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Rätselraten um Giftgasangriff in Kobane - IS erbeutet deutsche Handgranaten

Die Schlacht um Kobane hat an Intensität zugenommen.
Die Schlacht um Kobane hat an Intensität zugenommen. ©EPA
Im Kampf um die syrische Stadt Kobane zweifeln Menschenrechtler bisher am Einsatz von Giftgas durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Am Dienstag Abend kamen aus der belagerten Stadt Meldungen, die von entsprechenden Verletzungen kurdischer Verteidiger berichteten.
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“Ich werde keine solche Behauptung aufstellen, bevor es keine Bestätigung von Befehlshabern der YPG gibt”, sagte Rami Abdel Rahman, Leiter der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte der dpa am Mittwoch. Vonseiten der YPG, der kurdischen Volksschutzeinheiten, die die umkämpfte Enklave verteidigen, gab es zunächst keine offizielle Stellungnahme.

Symptome eines Giftgasangriffs

Quellen in Kobane hatten in der Nacht berichtet, zahlreiche Einwohner würden an Atemnot, tränenden Augen und Hautverbrennungen leiden und Symptome eines Giftgasanschlages zeigen.

Die Ärzte vor Ort konnten einen möglichen Einsatz solcher Waffen durch den IS allerdings bisher nicht verifizieren. Bereits in den vergangenen Tagen gab es immer wieder falschen Alarm wegen angeblichen Giftgasangriffen.

Heftige IS-Angriffe auf Kobane

Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle hatten IS-Kämpfer in der Nacht den kurdischen Verteidigern erneut schwer zugesetzt. Es habe mehrere heftige Explosionen gegeben. Bei Kämpfen im Osten der Stadt seien mindestens 30 Dschihadisten und elf YPG-Kämpfer getötet worden. Die IS-Kämpfer würden wie in den Tagen zuvor weitere Verstärkung aus dem Umland zusammenziehen.

Handgranaten aus Deutschland in IS-Hand

IS-Kämpfer haben deutsche Handgranaten älterer Bauart präsentiert. Auf einem im Internet hochgeladenen Video packen Extremisten Granaten aus, deren Behälter die Aufschrift “DM41” tragen – die Typbezeichnung eines älteren deutschen Fabrikats. Unklar ist, aus welchen Beständen die Waffen stammen und wie sie den Weg nach Syrien gefunden haben.

Waffen auf IS-Stellung abgeworfen?

Auf dem am Dienstag im Internet hochgeladenen Video zeigen Extremisten zunächst eine auf einem Feld niedergegangene Fallschirmladung. Die
USA hatten zu Wochenbeginn Waffen
aus kurdischen Beständen für die Verteidiger der nordsyrischen Stadt Kobane abgeworfen. Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle landete mindestens ein Waffenabwurf in den Händen des IS.

Ein deutscher Bundeswehrsprecher sagte am späten Dienstagabend der Nachrichtenagentur dpa, Granaten des im Video gezeigten Typs seien nicht kürzlich an die kurdischen Peschmerga-Einheiten im Nordirak geliefert worden. Vielmehr hätten die Kurden dort das Nachfolgemodell “DM51” erhalten. Die Bundeswehr hatte die Kurden im Irak im Kampf gegen den IS mit Waffen ausgestattet. Über die “DM41”-Granaten hatte zuvor der Blog-Autor Thomas Wiegold geschrieben.

USA: “Wir wissen es nicht”

Das US-Verteidigungsministerium hält es für möglich, dass von den 28 abgeworfenen Bündeln mindestens eines versehentlich an den IS gelangte. Pentagonsprecher John Kirby sagte, bestätigen könne er Berichte, nach denen der IS die Waffen in Besitz genommen hat, aber nicht. “Die kurze Antwort ist: Wir wissen es nicht.”

Am Montag hatte das Zentralkommando in Florida noch mitgeteilt, dass in der Nähe von Kobane eine herrenlose Ladung Waffen zerstört wurde. Damit wolle man verhindern, dass diese in die falschen Hände geraten. Kirby sagte dagegen am Dienstag, dass das Bündel zwar getroffen worden sei. Ob es tatsächlich zerstört wurde, sei aber nicht klar. Selbst wenn ein Bündel sein Ziel nicht erreicht habe, sei die Erfolgsquote der Abwürfe aber äußerst hoch.

Luftschläge gegen IS

Die US-geführte Koalition fliegt weiter Luftangriffe auf Kobane. (EPA)
Die US-geführte Koalition fliegt weiter Luftangriffe auf Kobane. (EPA) ©Die US-geführte Koalition fliegt weiter Luftangriffe auf Kobane. (EPA)

US-Kampfflugzeuge setzten unterdessen ihre Luftangriffe nahe Kobane fort. Seit Montag seien vier Angriffe geflogen worden. Dabei seien eine “große IS-Einheit” sowie weitere Stellungen der Milizen und ein von ihnen besetztes Gebäude zerstört worden, teilte das US-Zentralkommando am Dienstag mit. Im Irak zerstörten demnach Kampfflieger eine IS-Stellung nahe einer Ölraffinerie sowie südöstlich des Mossul-Staudamms. Auch Verbündete hätten Angriffe auf IS-Milizen im Irak geflogen. Alle Flugzeuge seien sicher zurückgekehrt.

Heftige Kämpfe

Der IS hatte zuvor seinen Ansturm auf Kobane forciert. Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden neue Einheiten der radikalen Islamisten aus den vom IS kontrollierten syrischen Städten Al-Raqqa und Jarabulus abgezogen.

Ein Video aus der belagerten Stadt verdeutlicht die Intensität, mit der die Kämpfe in der Stadt toben. Aufgenommen von kurdischen Verteidigern, zeigt es wie von der YPG erbeutete Flakpanzer vom Typ ZSU-23-4 in den Kampf eingreifen. Der IS widerum hatte Fahrzeuge dieses Typs von der syrischen Armee erbeutet und in die Schlacht um Kobane geworfen.
Auf kurdischer Seite waren nach Angaben der türkischen Regierung bis Dienstagabend noch keine verbündeten Peschmerga-Kämpfer aus dem Nordirak eingetroffen. Die Türkei hatte am Montag kurdischen Kämpfern aus dem Irak eine Einreiseerlaubnis nach Kobane erteilt.
(red/APA/dpa)
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