir fehlt hier nichts – außer dem Meer.“

Daten & Fakten

Objekt: Wohnanlage V 115, Höchster Straße 51, 51a und 51b, Dornbirn
Bauherr: Alpenländische Heimstätte, Gemeinnützige Wohnungsbau-und Siedlungsgesellschaft, Feldkirch
Architektur: Arbeitsgemeinschaft Architekten Hörburger + Kuëss, Bregenz
Landschaftsarchitektur: KoseLicka, Wien
Städtebaul. Studie: 2007–2008
Planung: 2008–2010
Bau: 2010–2013
Wohneinheiten: 61 Wohnungen in 3 Häusern
Wohnungsgrößen: 45 m²–102 m²
Grundstück: 6673 m²
Nutzfläche: 3914 m²
Bebaute Fläche: 1782 m²
Baunutzungszahl: 80 (Geschoßflächen/Grundfläche x 100)
Bauweise: Stahlbetonskelett mit aussteifendem Kern, Leichtbauwände
Ausführung: Generalunternehmen Rhombergbau, Bregenz

Leben & Wohnen – Immobilienbeilage der Vorarlberger Nachrichten

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut

Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg, Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten.

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