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Schockbilder auf Zigarettenpackungen kommen fix

Gefahr von Rauchen soll drastisch klar gemacht werden
Gefahr von Rauchen soll drastisch klar gemacht werden
Zigarettenpackungen werden künftig mit Schockbildern und deutlicheren Warnhinweisen versehen. Eine entsprechende vom Gesundheitsministerium vorgelegte Novelle zum Tabakgesetz hat nun mit geringfügigen Änderungen den Gesundheitsausschuss des Nationalrats passiert.

Neben den Koalitionsparteien stimmten auch die Grünen dafür, berichtete die Parlamentskorrespondenz.

Faulende Raucherbeine, geschwärzte Zahnstümpfe oder krebsbefallene Lungen – mit solchen Gruselbildern und abschreckenden Warnungen auf einem Großteil von Zigaretten- und Tabakpackungen soll die Lust am Rauchen weiter eingedämmt werden. “Rauchen ist tödlich – hören Sie jetzt auf”, muss es deshalb künftig auf jeder Packung heißen. Mit der Novelle werden außerdem Zigaretten und Tabak mit charakteristischen Aromen und bestimmten Zusatzstoffen wie Menthol und Vitaminen sowie der Verkauf von Kautabak verboten und ein Zulassungsverfahren für neuartige Tabakerzeugnisse eingeführt. Vom Verbot des Versandhandels sind ausdrücklich auch E-Zigaretten und Liquids umfasst. Scharfe Kritik an der Novelle kam von der FPÖ, auch die NEOS orten bei der Umsetzung der EU-Richtlinie erhebliche Mängel.

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australia ©So sehen Schockbilder auf Zigarettenschachteln in Australien aus. EPA

Geringfügige Änderungen wurden vom Ausschuss bei den Übergangsfristen vorgenommen. Alte Zigarettenpackungen dürfen demnach nun doch noch bis zum 31. August 2016 von den Großhändlern an Trafiken ausgeliefert werden. An der endgültigen Deadline für den Verkauf – 20. Mai 2017 – ändert sich allerdings nichts. Darüber hinaus wurden die Bestimmungen betreffend die von den Trafikanten zu leistenden jährlichen Kontrollgebühren präzisiert und die Einbindung der Wirtschaftskammer vor Erlassung der Gebührenverordnung gesetzlich normiert.

Schockbilder: Vorgaben der EU-Tabakrichtlinie

Künftig sind auf Zigarettenschachteln Schockbilder neben aufzuklärenden Warnhinweisen abzubilden – sie müssen zusammen 65 Prozent der Verpackung bedecken. Das ist weit mehr als bisher.

Aromen, die den Tabakgeschmack überdecken, müssen vom Markt verschwinden. Davon erfasst werden Aromastoffe oder technische Merkmale, die Geruch, Geschmack oder Rauchintensität überdecken oder verändern. Die Stoffe stehen im Verdacht, den Einstieg in den Tabakkonsum zu erleichtern. Für Mentholzigaretten gilt eine Übergangsfrist. Kleine Verpackungsgrößen sind für bestimmte Tabakwaren verboten, auch “irreführende Elemente auf Verpackungen”.

Um Fälschungen vorzubeugen, müssen Verpackungen zudem künftig ein individuelles Erkennungs- und ein fälschungssicheres Sicherheitsmerkmal tragen. Für neue Tabakerzeugnisse wird ein Zulassungsverfahren eingeführt.

Neu sind auch Regelungen für “E-Zigaretten”, bei denen eine Flüssigkeit verdampft und inhaliert wird. Für diese elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehälter soll es auch Werbeverbote geben. Für sie gelten künftig weitgehend die gleichen Werbebeschränkungen, wie sie für andere Tabakerzeugnisse bereits bestehen.

Ziel ist es, die Raucherquote von Jugendlichen zu senken. Auch sollen “Fälle der vorzeitigen Sterblichkeit” verringert werden.

Mit Gruselfotos gegen Glimmstängel: Fragen und Antworten

Worum geht es bei den Schockbildern auf Packungen?

Vom 20. Mai 2016 an müssen Zigaretten- und Drehtabak-Verpackungen größtenteils mit kombinierten Warnbildern und aufklärende Texte versehen werden. Zwei Drittel der Vorder- und Rückseite der Verpackungen sind dafür reserviert. 42 Fotos stehen zur Auswahl. Ein gelb hinterlegter Text soll auch Anlaufstellen für Raucher nennen, die aufhören wollen. Verpackungen, die bis 20. Mai 2016 nach alten Regeln produziert werden, können ein Jahr lang abverkauft werden. Für Zigarren- und Cigarillo-Schachteln gelten Ausnahmen – da es hier kaum jugendliche Raucher gibt und kleinere Firmen betroffen wären.

Was ändert sich künftig in der EU?

Alle Packungen mit Zigaretten oder Tabak müssen Schockfotos haben wie Raucherlungen, vergammelte Zähne oder Krebstumore. Warnhinweise wie “Rauchen tötet” und Fotos bedecken den größten Teil der Packung, nämlich 65 Prozent der Oberfläche.

Warum wird die EU aktiv?

Weil alle Kampagnen gegen das Rauchen nicht fruchten. Immer noch qualmt jeder Dritte in Europa. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sterben jedes Jahr 700 000 Europäer an den Folgen des Tabakkonsums – das entspricht in etwa der Einwohnerzahl der Stadt Frankfurt am Main. Viele Opfer sind passive Nichtraucher. Rauchen gilt als Auslöser für Krebs und Herzinfarkt und verursacht mehr Gesundheitsprobleme als Alkohol oder andere Drogen. Das kostet Europa jedes Jahr etwa 25 Milliarden Euro.

Sind die großen Gruselbilder die einzige Änderung?

Nein. Menthol-Produkte etwa sollen ab 20. Mai 2020 komplett verboten werden. Aromen, die den Tabakgeschmack überdecken, sollen vom Markt verschwinden – also Zigaretten und Drehtabak mit Aromen. Es wird von etwa 50 Aromen ausgegangen. Es geht auch um “technische Merkmale”, mit denen sich Geruch, Geschmack oder Stärke ändern lassen. Oder um Filter, Papier oder Kapseln, die Tabak oder Nikotin enthalten.

An wen richten sich Horror-Fotos und Warnhinweise?

Vor allem an Einsteiger, also junge Leute. Denn laut Europaparlament reizt die Zigarette besonders die 15- bis 25-Jährigen, die knapp ein Drittel der Raucher stellen. “Wir wissen, dass es die Kinder sind, und nicht die Erwachsenen, die mit dem Rauchen anfangen”, sagt die britische Sozialdemokratin Linda McAvan. Daher werden Päckchen mit weniger als 20 Zigaretten – die weniger kosten und damit für Kinder leichter zu erwerben sind – verboten. Das gleiche gilt für hübsche Verpackungen etwa in Lippenstift-Form.

Lassen sich Raucher denn überhaupt auf diese Weise abschrecken?

Das ist umstritten. Nach Ansicht der Deutschen Krebshilfe ist es wissenschaftlich erwiesen, dass Bilder deutlich abschreckender wirken als kleine, schriftliche Warnungen. EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg verweist auf Kanada, wo Schockbilder den Tabakkonsum reduziert haben. Dagegen bestreiten Hersteller wie Reemtsma, Philip Morris und British American Tobacco (BAT), dass dies Jugendliche vor dem Zigarettenkonsum bewahre. Experten fürchten, dass sich die Wirkung solcher schockierender Fotos schnell abnutzt. (APA/dpa/red)

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