Kurz nach 18.00 Uhr hatten die Anrainer in Frohnleiten (Bezirk Graz-Umgebung) ein lautes Geräusch gehört: “Es war, als wenn ein Schneepflug vor dem Haus vorbeirumpeln würde”, sagte ein Bewohner zur APA. Kurz darauf waren auch schon die Sirenen zu hören.
800 Tonnen Beton und Material krachen auf Gleise
Das in Bau befindliche zweite Tragwerk der Murbrücke – 300 Meter nördlich des Frohnleitner Bahnhofs – war eingestürzt. Rund 800 Tonnen Beton und Material gingen nieder und begruben mehrere Gleise unter sich. Direkt daneben floss der Autoverkehr auf der danebenstehenden Brücke der S35.
Einsturzursache noch unklar
“Noch ist die Situation etwas unübersichtlich. Wir kennen den genauen Grund noch nicht, aber es dürfte ein Lehrgerüst möglicherweise nachgegeben haben”, erklärte Rainer Kienreich, Geschäftsführer der Asfinag Service Gesellschaft, bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz nahe der Einsturzstelle am Samstagabend. Sowohl die Baufirma als auch die Statiker hätten bereits die Suche nach der Ursache aufgenommen, “aber wir brauchen Tageslicht, um den Schaden zu sehen.” Bauunternehmen werden noch in der Nacht mit den Sicherungsarbeiten anfangen, hieß es. Die eingestürzten Brückenteile sollen vor etwa zehn Tagen betoniert geworden sein.
Sieben Häuser evakuiert
Aus Sicherheitsgründen mussten sieben Häuser im Umfeld der Brücke evakuiert werden. Ein Kran, der zwischen den beiden Brücken aufgestellt ist, neigte sich durch den Druck der eingestürzten Betonteile gefährlich in Richtung der derzeit mit Gegenverkehr befahrenen Brücke. Die Schnellstraße wurde vorerst in beide Fahrtrichtungen gesperrt. Außerdem könnte der Kran bei einem Absturz die Häuser treffen. Rund 20 Bewohner mussten in einem Gasthof Unterschlupf finden. Für den früheren Bürgermeister und aktuellen Regierungskommissär von Frohnleiten, Jörg Kurasch, sei der Einsturz “unerfreulich, aber es gibt keinen Personenschaden, das ist das Wichtigste.”
Sperren: Rund 10.000 ÖBB-Fahrgäste täglich betroffen
Die ÖBB haben sich in einem Krisenstab auf massive Behinderungen im Personen- und vor allem Güterverkehr eingestellt. Laut ÖBB-Sprecher Christoph Posch sind am Sonntag rund 5.000 Fahrgäste gezwungen, in den Schienenersatzverkehr umzusteigen. Am Montag werden es rund 10.000 sein, wobei das auch für jeden folgenden Werktag gelten werde.
Im Güterverkehr sind Umwege von mehreren Hundert Kilometern nötig. Die Frage, wann die Strecke wieder freigegeben werden kann, sei derzeit noch nicht oberste Priorität: Erst müsse das Sanierungskonzept – also der Ersatzverkehr – stehen. Noch völlig unklar war am Sonntag, ob der Gleiskörper oder gar der Unterbau beschädigt wurde. Das könne angesichts der rund 800 Tonnen Material, die herabgestürzt waren, nicht ausgeschlossen werden, meinten die Experten.
Schienenersatzverkehr
Für den Schienenersatzverkehr seien laut Posch Busse aus der gesamten Steiermark, aus dem Burgenland sowie von Partnerunternehmen organisiert worden: “Wir stehen vor einem großen logistischen Aufwand.” Das größte Problem stelle derzeit noch der Güterverkehr dar. Dieser werde nun über Ungarn und Slowenien geführt. Auch die Kostenfrage sei noch offen.
Bezüglich des am Vorabend kurz vor dem Einsturz durchgefahrenen Zugs wurde Posch konkreter: “Es handelte sich um einen Schnellzug von Salzburg nach Graz, der mit rund 100 km/h unterwegs war.” Wie viele Personen in dem Zug waren, wisse er jedoch nicht. Die Garnitur sei “wenige Minuten vorher” unter der Brücke durchgefahren.
Fahrgäste, die sich über den Schienenersatzverkehr erkundigen wollen, können unter 05-1717 bei der ÖBB eine Auskunft erfragen oder auf oebb.at nachsehen. Außerdem wird an den Monitoren an den Bahnsteigen informiert
Bauarbeiten sollten Ende 2015 abgeschlossen sein
Der gesamte Sanierungsabschnitt der S35 ist rund zehn Kilometer lang und beinhaltet das Abtragen und den Neubau der Murbrücke Frohnleiten. Die Bauarbeiten sollten eigentlich Ende 2015 abgeschlossen sein. Um wie viele Wochen oder Monate sich das nun verzögert, ist noch ungewiss. (APA/red)
Du hast einen Hinweis für uns? Oder einen Insider-Tipp, was bei dir in der Gegend gerade passiert? Dann melde dich bei uns, damit wir darüber berichten können.
Wir gehen allen Hinweisen nach, die wir erhalten. Und damit wir schon einen Vorgeschmack und einen guten Überblick bekommen, freuen wir uns über Fotos, Videos oder Texte. Einfach das Formular unten ausfüllen und schon landet dein Tipp bei uns in der Redaktion.
Alternativ kannst du uns direkt über WhatsApp kontaktieren: Zum WhatsApp Chat
Es hat einen Fehler gegeben! Bitte versuche es noch einmal.Herzlichen Dank für deine Zusendung.