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Sozialausschuss: Keine SozialCard, dafür kommt die Mobil-Card

Vorarlberger Armutskonferenz fordert Einführung einer SozialCard.
Vorarlberger Armutskonferenz fordert Einführung einer SozialCard. ©APA
Bregenz. Um die Einführung einer sogenannten SozialCard ging es am Mittwoch im Landhaus. Gefordert wurde diese schon mehrfach von der Vorarlberger Armutskonferenz. ÖVP und Grüne lehnten die Einführung der SozialCard am Mittwoch ab, dafür wurde die Mobil-Card für armutsgefährdete Menschen beschlossen.

Gut ein Drittel der österreichischen Bevölkerung komme in der aktuell betriebenen Sozial- und Wirtschaftspolitik nicht mehr vor, kritisierte Michael Diettrich, Sprecher der Vorarlberger Armutskonferenz, bereits im Juni und forderte zum wiederholten Male die Einführung einer SozialCard für Haushalte unter dem Mindesteinkommen. Es müssten auf Landesebene sichtbare Schritte zur Entlastung von Menschen in prekären Lebenssituationen gesetzt werden. Im sozialpolitischen Ausschuss des Vorarlberger Landtags am Mittwoch stimmten ÖVP und Grüne jedoch gegen die SozialCard und erzürnten damit sowohl SPÖ als auch FPÖ.

Ritsch kritisiert “Greti Wiesflecker”

Überrascht von der Ablehnung der SozialCard seitens der Grünen zeigt sich SPÖ-Chef Michael Ritsch – und kritisiert Wiesflecker scharf: “Früher war die heutige Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker von den Grünen die glühendste Verfechterin der SozialCard. Gemeinsam haben wir die damalige Landesrätin Greti Schmid für die Ablehnung des Vorschlages scharf kritisiert. Heute argumentiert Wiesflecker plötzlich mit dem alten Greti-Schmid-Muster: Es koste alles so viel Geld, es müsse zuerst mit dem Gemeindeverband verhandelt werden und die Einkommensgrenzen seien ein Problem bei der Umsetzung“, bemängelt Ritsch und holt weiter aus: “Aus der aktuellen Soziallandesrätin ist ‘Greti Wiesflecker’ geworden. Was ein Jahr im Landesrats-Sessel nicht alles bewirken kann.”

Der SPÖ-Chef halte weiterhin am Vorschlag fest, dass Haushalte, deren Einkommen unter einer gewissen Grenze liegen, Anspruch auf ein ermäßigtes VVV-Ticket, einen Heizkostenzuschuss von 300 Euro und kostenlosen Zugang zu Kinderbetreuungseinrichtungen und Kulturveranstaltungen haben sollen.

FPÖ enttäuscht von “grünem Umfaller”

Ins gleiche Horn stoßen auch die Vorarlberger Freiheitlichen: Man ersuche die Landesregierung, die Einführung einer Vorarlberger SozialCard weiter zu verfolgen. Damit solle berechtigten Bürgerinnen und Bürgern der Zugang zu Sozialleistungen vereinfacht und mehr Transparenz geschaffen werden, so FP-Sozialsprecherin Cornelia Michalke. “Obwohl wir uns in der genauen Ausgestaltung, was eben das Einkommen und den Leistungsumfang betrifft, durchaus gesprächsbereit zeigten, lehnten ÖVP und Grüne unseren Antrag ab. Dies ist umso verwunderlicher als Katharina Wiesflecker in ihrer ehemaligen Position als grüne Sozialsprecherin noch für die Einführung der SozialCard plädierte, nun als Soziallandesrätin aber plötzlich dagegen ist. Ein grüner Umfaller mehr”, bedauert Michalke abschließend.

Grüne: Mobil-Card für armutsgefährdete Menschen

Man habe dem von der SPÖ vorgeschlagenen Antrag auf Einführung einer SozialCard nicht zugestimmt, da er essentielle Fragen und Antworten schuldig bliebe, erklären die Grünen in einer Aussendung. Stattdessen freut sich die Grüne Sozialsprecherin Sandra Schoch über die mehrheitlich beschlossene Mobil-Card: “Mit vergünstigten Öffi-Tickets für Bezieherinnen und Bezieher der Mindestsicherung unterstützen wir armutsgefährdete Menschen durch eine konkrete Sachleistung”, so Schoch. Sie begrüße außerdem das nun beschlossene Korridormodell der Elternbeiträge für Kinderbetreuungseinrichtungen – also die Staffelung bis hin zu einem kostenlosen Zugang für armutsgefährdete Familien. Alle Eltern würden von diesem Modell profitieren, da gute Kinderbetreuungsangebote ausgeweitet würden. “Bildung ist der beste Schutz vor Armut und beginnt bereits bei Kleinkindern”, betont Schoch.

Wiesflecker: Inhalt wichtig, nicht die Verpackung

Die von der SPÖ geforderte SozialCard würde weit über das Ziel einer Harmonisierung von Sozialleistungen hinausgehen und wäre mit erheblichem Kostenaufwand verbunden, gibt Landesrätin Katharina Wiesflecker zu bedenken. “Im Vordergrund müssen die Leistungen für armutsgefährdete Familien stehen und nicht eine Karte”, so Wiesflecker in einer Aussendung. Mit einem Jahresticket zum Monatstarif – der Mobil-Card – können die Bezieher der Mindestsicherung ein günstiges Verkehrsverbund-Angebot in Anspruch nehmen. Und mit der leistbaren Kinderbetreuung für armutsgefährdete Familien bis hin zur Kostenfreistellung sei ein weiterer wesentlicher Schritt in Richtung Kostenentlastung gesichert. Dies stehe für Wiesflecker im Vordergrund: “Ob die SozialCard ein adäquates Mittel ist, ist nachrangig.”

Die Expertengruppe des Landes habe festgestellt, dass eine SozialCard nur Sinn mache, wenn sie an die GIS-Gebührenbefreiung gekoppelt sei. Dies würde einen finanziellen Mehrbedarf von mindestens zehn Millionen Euro bedeuten. “In Anbetracht der budgetären Situation ist das im Moment nicht machbar”, so Wiesflecker.

Als problematisch beschreibt die Landesrätin auch die starre Einkommensgrenze für die Ausgabe einer SozialCard: “Fällt man darunter, bekommt man eine Leistung, liegt man darüber, bekommt man sie nicht. Mit dieser starren Grenze schafft man keine Anreize, sondern trägt nur zur Verfestigung der momentanen Situation bei.” Wiesflecker bevorzuge daher Sozialleistungen in Form von Kostenentlastungen über soziale Staffellungen, wie eben auch beim Kinderbetreuungsmodell vorgesehen: “Wesentlich ist, was tatsächlich bei den Menschen ankommt.”

Zugleich seien die nächsten Schritte in Sachen Harmonisierung von Sozialleistungen schon geplant, sagt Wiesflecker. Die Abwicklung von Sozialleistungen des Landes – insbesondere Wohnbeihilfe und Mindestsicherung – werde nach dem Prinzip des one-stop-shops weiterentwickelt.

(Red.)

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