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Registrierkassenpflicht: Erleichterungen nach Sturmlauf

Kritik auch an Ausweitung der Steuerbegünstigung für Vereinsfeste auf 72 Stunden
Kritik auch an Ausweitung der Steuerbegünstigung für Vereinsfeste auf 72 Stunden ©APA


Nach dem Sturmlauf mehrerer Organisationen und Branchenvertretungen gegen die bisherige Ausgestaltung der Registrierkassenpflicht hat der Ministerrat am Dienstag Erleichterungen für gemeinnützige Vereine und kleine Betriebe beschlossen. Mit dem Maßnahmenpaket sollen auch bürokratische Hürden abgebaut und das Engagement in gemeinnützigen Vereinen und politischen Organisationen unterstützt werden.

Die nunmehr geplanten Erleichterungen sehen vor, das Umsätze von Unternehmen, die außerhalb von festen Räumlichkeiten erzielt werden, von der Registrierkassenpflicht ausgenommen und eine einfache Losungsermittlung ermöglicht werden soll (“Kalte-Hände-Regelung”). Das soll gelten, wenn der außerhalb des Betriebes erzielte Jahresumsatz 30.000 Euro nicht überschreitet.

Keine Registrierkassenpflicht soll es auch für Alm-, Berg-, Ski- und Schutzhütten geben, wenn die Umsätze 30.000 Euro nicht überschreiten. Entfallen soll die Registrierkassenpflicht auch für Kreditinstitute.

Das Inkrafttreten für die verpflichtende technische Sicherheitseinrichtung von Registrierkassen wird von 1. Jänner auf 1. April 2017 verschoben.

Erleichterungen für gemeinnützige Vereine

Erleichterungen soll es auch für gemeinnützige Vereine geben. Feste von Vereinen und Körperschaften öffentlichen Rechts – wie zum Beispiel Feuerwehren – sollen im Ausmaß von bis zu 72 Stunden im Jahr einer steuerlichen Begünstigung unterliegen. Bei derartigen Veranstaltung besteht keine Registrierkassenpflicht.

Für politische Parteien sollen die gleichen Regelungen gelten, mit der Einschränkung, dass eine steuerliche Begünstigung nur für ortsübliche Feste zusteht. Dies ist dann gegeben, wenn der Jahresumsatz 15.000 Euro nicht überschreitet und die Überschüsse für gemeinnützige oder politische Zwecke verwendet werden. Die Beschränkungen sollen unabhängig von der Rechtsstruktur jeweils auf Ebene der derzeit bestehenden kleinsten Organisationseinheit – Bezirks- oder Ortsebene – gelten.

Keine Registrierkassen für Vereinskantinen

Für den Kantinenbetrieb von gemeinnützigen Vereinen – zum Beispiel Fußballverein – soll es künftig keine Registrierkassenpflicht geben, wenn die Kantine an maximal 52 Tagen im Jahr geöffnet und ein Umsatz von maximal 30.000 Euro erzielt wird.

Gewährleistet werden soll auch, dass die freiwillige und unentgeltliche Mitarbeit von Vereinsmitgliedern bei Vereinsfesten – insbesondere bei Zusammenarbeit mit Gastronomen – keine lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit begründet. Generell soll die Zusammenarbeit zwischen Gastronomen und gemeinnützigen Vereinen erleichtert werden, ohne dass dadurch die steuerlichen Begünstigungen für den Verein verloren gehen.

Bei unentgeltlicher Mitarbeit von vereinsfremden Personen etwa bei kleinen Vereinsfesten soll der Verein seine steuerlichen Begünstigungen ebenfalls nicht verlieren.

Zuwendungen von Vereinen an seine Mitglieder – zum Beispiel im Rahmen von Weihnachtsfeiern – sollen im Ausmaß von bis zu 100 Euro pro Vereinsmitglied möglich sein, ohne das dies steuerschädlich für den Verein ist.

