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"Sollte nicht aus medizinischer und finanzieller Sicht gesehen werden"

Große Aufregung um die Kinder-Onkologie-Station im Dornbirner Krankenhaus.
Große Aufregung um die Kinder-Onkologie-Station im Dornbirner Krankenhaus. ©Sohm
Dornbirn - Die Kinder-Onkologie in Dornbirn soll geschlossen werden. Judith Gebhardt (Pro Kinder-Onko) und LR Christian Bernhard im Gespräch mit W&W.
LR Bernhard plant runden Tisch
ÖVP: Realistische Lösungen gefragt
SPÖ: Zentrum wäre denkbar
Appell eines betroffenen Vaters

Die Verlegung der intravenösen Chemotherapie von der Kinder-Onkologie in Dornbirn an die Universitätsklinik Innsbruck schlägt in Vorarlberg Wellen. Die Facebook-Gruppe „Volks-Abstimmung (Gegen die Schließung der Kinder-Onkologie Dornbirn)“ erreichte gestern eine Mitgliederzahl von über 54.000 Usern – und es werden immer mehr. Derzeit ist unklar, wie es weitergehen soll. Allerdings gibt es morgen bereits einen Info- und Diskussionsabend. Auch eine Petition, ist schon online, die man unterschreiben kann.

„Enorme Belastung“

Für die Betroffenen ist die Situation unverständlich. Judith Gebhardt, Mitglied der Gruppe „Pro Kinder-Onko Dornbirn“, sieht die Verlegung der Station als Schritt in die falsche Richtung und nur schwer nachvollziehbar. „Uns geht es vor allem um die Kinder und Familien, die betroffen sind. Wenn die ambulanten Chemotherapien fortan nur noch in Innsbruck verabreicht werden können, bedeutet das für die erkrankten Kinder eine enorme Belastung“, erzählt sie. Landesrat Christian Bernhard weist auf den regionalen Strukturplan hin: „Dort ist vorgesehen, dass Dornbirn auch weiterhin Hauptanlaufstelle bleiben soll. Möglicherweise wäre es für Nachfolger möglich, die Arbeit von Primar Ausserer, der sehr engagiert und eine echte Koryphäe auf dem Gebiet der Kinderonkologie ist, fortzusetzen. Dafür muss es aber auch die entsprechenden Fallzahlen geben. Die Daten sprechen jedoch dafür, dass dies bei 10 bis 15 jährlichen Neuerkrankungen nicht gegeben ist.“

„Stundenlang erbrechen“

Das sehen die Vertreter der „Pro Kinder-Onko Dornbirn“-Gruppe anders. „So eine Entscheidung darf man nicht nur aus medizinischer und finanzieller Sicht sehen. Ein Kind kann nicht alleine im Krankenhaus sein, es kann und will auch keine Entscheidungen selbst treffen“, erklärt Judith Gebhardt. Außerdem wäre die Fahrt nach Innsbruck und retour für die erkrankten Kinder eine Zumutung. „Der Weg dorthin ist schon extrem mühsam. Nach einer verabreichten Chemotherpie geht es den Kleinen nicht gut, die meisten müssen stundenlang erbrechen. Jetzt muss man sich vorstellen, wie es ist, über zwei Stunden im Auto zu sitzen.“ Laut LR Bernhard wäre es theoretisch möglich, dass ein Experte aus Innsbruck zeitweise nach Vorarlberg kommt. „Nur würde er hier nicht die notwendige Infrastruktur vorfinden, denn in Dornbirn gibt es weder eine Kinder-Dialyse noch ein Isolierzimmer. In diese Infrastruktur zu investieren, wenn sie dann nur so selten genutzt wird, wäre nicht zielführend. Es mag so wirken, als wäre das eine gefühllose Entscheidung, aber den Ärzten geht es in erster Linie um die bestmögliche medizinische Versorgung der erkrankten Kinder.“ Sollte es die Station in Dornbirn nicht mehr geben, müssen die Patienten zum Teil mehrere Wochen in Innsbruck bleiben. Ob es für die Eltern dort Platz gibt, sei fraglich. „Soll ich mir jetzt jedes Mal ein Hotel suchen? Die Kinder brauchen ihre Familie bei sich!“ Landesrat Bernhard versuche eine Lösung zu finden. „Ich habe erst kürzlich erfahren, dass die Unterbringungsmöglichkeiten für die Familien in Innsbruck nicht gut funktionieren. Wir suchen aber gute Lösungen und werden diese in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen Familien in Vorarlberg­auch finden“, ist sich Landesrat Bernhard sicher.

4 Statements – aus der Politik zur Kinder-Onkologie in Dornbirn

Roland Frühstück, ÖVP: „Klar ist, dass eine Neuorganisation der Abteilung notwendig ist. Die Zielsetzung, die besten Chancen für eine Heilung der kleinen Patienten sicher zu stellen, sollte für alle Beteiligten außer Streit stehen. Ich bin davon überzeugt, dass LR Bernhard hier die richtigen Überlegungen anstellen wird.“

Johannes Rauch, Grüne: „An Krebs zu erkranken ist mit extremen Emotionen und Ängsten verbunden. Todesängsten. Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass ihr Kind die beste aller möglichen Behandlungen bekommt. Dies wurde durch die Arbeit von Prof. Ausserer bislang sichergestellt.“

Gabi Sprickler-Falschlunger, SPÖ: „Das Wirken von Dr. Bernd Ausserer war außergewöhnlich. Die Politik darf jetzt aus der Verzweiflung der Eltern kein Kapital schlagen. Zu überlegen wäre aber, ob in Vorarlberg ein kinderonkologisches Zentrum möglich wäre. Dazu gehören die Fakten auf den Tisch.“

Dieter Egger, FPÖ: „Krebskranke Kinder sollen in dieser äußerst schweren Lebensphase mit ihren Eltern und Familien in ihrer gewohnten Umgebung bleiben dürfen. Deshalb muss die Versorgung und Behandlung auf einer OnkologieStation in Vorarlberg unbedingt erhalten bleiben.“

Online-Petition für Kinder-Onkologie unterschreiben!

Die Vertreter der „Pro Kinder-Onko“ haben eine Initiative gegen die Schließung der Kinder-Onkologie in Dornbirn gestartet. Alle, die sich dafür einsetzen möchten, können das online machen. Einfach Name, Adresse und E-Mail-Adresse angeben und die Mail bestätigen. Alle Informationen zur Petition findet man unter: tinyurl.com/krebsstationpetition

Info- und Diskussionsabend

WANN: Donnerstag, 19 Uhr WO: Pfarrheim Hatlerdorf in Dornbirn

Alle betroffenen Familien, aber auch Freunde und Interessierte sind herzlich eingeladen. Alle weiteren Informationen auf: tinyurl.com/prokinderonko

(WANN & WO)

Hier die ganze WANN & WO-Ausgabe online lesen

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