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Risse im Beton - Kritik und Trailer zum Film

Der 15-jährige Mikail hängt mit seinen Jungs auf der Straße ab und träumt von einem Leben als Rapper. Auf der Baustelle seines Jugendklubs lernt er Ertan kennen, der nach zehn Jahren im Gefängnis von der Zeit hinter Gittern gezeichnet ist. Ertan zeigt unvermittelt ein besonderes Interesse an ihm und lässt nichts unversucht, ihn vor jenem Schicksal zu bewahren, das ihm selbst jede Hoffnung genommen hat.

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Es gibt sie zuhauf, die negativen Zuschreibungen für Jugendliche mit Migrationshintergrund, ob in den Medien oder am Stammtisch. Der junge Wiener Regisseur Umut Dag wendet sich dem Milieu abseits von Klischees und Vorverurteilungen zu – und zeichnet mit seinem neuen Film “Risse im Beton” eine brutal ehrliche Studie eines von Gewalt geprägten Umfelds in Wiener Randbezirken. Ab Freitag im Kino.

Kurzinhalt zu “Risse im Beton”

Ertan läuft – “wie ein Idiot” – Nacht für Nacht durch die Straßen Wiens. Zehn Jahre lang saß er wegen Totschlags und Drogenbesitzes im Gefängnis. Wieder in Freiheit ist er ein gebrochener Mann, gezeichnet von der Haft und schaflos ob der eigenen Zukunft. Er will raus aus dem kriminellen Sumpf, in dem sein alter Kumpel Yilmaz noch immer steckt. Der sagt ihm: “Du kriegst dich von der Straße, aber du kriegst die Straße nicht aus dir.” Und: “Du bist und bleibst Kanake.”

Einer von Yilmaz’ Schergen ist Mikail. Der 15-Jährige hat die Schule abgebrochen, hängt mit seinen Kumpeln auf der Straße ab und verkauft in Clubs Drogen, um sein eigenes Rap-Mixtape zu finanzieren. Auf der Baustelle seines Jugendklubs mit Tonstudio lernt er Ertan kennen, der unvermittelt ein besonderes Interesse an ihm zeigt und nichts unversucht lässt, ihn vor jenem Schicksal zu bewahren, das ihm selbst jede Hoffnung genommen hat.

Umut Dag beschönigt bei seinem zweiten Spielfilm nichts. Hat sich der junge Wiener mit kurdischen Wurzeln in seinem hochgelobten Debüt “Kuma” in einer Art Kammerspiel zwei türkischen Frauen inmitten eines zerbrechlichen, von Werten geprägten Familienkonstrukts gewidmet, gibt er in “Risse im Beton” schonungslos Einblick ins Milieu kriminalitätsgefährdeter Wiener Jugendlicher mit Migrationshintergrund in den Randbezirken Wiens. Frauen sind hier nur die leidtragenden Figuren am Rande eines von Patriarchat, Gewalt und Macho-Gehabe geprägten Systems.

Kritik zum Film

Die Abwärtsspirale, in die der junge Mikail, authentisch verkörpert vom Laiendarsteller Alechan Tagaev, zwischen Geldproblemen der Mutter, Rap-Träumen, fragwürdigen Kumpeln, Spielautomaten, Nachtclubs und Drogengeschäften schlittert, scheint unaufhaltsam und ist über energiegeladene 100 Minuten geradezu greifbar. In welchem Verhältnis er zum Mittdreißiger Ertan steht, ahnt man als Zuseher rasch – dem Spannungsaufbau tut dies aber keinen Abbruch. Mit erschütternd gutem, einnehmendem Spiel bringt der türkischstämmige Shootingstar Murathan Muslu glaubwürdig eine Art von Zärtlichkeit und Fürsorge in diese harte Welt, die von Kameramann Georg Geutebrück ohne einen Schimmer von Tageslicht in grauen, dunklen Tönen gezeichnet wird.

Wie schon “Kuma” 2012 feierte auch die neueste Zusammenarbeit von Haneke-Schüler Dag und Drehbuchautorin Petra Ladinigg unter den Fittichen der Wiener Wega Film im Berlinale-“Panorama” umjubelte Premiere und geizt nicht mit Engagement und großen Gefühlen. Umut Dags Handschrift ist klar erkennbar – ohne Kitsch und doch melodramatisch erzählt er seine Geschichte, ist nah an seinen Protagonisten dran, fordert Verständnis. “Jugendliche wie er (Alechan, Anm.) sind der Grund, weshalb es mir so wichtig war, diesen Film zu erzählen”, sagt Dag, der als ältestes Kind einer kurdischen Einwandererfamilie in Wien Brigittenau aufwuchs und das Milieu u.a. aus seinen Hip-Hop-Musikvideos kennt. “Ich spüre da selbst eine Ohnmacht, nichts tun zu können, diese Kids wachzurütteln.” Vielleicht schafft das ja dieser Film.

Trailer zum Film “Risse im Beton”

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