Über zwei Jahre lang war sie zum Nichtstun verdonnert. Sie, die jahrelang in der Gastronomie alles andere als geregelte 40-Stunden-Wochen gewohnt war. Emine Androcec starrt auf ihre Fingerspitzen, sitzt in ihrem Wohnzimmer und erzählt ihre Geschichte. Auf Deutsch. Sie hat ihren serbischen Pass abgegeben, um einen österreichischen zu bekommen. Per Zuerkennungsbescheid wurde ihr im Jahr 2006 vom Land versichert, dass sie alle Auflagen dazu erfüllt. Doch dann kam der Konkurs ihrer Bregenzer Pizzeria – eine verheerende Mischung aus schlecht wirtschaftendem Partner und zusätzlich vorgeschriebenen Behördenauflagen, wie sie erklärt. Und damit platzte ihr Traum von der österreichischen Staatsbürgerschaft. Denn der Zuerkennungsbescheid wurde aufgehoben, weil ihr nunmehr das erforderliche Einkommen fehlte. Auch der serbische Pass war dahin. Die 36-Jährige war plötzlich staatenlos und damit durfte sie auch nicht mehr arbeiten. Ein Teufelskreis. Die Gesetze dazu stufte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) nun als rechtswidrig ein. Denn der Gesetzgeber gebe „mit dem Widerruf der Zusicherung den Fremden der Staatenlosigkeit preis“. Die Gesetzespassage im Staatsbürgerschaftsgesetz muss nun repariert werden – die VN berichteten.
Düstere Zeit
Für Emine begann 2007 mit der Staatenlosigkeit jedenfalls eine düstere Zeit. „Ich durfte das Land nicht mehr verlassen. Durfte nicht über die Grenze in die Schweiz, auch nicht zurück nach Serbien“, erzählt sie. Und sie durfte nicht arbeiten. „Das war eine Katastrophe. Ich hätte sofort Arbeit gehabt, etwa als Kellnerin.“ Emine hatte in ihrer Heimat eine Hotelfachschule besucht. Jetzt war sie auf Sozialhilfe angewiesen und schlitterte in eine Depression. Zuhause herumzusitzen, das war sie nicht gewohnt. Und schwarzarbeiten, das wollte sie nicht. „Sie wurde vom Staat dazu gezwungen, von der Sozialhilfe zu leben“, kritisiert ihr Anwalt Clemens Achammer. „Obwohl sie arbeiten wollte und konnte. Dann hätte sie auch Steuern gezahlt.“ Emine hat mittlerweile ihre serbische Staatsbürgerschaft wieder angenommen. Weil ihre Sachbearbeiterin vom Land ihr dazu geraten habe. Die Serbin hofft, dass sie ihr Leben hier in ihrer neuen Heimat Österreich fortsetzen kann. Aber sie fügt betrübt hinzu, während sie sich die dunklen Locken aus dem Gesicht streicht: „Wenn ein Problem gelöst ist, dann kommt das nächste.“ Denn ob sie nun einen österreichischen Pass bekommt, ist trotz Urteil der Höchstrichter offen. „Wir müssen nun neu prüfen, ob ihr die Staatsbürgerschaft zusteht“, sagt die zuständige Sachbearbeiterin Sonja Moosbrugger. Denn der erste Bescheid sei mittlerweile ausgelaufen – die Frist beträgt zwei Jahre. Und Landesrat Erich Schwärzler verspricht: „Es wird vor Weihnachten entschieden.“ Anwalt Achammer tobt ob dieser Aussagen: „Das ist ein Witz, dann wäre jedes Rechtsmittel überflüssig. Die Frist verstreicht immer, bis die Entscheidungen da sind.“ Und sicher sei auch: Falls Emine die Staatsbürgerschaft nicht bekommt, wird er wieder Rechtsmittel einlegen.
Sechs Monate alte Zwillinge
Langweilig wird Emine bis Weihnachten jedenfalls nicht. Seit einem halben Jahr ist sie Mutter von Zwillingen. Und die beiden Babys halten sie ganz schön auf Trab. Der Vater ist Serbe. „Damit er hier eine Aufenthaltsbewilligung bekommt, müsste ich genug verdienen“, sagt Emine leise. Und arbeiten, das ist mit wenige Monate alten Zwillingen schwer vorstellbar. Dabei hätte ihr Mann hier wohl gute Chancen auf einen Arbeitsplatz. Er ist Krankenpfleger.
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