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Spiel von Addition und Subtraktion

Die zwei neuen Häuser ersetzen eine alte, ehemals gewerblich genutzte Halle.
Die zwei neuen Häuser ersetzen eine alte, ehemals gewerblich genutzte Halle. ©Albrecht Imanuel Schnabel
Urbanes Flair geht von den zwei Wohnhäusern in der Dornbirner Schillerstraße aus, die PRISMA von den Architekten Baumschlager Hutter Partners hat planen lassen. Als präzise Setzung, die die heterogene Nachbarschaft intelligent aufmischt.
Schöner Wohnen in Dornbirn

Bauplätze in ruhiger Zentrumsnähe sind wie überall auch in Dornbirn Mangelware. Und noch dazu so gute, wie der, auf den Baumschlager Hutter Partners an der Ecke Schillerstraße/Bockackerstraße zwei Stadtvillen gestellt haben. Direkt neben ein geschindeltes altes Bauernhaus, in Sichtweite zum riesigen Bezirksgericht genauso wie zum Hallenbad und eindrucksvollen alten Villen im historisierenden Stil. Mit dieser formalen Heterogenität in der unmittelbaren Nachbarschaft, aber auch deren Maßstabssprüngen umzugehen war für die Architekten eine große Herausforderung, forderte eine städtebaulich ausgeklügelte Setzung der zwei Baukörper auf dem engen, zur Schillerstraße leicht abfallenden, annähernd dreieckigen Grundstück.

Die zwei neuen Häuser ersetzen eine alte, ehemals gewerblich genutzte Halle und ein desolates, seit vielen Jahren leer stehendes Wohnhaus. Dass dieses aus baukünstlerischer Sicht nicht erhaltenswert war, darin waren sich sowohl der damalige Dornbirner Stadtplaner Markus Aberer als auch die vom Bauherren, der PRISMA – Zentrum für Standort- und Regionalentwicklung GmbH – mit der Neuplanung des Areals beauftragten Architekten Baumschlager Hutter Partners einig. Wegen des sensiblen Ortes wurde auf Wunsch der Stadt allerdings anfangs auch eine Renovierung des alten Hauses überlegt, nach genauer Prüfung aber als ungeeignet befunden.

In Sachen Neubebauung habe das Stadtbauamt den Architekten bezüglich Dichte und Höhenentwicklung großen Spielraum gelassen, sagt Carlo Baumschlager. Wobei sowohl die Stadt als auch der Investor sich für diesen Ort eine architektonische Sprache gewünscht hätten, die eher eine Reverenz an die Villen als an das Bauernhaus sein sollte. Um das Flair von Stadt anstelle von Stadtrand auszustrahlen, umgesetzt als intelligentes, höchst präzises Reagieren auf den Ort. Allerdings nicht in der Form plumper Zitate, sondern im Aufnehmen von Linien – etwa der Traufhöhe des Bauernhauses – bzw. in der Neuinterpretation von Formen und Materialien.

Ganz im Sinn der Bauherren sind die beiden Häuser aus hochwertigen und nachhaltigen Materialien gebaut: die Außenmauern bestehen aus 47 Zentimeter dicken Ziegeln, die Fensterlaibungen aus hellem Naturstein. In sie sind innen bündig die einheitlich 2,5 mal 2,5 Meter großen Holz-Alu-Fenster eingesetzt. Was die weiß verputzten Fassaden der reizvoll als Spiel von Addition und Subtraktion modellierten Baukörper zusätzlich akzentuiert. Die Eingänge in die zwei Häuser sind genauso wie die Loggien aus den Volumina herausgeschnitten, das Spiel mit Offenem und Geschlossenem, Vor- und Rücksprüngen wird in den Fassaden klug auf die Nachbarschaften schielend durchdekliniert.

Im Erdgeschoß des an der Straße stehenden Hauses befinden sich gewerblich genutzte Räume, alle anderen sind für die insgesamt 22 Mietwohnungen unterschiedlicher Größe reserviert. Jede von ihnen hat eine mehr oder weniger große Loggia bzw. einen kleinen Garten oder eine großzügige Terrasse. Die Grundrisse sind offen, auf den Böden liegt geölter Eichenparkett. Die Stiegenhäuser sind durch Oberlichten angenehm hell, ihre Akustikdecken schlucken den Schall, den die Steinböden verursachen. Die Stiegenhausfenster werden außen vertikal durch alle Geschoße von weißem gelochtem Blech raffiniert verkleidet.

Darüber, wie die zwei viergeschoßigen, von einer Tiefgarage unterkellerten Häuser zueinander positioniert werden sollten, haben die Architekten lange getüftelt. Allein schon die Größe und Form des Grundstücks bzw. die Vorschriften bezüglich Abstandsflächen gaben ein enges Korsett vor, so Carlo Baumschlager. Um es trotzdem zu schaffen, dass die zwei neuen Häuser nun wie selbstverständlich dastehen. Zwar in urbaner Enge und trotzdem so, dass es von jeder Wohnung einen Ausblick in die Ferne gibt.

Daten und Fakten

Objekt: Wohnanlage Schillerstraße, Dornbirn

Eigentümer/Bauherr: PRISMA Zentrum für Standort- undRegionalentwicklung GmbH

Architektur/Generalplaner: Baumschlager Hutter ZT GmbH, Dornbirn, baumschlagerhutter.com

Statik: Mader-Flatz, Götzis

Fachplanung: Bauphysik: Kuster + Partner, Dornbirn; Elektro: Ing. Büro Brugger, Thüringen; Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär: Öko Plan, Altach; Entwässerung: Rudhardt + Gasser, Bregenz; Geotechnik: BGG Consult, Hohenems; örtliche Bauleitung: exakt büro für Bauwesen, Röthis

Planung: 11/2014–4/2017

Ausführung: 5/2016–9/2017

Grundstücksgröße: 1330 m²

Wohnnutzfläche: 1276 m²

Untergeschoß: 940 m²

Bauweise: Massivbau (Ziegel), verputzt; Flachdach als Warmdach mit Flachdachabdichtung; Holz-Alu-Fenster, Raffstoren; Stiegenhäuser mit Natursteinbelag; Parkettböden; Glasgeländer bei
Loggien und Dachterrassen

Besonderheiten: Fensteröffnungen mit Einfassungen aus Naturstein Jura Kalkstein

Ausführung: Baumeister: Wälderbau, Schwarzenberg; Holzbau: Werner Flatz, Alberschwende; Spengler: M+H, Dornbirn; Fenster: Trefz, Wüstenrot-Weihenbronn (D); Sonnenschutz: Hella, Dornbirn; Gerüstbau: Ellensohn, Götzis; Verputz: Uzun, Feldkirch; Schlosserei: Gruber, Raggal; Naturstein: Rein, Dornbirn; Trockenbau: Raumwerk Arnold, Wolfurt; Innentüren: Inbau Kopf, Klaus; Parkettböden: Fechtig, Dornbirn; Aluportale: Heinrich Mahnal, Bludenz-Bings; Heizung/Lüftung: Markus Stolz, Bregenz; Elektro: Kirchmann, Langen; Gartenbau: Anton Moosbrugger, Hörbranz

Energiekennwert: 31 kWh/m² im Jahr (HWB)

Leben & Wohnen – Immobilienbeilage der VN

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
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