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Problem-WM? Ländle-Brasilianer sind skeptisch

Ausschreitungen in Rio
Ausschreitungen in Rio ©EPA
Der Tod eines 21-Jährigen bei einem Einsatz der Militärpolizei führte am Montag zu Ausschreitungen in Rio. WANN & WO hat mit den Ländle-Kickern Thiago und Para über die Unruhen vor der WM gesprochen.

WANN & WO: Was bekommt ihr aus Brasilien über die Situation mit?

Thiago: Was man von den Medienberichten glauben kann, weiß ich nicht genau. Aber weil für die WM dermaßen viel Geld aufgewendet wird, sind die Leute in Brasilien angefressen. Mit dem Geld könnte man vielen helfen, denen es immer schlechter geht. Leider läuft hier sehr vieles falsch. Viele fragen sich auch, warum die WM in Brasilien teurer ist, als in anderen Ländern. Das kann nicht mit rechten Dingen zugehen.

Para: Es gibt ein starkes Bestreben, die sozialen und wirtschaftlichen Probleme, die derzeit herrschen, zu lösen. Viele wünschen sich eine bessere Zusammenarbeit zwischen Politik und Bevölkerung, um Korruption zu bekämpfen und die WM zu einem großen Fest zu machen.

WANN & WO: Was für einen Stellenwert hat Fußball in Brasilien?

Thiago: Das Land lebt für Fußball und für viele ist die WM eine riesengroße Party. Schon im Vorfeld werden z.B. viele Straßen in ganz Brasilien grün-gelb angemalt. Ich selbst habe das als Kind bei den Weltmeisterschaften 1994 und 1998 gemacht. Zwar verblassen die Farben langsam, aber diese beiden Straßen sind nach wie vor grün-gelb.

Para: Schon im Bauch der Mutter haben Brasilianer Fußball im Blut. Die größten Fußballer der Welt kommen aus Brasilien und der Sport ist eine regelrechte „Volkskrankheit“.

WANN & WO: Glaubst du, dass es auch während der WM zu Unruhen kommen wird?

Thiago: Es wird bestimmt auch dort zu Demonstrationen kommen. Die Regierung und die Polizei werden darauf vorbereitet sein. Ich befürchte, die Lage wird ziemlich sicher eskalieren, gehe aber davon aus, dass sogar das Militär eingreifen wird, wenn nötig. Ein Eklat bei der WM wäre sehr schlimm für Brasilien.

Para: Das wird sich ziemlich sicher nicht vermeiden lassen. Ich glaube aber, viele wünschen sich bei der WM nur Frieden und Sicherheit. Im Oktober 2014 wird es in Brasilien Wahlen geben. Da wird das Volk mit der Regierung abrechnen.

WANN & WO: Was erwartest du dir persönlich von der WM?

Thiago: Brasilien muss den Titel holen! Ich werde im Sommer selbst endlich wieder in die Heimat fliegen. Leider habe ich keine Tickets mehr bekommen. Für mich sind aber der Besuch meiner Familie und das Umfeld der WM wichtiger, als direkt im Stadion zu sein. Brasilien ist ein sehr schönes Land und ich fühle mich nach wie vor sehr stark mit meiner Heimat verbunden.

Para: Die Leute werden das Land des Fußballs in Grün und Gelb kleiden. Entsprechend der brasilianischen Kultur werden sie ihre Leidenschaft für den Fußball für alle spürbar machen und auf ihre eigene Art und Weise kreativ protestieren.

3 Aufreger im Vorfeld der WM

200.000 auf der Straße

Im Rahmen des Confed-Cups, der Generalprobe für die WM, gingen im Juni 2013 über 200.000 Menschen auf die Straße und demonstrierten gegen eine geplante Erhöhung der Fahrpreise für öffentliche Verkehrsmittel und Korruption im Rahmen der WM. Ein Großteil der brasilianischen Bevölkerung ist unzufrieden, weil für die WM Milliarden zur Verfügung stehen, während das Sozial- und Gesundheitssystem vernachlässigt werden.

Korruption

Laut Umfragen sind rund 70 Prozent der Brasilianer überzeugt, dass ein großer Teil der WM-Milliarden auf privaten Konten landen wird. Damit dürften sie wohl recht haben, wie ein Beispiel aus der Hauptstadt Brasilia zeigt: Vom Flughafen zum Stadion hätte dort eine neue Schnellbahnlinie gebaut werden sollen. Schon vor Beginn der Bauarbeiten wurde das Projekt wegen Betrugsverdachts abgesagt.

Stadion im Amazonas

In Manaus wurde für 224 Millionen Euro ein neues Stadion mit Platz für 42.374 Zuschauer gebaut. Bei den regionalen Fußballclubs liegt der Zuschauerschnitt allerdings nur bei knapp 450 pro Spiel.

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