AA

Selbstmord eines elfjährigen Flüchtlingsbuben: Flüchtlingskoordinator schlug Alarm

Auch der damalige Flüchtlingskoordinator schrieb an die Bezirkshauptmannschaft Baden.
Auch der damalige Flüchtlingskoordinator schrieb an die Bezirkshauptmannschaft Baden. ©Bilderbox.com (Symbolbild)
Ein elfjähriger Flüchtlingsbub nahm sich das Leben. Der 26-Jährige Bruder, der die Obsorge für seine sechs Geschwister übernommen hatte, dürfte überfordert gewesen sein. Der damalige Flüchtlingskoordinator Christian Konrad schrieb ebenfalls an die zuständige Bezirkshauptmannschaft Baden.
11-Jähriger beging Selbstmord
Warnung vor Überforderung

Das berichtet die Tageszeitung “Kurier” in ihrer Donnerstagsausgabe. Konrad wies darauf hin, dass dem ältesten Bruder die Obsorge für seine sechs Geschwister zu viel sei. Vor elf Tagen nahm sich der elfjährige Bruder, der unter der Obsorge des 26-Jährigen stand, das Leben.

Konrad bat laut “Kurier” die Bezirkshauptmannschaft, die Obsorge zu übernehmen. Das Antwortschreiben der BH lautete dem Bericht zufolge: Falls das ambulante Angebot der Kinder- und Jugendhilfe nicht ausreiche, bliebe die Obsorgeübertragung.

23-Jähriger übernahm Obsorge für seine sechs Geschwister

Konrad habe ein Mail an Bezirkshauptmann Heinz Zimper gerichtet, so der “Kurier”. Diesem sei auch ein Schreiben vom Chef des Diakonie-Flüchtlingsdienstes, Christoph Riedl, beigefügt gewesen, in dem dieser konstatierte, dass “nicht davon auszugehen” sei, dass der älteste Bruder “der Aufgabe gewachsen ist, sich um seine 6 (!) minderjährigen Geschwister zu kümmern”. Er thematisierte auch die Situation eines neunjährigen Bruders, der das Down-Syndrom hat. Insbesondere dieser benötige “ein großes Maß an Aufmerksamkeit und gezielter Unterstützung”.

Zahlreiche Schreiben an Behörde

Auch, dass die übrigen Geschwister mit der Situation nur schwer zurechtkommen, gab die Diakonie dem “Kurier” zufolge damals bekannt. Konkret heißt es in dem Schreiben: “Die schulpflichtigen Kinder sind regelmäßig übermüdet und unkonzentriert in der Schule. Sie führen das auf die Situation zuhause (…) zurück.” Im Dezember schrieb die Diakonie selbst erneut an die Behörden.

Der Elfjährige war eines von sieben Geschwistern in einer Flüchtlingsunterkunft in Baden. Der älteste Bruder, ein 23-Jähriger, hatte die Obsorge für seine drei Brüder und drei Schwestern, die allesamt minderjährig waren. Der Elfjährige erledigte Botengänge für die Familie. Die Diakonie hatte bereits im Dezember des Vorjahres Alarm geschlagen, dass der junge Mann überfordert war. Er würde seiner Aufsichtspflicht nicht nachkommen, keine Schulsachen kaufen und mit den Kindern nicht zum Arzt gehen, hieß es in dem Schreiben vom 22. Dezember des Vorjahres.

Kritik an Bezirkshauptmannschaft

“Wir sind damals davon ausgegangen, dass die BH Baden umgehend die Obsorge für die minderjährigen Kinder übernehmen muss und sich um eine adäquate Betreuung kümmert”, wurde Peter Wesely, Sprecher von Konrad, im “Kurier” zitiert. “Das Antwortschreiben der BH ist ignorant. Wären sieben österreichische Geschwister in einer ähnlichen Situation, die Behörde würde keine Sekunde zögern, eine adäquate Versorgungs- und Obsorgestruktur zu organisieren. Hier wurde weggeschaut”, sagte Wesely demnach.

(APA/Red)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Österreich
  • Selbstmord eines elfjährigen Flüchtlingsbuben: Flüchtlingskoordinator schlug Alarm