Das Bild lässt erahnen, welches Leid die sieben Jahre alte Bana aus den Rebellengebieten der umkämpften nordsyrischen Stadt Aleppo erlebt hat. “Heute Abend haben wir kein Haus mehr, es wurde bombardiert”, heißt es in dem Tweet zu dem Bild. “Ich habe den Tod gesehen und bin fast gestorben.”
Tonight we have no house, it’s bombed & I got in rubble. I saw deaths and I almost died. – Bana #Aleppo pic.twitter.com/arGYZaZqjg
— Bana Alabed (@AlabedBana) 27. November 2016
We have no home now. I got minor injury. I didn’t sleep since yesterday, I am hungry. I want to live, I don’t want to die. – Bana #Aleppo
— Bana Alabed (@AlabedBana) 28. November 2016
Mit Kurznachrichten wie diesen haben die kleine Bana und ihre Mutter Fatima in den vergangenen Wochen weltweit für Aufsehen und Diskussionen gesorgt. Seit Ende September setzt Fatima aus dem von oppositionellen Milizen kontrollierten Ost-Teil Aleppos Tweets im Namen ihrer Tochter ab. Damit erreicht sie rund 200.000 Follower.
This is our house, My beloved dolls died in the bombing of our house. I am very sad but happy to be alive.- Bana pic.twitter.com/9i0xxJrQtD
— Bana Alabed (@AlabedBana) 29. November 2016
Follower sorgten sich um Bana
“Das Leiden von Aleppos Kindern ist groß”, sagte die Mutter vor einigen Tagen der Deutschen Presse-Agentur am Telefon. “Bana macht das, um die Welt wissen zu lassen, dass die Kinder in Aleppo Stimmen haben und schreien können.”
Doch seit zwei Tagen herrschte unter Banas Followern Sorge um das Schicksal des Mädchens. Am Sonntagabend war das Twitter-Konto nicht erreichbar. Die Gründe dafür sind unklar. Kurz zuvor waren Truppen des syrischen Regimes in das Viertel der Familie eingerückt. “Wir sind sicher, dass uns die Armee jetzt fasst”, hatte Fatima noch geschrieben. “Wir werden uns an einem anderen Tag sehen, liebe Welt.” Im Netz verbreitete sich schnell der Hashtag #WhereIsBana (Wo ist Bana?)
We are sure the army is capturing us now. We will see each other another day dear world. Bye.- Fatemah #Aleppo
— Bana Alabed (@AlabedBana) 4. Dezember 2016
Bana gibt Entwarnung
Am Montagabend war das Konto dann plötzlich wieder online. “Werden angegriffen. Wissen nicht wohin, jede Minute fühlt sich an wie der Tod. Betet für uns. Auf Wiedersehen”, twitterte Fatima. Danach herrschte wieder Schweigen.
Vor wenigen Minuten gab Bana selbst Entwarnung, wenn auch ohne Hinweis auf ihren Aufenthaltsort. “Hallo meine Freunde, wie geht es euch? Ich bin okay. Mir geht es besser, auch ohne Medizin und trotz der Bomben. Ihr fehlt mir.”, schrieb das Mädchen am Dienstagmittag (österreichischer Zeit) auf ihrem Twitter-Account.
Hello my friends, how are you? I am fine. I am getting better without medicine with too much bombing. I miss you. – Bana #Aleppo
— Bana Alabed (@AlabedBana) 6. Dezember 2016
Flucht in ein anderes Viertel?
Vieles spricht aber dafür, dass Mutter und Tochter in ein anderes Rebellenviertel geflohen sind. Die syrische Journalistin Zaina Erhaim schrieb auf Twitter, den beiden gehe es gut, sie hätten aber beschlossen zu verschwinden. Letzte Gewissheit dafür gibt es nicht.
Under attack. Nowhere to go, every minute feels like death. Pray for us. Goodbye – Fatemah #Aleppo
— Bana Alabed (@AlabedBana) 5. Dezember 2016
In den Tweets hatte Bana immer wieder über Bombardierungen und die Leiden im täglichen Leben berichtet. “Ich will aus diesem schrecklichen Traum aufwachen, in dem ich von morgens bis abends lebe”, schrieb die Siebenjährige Ende September.
Ost-Aleppo schwer getroffen
Ost-Aleppo gehört zu den Gebieten in Syrien, die am härtesten getroffen wurden. Große Teile des Rebellengebietes sind nach Luftangriffen zerstört. Syrische Jets werfen immer wieder Fassbomben ab, mit Metallteilen gefüllte Fässer, die breit streuen. Der Tod ist für Bana schon vor langem zu einem täglichen Begleiter geworden.
Ihre Mutter verbreitet auch Bilder und Videos des Mädchens. Sie zeigen ein Kind, das trotz des Horrors noch lachen kann. “Wir werden für immer zusammen leben”, sagt sie in die Kamera und herzt dann ihre beiden jüngeren Brüder.
Good afternoon my friends. Love from the 3 of us. – Bana #Aleppo pic.twitter.com/LpmfI23OAG
— Bana Alabed (@AlabedBana) 25. November 2016
Das Schicksal der Drei steht exemplarisch für die Leiden unzähliger Kinder des Landes, in dem seit fast sechs Jahren der blutige Konflikt tobt. Bana und ihre beiden Brüder kennen praktisch nichts anderes als Krieg, Tod, Zerstörung und Leiden.
Harry Potter als Ablenkung vom Krieg
Die Tweets machten auch Prominente auf die Kleine aufmerksam. Die Erfolgsautorin Joanne K. Rowling ließ ihr die Harry-Potter-Serie als E-Book zukommen, nachdem sie gelesen hatte, dass Bana Englisch lernt und die Bücher gerne lesen würde.
What are we doing? We are reading Harry Potters. – Bana #Aleppo pic.twitter.com/wzuZq62Em0
— Bana Alabed (@AlabedBana) 24. November 2016
Doch Banas Tweets fanden nicht nur Freunde. Anhänger des Regimes halten die Botschaften für reine Propaganda, die überhaupt nicht aus Ost-Aleppo stamme. Kritische Stimmen werfen der Mutter vor, sie setze ihre Tochter für politische Zwecke ein. “Dieses Kind, ihr kleines Herz sei gesegnet, wer immer sie auch ist, wird manipuliert und in einen großen Betrug der sozialen Medien verwandelt”, twitterte die britisch-libanesische Journalistin Hala Jaber. “Genug Lügen.”
Aktivisten bestätigen Echtheit des Accounts
Doch Aktivisten aus Aleppo bestätigen, dass Bana und Fatima wirklich in den Rebellengebieten leben. Auch der investigative Internetjournalist Eliot Higgins von der Plattform Bellingcat hat nach einer Prüfung vieler Fotos und Videos aus den Tweets keine Zweifel an der Herkunft der Botschaften: “Wir haben den genauen Ort gefunden, wo sie aufgenommen wurden. Alle stammen aus einem bestimmten Gebiet in Ost-Aleppo, das von Rebellen gehalten wurde.”
(Red./APA/dpa)
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