Landeshauptmann Wallner zufrieden

Landeshauptmann Markus Wallner begrüßt diese Entscheidung: “Die Vorschläge aus Vorarlberg wurden berücksichtigt. Besonders für die zahlreichen Vereine, in denen große Unzufriedenheit herrscht, sind maßgebliche Verbesserungen auf den Weg gebracht worden”, betont Wallner.

Gastronomie kritisiert Gleichstellung von Parteien

Kritik am vom Ministerrat beschlossenen Maßnahmenpaket für Erleichterungen bei der Registrierkassenpflicht kommt auch von den österreichischen Wirten. Die Entlastungen mit einen “Freibrief zum Veranstalten von Festen für die politischen Parteien zu verknüpfen, ist sicher nicht im Sinne unserer Betriebe”, so der Obmann des Fachverbandes Gastronomie, Mario Pulker, am Dienstag einer Aussendung.

“Es wurden zwar wesentliche und längst überfällige Erleichterungen für die Branche beschlossen. Zunichtegemacht wird dieser Erfolg aber durch die gleichzeitig beschlossene Parteienfinanzierung auf Kosten der kleinen Dorfwirte”, kritisiert Pulker und kündigt an, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um diese neue Regelung zu bekämpfen, sollte sie tatsächlich den Nationalrat passieren. “Die Politik hat scheinbar das Gespür für die wahren Bedürfnisse der kleinen Wirte am Land verloren”, so Pulker.

Die jährlichen negativen Effekte für die Gastronomie schätzt Pulker auf 95 Mio. Euro – alleine, wenn etwa die Jugendorganisationen der drei größten Fraktionen Feste im dann erlaubten Ausmaß veranstalten würden. Zudem müssten die Einnahmen nicht einmal dem Gemeinwohl zukommen, sondern könnten auch für Parteizwecke verwendet werden. Die mögliche zusätzliche Parteienfinanzierung in Höhe von 95 Mio. Euro würde mehr als ein Drittel der gesetzlichen Parteienförderung von rund 250 Mio. Euro im Jahr ausmachen.

Erst kürzlich sei der renommierte Verfassungsexperte, Prof. Heinz Mayer, in einem Gutachten zum Schluss gekommen, dass eine Gleichstellung der politischen Parteien mit den gemeinnützigen Vereinen in mehrfacher Weise gegen die österreichische Verfassung verstoßen würde, so Pulker weiter.

NEOS sprechen von versteckter “Parteienförderung”

Auch die NEOS sprechen in einer Presseaussendung von “Parteienförderung durch die Hintertür”. Für Parteien und ihre Vorfeldorganisationen dürfe es keine Ausnahmen geben, fordert NEOS-Bundesgeschäftsführer Feri Thierry. Er fordert eine umfassende Gesetzgebung zur Parteienfinanzierung mit dem Schwerpunkt der Halbierung der derzeitigen Parteienförderung.

Gemeindebund erfreut über Erleichterungen

Erfreut über die geplanten Erleichterungen bei der Registrierkassenpflicht für Vereine und Freiwilligenorganisationen zeigt sich Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer. “Allen Beteiligten ist offenbar im letzten Moment klar geworden, dass es hier um die Zukunft der Freiwilligenarbeit in unserem Land geht”, so Mödlhammer in einer Aussendung. Nun sollte auch der einfache und durchschaubare Vollzug sichergestellt werden.

Über die geplanten Erleichterung freut sich auch die Österreichische Bundes-Sportorganisation (BSO). Die von der BSO geforderte Ausweitung der steuerlichen Begünstigung von Vereinsfesten von 48 Stunden auf bis zu 72 Stunden im Jahr bringe eine spürbare Erleichterung für mehr als 14.000 österreichische Sportvereine, da diese Vereinsfeste nicht der Registrierkassenpflicht unterliegen, so BSO-Präsident Herbert Kocher in einer Aussendung.

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