“Ziel dieser Stiftung ist eine Akademie für den ländlichen Raum”, erläuterte Pröll-Sprecher Peter Kirchweger am Dienstag in einer Aussendung. “Die dafür vorgesehenen beschlossenen öffentlichen Gelder liegen in voller Höhe unangetastet auf Konten des Landes und der Stiftung.” Letztere werde noch dazu “jährlich von einem gerichtlich bestellten unabhängigen Stiftungsprüfer geprüft”. Es handle sich um eine “vor neun Jahren mit Privatspenden korrekt gegründete gemeinnützige – allgemein bekannte – Stiftung, die per Beschluss der NÖ Landesregierung jährlich gefördert wird”, so Kirchweger weiter.
Die Wiener Wochenzeitung “Falter” ließ am Dienstag von “streng vertrauliche Akten aus dem Büro von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll” wissen, die veröffentlicht würden. Die Unterlagen seien von einem Whistleblower zugespielt worden. “Die Dokumente geben Einblicke in ein intransparentes feudalistisches System eines der mächtigsten österreichischen Politiker.”
Ex-NÖ-Finanzlandesrat Sobotka verteidigt Stiftung
Jährlich 150.000 Euro
Laut “Falter” hat die “Dr. Erwin Pröll Privatstiftung” 1,35 Millionen Euro Subvention erhalten, 300.000 seien bereits ausbezahlt worden. Das bestätigte auch Kirchweger auf APA-Anfrage. Die Gelder seien auf den bekannten Konten vorhanden. Laut “Falter” hatten der nunmehrige Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und seine Nachfolgerin als Landeshauptmann-Stellvertreter, Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), in den vergangenen neun Jahren für die Stiftung jährlich 150.000 Euro Subvention – insgesamt somit 1,35 Millionen Euro – beantragt.
Prüfer kann Aufregung “nicht nachvollziehen”
Von einer “Aufregung, die ich nicht nachvollziehen kann”, sprach am Dienstag der Wirtschaftsprüfer Walther Schnopfhagen. Er ist “seit Jahren”, wie er betonte, der Stiftungsprüfer der Privatstiftung Erwin Prölls.
Man habe mit 150.000 Euro begonnen, erläuterte Schnopfhagen auf APA-Anfrage. Gefolgt sei eine Zustiftung mit 300.000 Euro aus öffentlichen Geldern, die “zur Gänze vorhanden” seien. Zum Großteil verwendet worden seien hingegen die ursprünglichen 150.000 Euro. Bedürftige, Kinder wie Erwachsene, und Einrichtungen seien “ausschließlich” aus diesen Geldern gefördert worden.
Rechnungshof schließt Prüfung nicht aus
Der Rechnungshof schließt eine Prüfung der Stiftung nicht aus. “Der Rechnungshof wird gegebenenfalls die notwendigen Schlüsse für sein Prüfprogramm daraus ziehen”, schrieb RH-Sprecher Christian Neuwirth am Mittwoch auf Twitter.
“Der Rechnungshof kündigt aus guten Gründen in der Regel nicht an, ob und wen er prüfen wird. Der Rechnungshof verfolgt aber stets die aktuelle Berichterstattung, wie jetzt auch rund um die Erwin-Pröll-Stifung”, so der Sprecher weiter.
Laut “Salzburger Nachrichten” (Mittwochausgabe) können die Zuwendungen des Landes vom niederösterreichischen Landesrechnungshof erst geprüft werden, wenn die öffentlichen Gelder verwendet werden. Landesförderungen könne man erst prüfen, wenn die Projekte konkret seien. “Für eine Privatstiftung sind wir nicht zuständig”, wird Landesrechnungshofdirektorin Edith Goldeband in den “SN” zitiert.
Der frühere Rechnungshofspräsident Franz Fiedler sieht dies anders und fordert eine Prüfung durch Bundes- und Landesrechnungshof. “Auch wenn das Geld noch nicht verwendet wurde, es ist einmal geflossen. Es ist geflossen aus dem Haushalt Niederösterreichs und es kann daher der Rechnungshof überprüfen, ob es nun zweckmäßig ist, diese Gelder anzusparen, wie es offenbar der Fall oder ob nicht eine andere Vorgangsweise sinnvoller gewesen wäre” sagte Fiedler am Mittwoch im “Ö1-Morgenjournal”.
Mitterlehner ortet “künstliche Aufregung”
ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner kann die Empörung nicht nachvollziehen. Die Fakten seien bereits seit Jahren bekannt: “Ich sehe keinen neuen Sachverhalt”, so der Vizekanzler am Rande einer Pressekonferenz am Mittwoch in Pöllauberg. Er sieht die ganze Problematik als “einigermaßen künstliche Aufregung”.
Er verwies darauf, dass die Beschlüsse in Niederösterreich “in voller Transparenz” erfolgt seien, auch die Zwecke seien sichtbar und nachvollziehbar. Es gebe daher keinen neuen Sachverhalt. Laut Angaben eines Prüfers seien auch “keine Mittel geflossen”, es bestehe auch”volle Offenheit” betreffend Rechtsrahmen und politische Zielsetzungen.
Dass es möglicherweise andere Meinungen gebe, sei in einem politischen Prozess wahrscheinlich, er teile jedoch die Meinung von Pröll und seinem Team, betonte Mitterlehner weiters.
SPÖ-Rechnungshofsprecher sieht Handlungsbedarf
Auch die Oppositionsparteien im Nationalrat fordern Aufklärung durch den Bundesrechnungshof. Die Grünen schrieben einen offenen Brief und die NEOS kündigten einen Sonderprüfungsantrag an. Auch SPÖ-Rechnungshofsprecher Elmar Mayer sieht “Handlungsbedarf”.
Mayer geht davon aus, dass Transparenz auch im Interesse Prölls sei. Dem NEOS-Antrag auf Sonderprüfung durch den Rechnungshof steht er abwartend gegenüber, dies sei das gute Recht der Opposition. Mayer nimmt an, dass der Rechnungshof von selber tätig wird und verwies dabei auf die Aussagen von Ex-RH-Präsident Franz Fiedler.
Der Rechnungshofsprecher der ÖVP, Hermann Gahr, sagte, er wolle sich zuerst ein Bild machen – bis zur nächsten Sitzung des Rechnungshofausschusses am 19. Jänner. Aber wenn es Bedarf gebe und es im öffentlichen Interesse sei, stünde er einer Prüfung nicht im Weg.
Auch Grüne fordern Prüfung
Die Grüne Rechnungshofsprecherin Gabriela Moser forderte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker auf, “angesichts der außergewöhnlichen Tragweite der Sachlage” eine amtswegige Prüfung in die Wege zu leiten. Die FPÖ hält dies ebenso erforderlich und auch das Team Stronach fordert Transparenz.
Die RH-Sprecherin der NEOS, Claudia Gamon, sieht ein Tätigwerden des Bundesrechnungshofes als “unumgänglich”, da für eine Prüfung des Landesrechnungshofes in Niederösterreich “die Zustimmung des mit absoluter Mehrheit regierenden Landesfürsten Erwin Pröll notwendig wäre”.
Der Steuerrechtsexperte Werner Doralt äußerte im “Ö1-Mittagsjournal” unterdessen Zweifel, ob Prölls Stiftung tatsächlich gemeinnützig ist. “Offenkundig wird hier die Bezeichnung ‘gemeinnützig’ dazu verwendet, um dann vom Land entsprechende Gelder loszueisen”, so Doralt.
(APA)
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