“Die Welt steht nicht still” – es brauche “neue Antworten”, heißt es zu Beginn des 65-seitigen Papiers, das am Freitag von Präsidium und Vorstand behandelt wurde. Vision der “sozialen Demokratie” sei es, die “Klassengegensätze zu überwinden, alle Lebensbereiche mit Demokratie zu durchfluten und den Ertrag der gesellschaftlichen Arbeit gerecht zu verteilen”. Man kämpfe für “volle Gleichberechtigung” unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Alter, Behinderung und sexueller Orientierung, und für “soziale Gerechtigkeit innerhalb der Gesellschaft”.
Mehr als klassischen Arbeitern verpflichtet
Die SPÖ fühlt sich zwar nach wie vor ihrer klassischen Klientel wie Industriearbeitern verpflichtet, will sich aber auch neuen Zielgruppen zuwenden: etwa prekär Beschäftigten, Ein-Personen-Unternehmen, “Crowdworkern” und Teilzeitbeschäftigten. Breiten Raum nimmt denn auch das Thema Arbeit ein, so soll die Digitalisierung als Chance verstanden werden. Es müsse entsprechende Investitionen in Bildung, Infrastruktur oder die Förderung qualifizierter Zuwanderung geben.
Massive Entlastungen der Arbeit
Unter dem Titel “Wohlfahrtsstaat” wünschen sich die Sozialdemokraten eine massive Entlastung der Arbeit. Einkünfte aus Finanzvermögen dürften nicht geringer besteuert werden als Arbeitseinkommen. Im Programm stehen auch rote Klassiker wie eine Maschinensteuer (“Auch Roboter sollen den Sozialstaat mitfinanzieren”) oder eine Erbschaftssteuer. Zudem soll umweltschädliches Verhalten quasi steuerlich bestraft werden.
Überhaupt fischen die Roten in grünen Gewässern und verschreiben sich voll und ganz dem Umweltschutz. Österreich solle bis 2040 CO2-frei werden. Das werde erhebliche Investitionen erfordern – “aber im Zweifelsfall zieht die Sozialdemokratie einige Milliarden Euro Schulden durch Investitionen in erneuerbare Energien der Zerstörung unseres Planeten vor”, heißt es in einer Presseunterlage. Ein bisschen Selbstkritik ist im Programm auch zu lesen: Die Sozialdemokratie habe dem Wirtschaftswachstum oft eine “Vorrangstellung” gegenüber ökologischen Anliegen eingeräumt – dabei müssten letztere “höchste Priorität” haben.
Thema Migration: “Integration vor Zuzug”
Ein Eiertanz war für die SPÖ stets das Thema Migration. Hier bemüht die Partei nun im Programm das Motto “Integration vor Zuzug”. Einerseits bekennt man sich im Programm “uneingeschränkt” zur Genfer Flüchtlingskonvention und dem Recht auf Asyl. Man sei aber auch der Meinung, dass Schutzsuchenden am besten in der Nähe ihrer Heimat geholfen werden kann, will man “Hilfe vor Ort” forcieren.
Gleichzeitig verwahrt man sich gegen alle Versuche, “Religion für politische Zwecke zu missbrauchen und anderen Werte und Lebensweisen aufzuzwingen”. Damit wollen sich die Sozialdemokraten gegen Parallelgesellschaften, Vereine unter der Aufsicht ausländischer Religionsbehörden und jede Form von Extremismus stellen. Jeder müsse Deutsch lernen und Demokratie wie Rechtsstaatlichkeit akzeptieren.
Altbekannte Forderungen bei Gleichberechtigung
In Sachen Gleichberechtigung finden sich im Papier altbekannte SPÖ-Forderungen wie Frauenquoten, gleicher Lohn für gleiche Arbeit oder der Rechtsanspruch auf gratis Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr. Im Bildungsbereich tritt man nach wie vor für eine gemeinsame Ganztagsschule der Sechs- bis 14-Jährigen ein, beim derzeit heißen Thema Sozialversicherungen für eine Vereinheitlichung der Bedingungen für die Versicherten.
SPÖ lässt Ende Juni abstimmen
Die SPÖ wird ihre rund 170.000 Mitglieder in der zweiten Juni-Hälfte über den künftigen Kurs der Partei abstimmen lassen. Ja oder Nein sagen können sie zum Entwurf für ein Parteiprogramm und zur Statutenänderung. Ferner sind die Mitglieder aufgefordert kundzutun, wie es um ihre Zufriedenheit bestellt ist. Die vierte Frage können jeweils die Landesorganisationen auswählen.
(APA/red)
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