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Sinead O'Connor am Wiener Jazz Fest auf dem Weg zur musikalischen Mitte

Jazz Fest Wien: Sinead O'Connor auf dem Weg zur musikalischen Mitte
Jazz Fest Wien: Sinead O'Connor auf dem Weg zur musikalischen Mitte ©APA
Sinead O'Connor scheint ihre musikalische Mitte wieder gefunden zu haben: Nach Jahren des Experimentierens offenbarte ihr 2012 erschienenes Album "How About I Be Me (And You Be You)?" eine lange vermisste Konsistenz.

Nun dürfte die irische Sängerin diesen Weg konsequent weiterverfolgen, wie auch ihre umjubelter Auftritt am Samstagabend beim Jazz Fest Wien untermauerte. Einigen im Publikum wird dabei das letzte Wien-Gastspiel O’Connors vor knapp einem Jahr wieder in den Sinn gekommen sein: Wie schon im Konzerthaus stand auch diesmal ein stark von Blues und Rock geprägtes Klangbild im Fokus, nur musste man eben einige hundert Meter Luftlinie weiter in die Staatsoper pilgern. Begleitet von fünf Musikern betrat die 47-Jährige pünktlich auf die Minute die Bühne und zeigte sich im engen, schwarz-grauen Kleid von Anfang an bei bester Stimme.

Sinead O’Connor am Jazz Fest

Beweisen konnte sie das zum Auftakt mit dem großartigen John Grant-Cover “Queen of Denmark”, einem sich langsam steigernden Monolith, der wie gemacht für O’Connors kraftvolles Organ scheint. Dass der Blick an diesem Abend bis auf wenige Ausnahmen nicht zurückgerichtet werden sollte, belegten die früh erklingenden “Dense Water Deeper Down” und “Kisses Like Mine”, zwei Stücke des Anfang August erscheinenden Albums “I’m not Bossy, I’m the Boss”: Dicht arrangiert, mit dominanten Gitarren ausgestattet und sehr kurzweilig interpretiert.

Angesichts des bereits veröffentlichten Artworks durfte man ja über den neuen Stil von O’Connor spekulieren: Das Plattencover zeigt sie in Lederkleid, eine Gitarre umarmend und mit schwarzem Pagenkopf. Live setzte sie aber sowohl gesanglich als auch optisch auf Altbewährtes, ist der Kurzhaarschnitt für viele Fans doch beinahe schon zum Symbol der Irin geworden. O’Connor schien sich jedenfalls pudelwohl zu fühlen, tänzelte und hüpfte zu den groovigen Passagen von “8 Good Reasons” oder der aktuellen Single “Take Me to Church” und dankte dem Publikum lächelnd für den Applaus.

Welch eigenartige Zufälle es teilweise gibt, zeigte sich bei “I Had a Baby”: Kurz bevor das Stück erklang, meldete sich ein kleiner Bub, zuvor und danach das Parkett als motivierter Tänzer unterhaltend, lautstark zu Wort. “Hello Baby”, schmunzelte O’Connor, das Alter ihres jungen Fans wohl etwas falsch einschätzend. Diesem war es naturgemäß einerlei, denn schließlich konnte er spätestens zu den Gitarrenriffs von “The Voice of My Doctor” wieder seine Kreise ziehen.

Standing Ovations für Sinead O’Connor

Ein insgesamt solider und ohne Effekthascherei sein Auslangen findender Auftritt, bei dem man auf Eines natürlich nicht verzichten musste: “Nothing Compares 2 U”, dieses Prince-Stück, das O’Connor vor mehr als 20 Jahren schlagartig berühmt gemacht hat. Umrahmt von den obligatorischen A-capella-Ausflügen gelang der Hit etwa zur Hälfte des Konzerts zur Aufführung, nicht nur bloß Erwartungshaltungen erfüllend, sondern durchaus mit Leidenschaft interpretiert.

Eines der schönsten Stücke sollte aber “Take Off Your Shoes” werden, zunächst nur zaghaft anhebend, bevor die instrumentale Dichte sukzessive zunahm und O’Connor die einnehmende Gesangsmelodie unterstützt von ihren Kollegen hinausschmetterte. Nach eineinhalb Stunden gab es für eine kompakte Darbietung Standing Ovations und lautstarken Applaus, der die Irin sogar nochmals auf die Bühne zurückholte, um ein kurzes Gebet zum Besten zu geben. “Damit ihr alle und das Baby eine gute Nacht habt.” Ihre Schlaflieder, wenngleich von enormer Wucht, dürften dazu in jedem Fall beigetragen haben.

(APA)

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