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Regierung will geschlossen gegen Pkw-Maut kämpfen

Die geplante Einführung einer Pkw-Maut auf sämtlichen Straßen in Deutschland lässt die Wogen in der österreichischen Politik am Rande der Bewältigung der milliardenschweren Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria weiter hoch gehen. Die Regierung betonte am Dienstag ihre Geschlossenheit, nachdem ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka am Montag noch auf die mögliche Europarechtskonformität verwies.
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Nun kündigten sowohl Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) als auch Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) die Prüfung aller rechtlichen Schritte an. Zahlreiche Experten finden die Regelung nicht EU-rechtskonform, weil sie Ausländer diskriminiert. Dies wiederum relativierte der (gebürtige deutsche) Verkehrsexperte Sebastian Kummer, Vorstand des Institut für Transportwirtschaft und Logistik an der WU-Wien. “Eine Klage birgt immer gewisse Risiken und hohe Kosten. Auch ist eine Argumentation gegen die Kompensation nicht unproblematisch, denn eine Kompensation über eine Reduktion der Kfz-Steuer hat Österreich bei der Einführung der Lkw-Maut auch angewendet”, so Kummer.

Und auch Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ), die den Deutschen seit Monaten mit Klagen droht, hatte schon einmal einen etwas anderen Zugang. Die Wiedereinführung der Vignettenkontrolle auf der Inntalautobahn zwischen Kufstein-Nord und Kufstein-Süd hatte in Bayern für Ärger gesorgt, was wiederum Österreich nicht nachvollziehen konnte. “Es ist aber den Reisenden, die in die Urlaubsregion Kitzbühel fahren, durchaus zuzumuten, dass sie sich eine 10-Tages-Vignette kaufen, die wenig mehr als acht Euro kostet”, argumentierte die Verkehrsministerin Bures im Sommer des Vorjahres.

Mittlerweile mehren sich die Stimmen die nach einem “Revanchefoul” rufen – also ebenfalls einer Bemautung der Landstraßen für Ausländer. “Diese ewige Klagsdrohung von Doris Bures wird nicht verlockender, nur weil sie gebetsmühlenartig wiederholt wird”, so FPÖ-Verkehrssprecher Gerhard Deimek. Er meint, man könne in Österreich das deutsche Modell weitgehend übernehmen. Dem halten Experten von ÖAMTC und Asfinag entgegen, dass dies mit einem gewaltigen administrativen Aufwand verbunden wäre und die Kontrolle der Vignette kaum möglich wäre.

Ein ernüchterndes Fazit der österreichischen Verkehrspolitik zogen die Frächter. Die Mautdiskussion sei “scheinbar willkommener Anlass, um vom eigenen Gestaltungsunwillen in Sachen österreichischer Verkehrspolitik abzulenken (…) Sämtliche wichtige Entscheidungen werden vertagt, sei es beim Thema der Aufhebung des Lkw-Nacht-60ers oder bei der bundesländerübergreifenden Erteilung von Ausnahmegenehmigungen. Jetzt mit dem Finger auf andere zu zeigen und empört den Gang zum Europäischen Gerichtshof zu fordern, ist nichts anderes, als von eigenen Versäumnissen abzulenken”, so der neue Obmann des Fachverbandes Güterbeförderung, Franz Danninger.

In den an Deutschland angrenzenden Bundesländer ist die Aufregung groß – auch wenn der voraussichtliche Preis einer Jahresvignette in etwa einer Tankfüllung oder dem Preis von ein bis zwei Sommerreifen entspricht. Sollten die Preise für Österreicher, wie für Deutsche, gestaffelt werden dann könnten für einen Kleinwagen im Jahr nicht einmal 30 Euro anfallen.

Werde aber das flächendeckende Mautmodell tatsächlich eingeführt, dann seien Gespräche mit Deutschland zu führen, um Ausnahmeregelungen etwa für das kleine Deutsche Eck und für Kurzstrecken von Salzburg nach Bayern auszuverhandeln, so Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Etwas anders sieht man das in Tirol.

Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und seine Stellvertreterin und Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) halten eine Klage für nicht sinnvoll. Vielmehr wäre für beide das deutsche Modell auch für Österreich zu überlegen, meinten sie. “Wir haben viele Mautflüchtlinge. Mit einer Bemautung aller Straßen könnten wir dieses Problem in den Griff bekommen”, erklärte Platter.

Europaabgeordnete aus Österreich, den Niederlanden und Polen haben sich am Dienstag gegen die deutschen Pläne verbündet. “Die politische Intention der deutschen Pläne ist ganz klar Diskriminierung”, erklärten die konservativen EU-Abgeordneten Claudia Schmidt (ÖVP), Wim van de Camp (Niederlande) und Elzbieta Lukacijewska (Polen) in einem gemeinsamen Statement.

Dobrindts Pläne stoßen aber auch im eigenen Land auf Bedenken. In Grenzregionen werden Sorgen vor negativen Folgen für Pendler und die Wirtschaft laut. Gegen eine mögliche Kontrolle der Vignettenpflicht durch die Polizei machen deren Gewerkschaften Front.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hält vorerst einen gewissen Abstand zum großen Projekt ihres Verkehrsministers und seiner CSU. Nicht zuletzt, weil die CDU-Vorsitzende Merkel im Wahlkampf vor einem Millionenpublikum im TV-Duell sagte: “Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben.”

Dass sein Konzept mit einer Abgabe für alle Autos auf allen Straßen plus Kfz-Steuerentlastung für Einheimische erst ein Anfang ist, weiß auch Dobrindt. “Es war Aufgabe des Verkehrsministers, einen Vorschlag zu unterbreiten”, sagte er am Montag. Das habe er nun getan und freue sich auf die weiteren Diskussionen. “Wir sind vom Vorschlag schwer beeindruckt”, spottete daraufhin der Vorsitzende des Autofahrerclubs ACE, Stefan Heimlich: “Jetzt fehlt nur noch die Zustimmung der Kanzlerin, des Finanzministers, der EU-Kommission, der Koalition, des Bundestages, des Bundesrates und der Städte und Gemeinden.”

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