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Paris-Terror: Was wir bislang wissen und was nicht

Paris-Terror - Was ist passiert und wer sind die Täter? Fragen und Antworten zu den Anschlägen von Paris.
Paris-Terror - Was ist passiert und wer sind die Täter? Fragen und Antworten zu den Anschlägen von Paris. ©Polfoto via AP
Wer waren die Angreifer, wo sind ihre Komplizen und wer sind die Auftraggeber? Nach den blutigen Anschlägen in Paris mit mehr als 120 Toten zeichnen sich schwierige und langwierige Ermittlungen ab. Was wir bislang wissen und was nicht: die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
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Erste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die offensichtlich koordinierten Angriffe von einer gut organisierten Gruppe verübt wurden. Nach dem Bekenntnis der Jihadistenmiliz “Islamischer Staat” (IS) gehen die Ermittler auch einer Spur ins Ausland nach. Schon jetzt ist klar, dass die Terrorserie von Paris verheerende Auswirkungen hatte. Viele Fragen sind aber auch noch offen.

Was wir wissen:

– Die Attacken wurden von mindestens acht Tätern verübt. Sie schlugen am Freitagabend an sechs Orten in der französischen Hauptstadt nahezu gleichzeitig zu, schossen wahllos auf Menschen und zündeten mehrere Bomben. Alles deutet darauf hin, dass es sich um eine minutiös vorbereitete Aktion handelt.

– Die mit Abstand meisten Opfer gab es beim Überfall auf eine ausverkauftes Rockkonzert in der Konzerthalle “Bataclan”. Auch auf mehrere Cafés und Restaurants in der Nähe wurden Anschläge verübt. Explosionen gab es außerdem vor dem Fußball-Stadion Stade de France, wo die deutsche Nationalmannschaft gegen Frankreich spielte.

– Insgesamt töteten die Terroristen mindestens 128 Menschen. Rund 250 weitere wurden verletzt, davon viele schwer.

– Die acht Angreifer starben. Ein Terrorist wurde von der Polizei erschossen, die anderen sprengten sich selbst in die Luft.

– Frankreichs Präsident François Hollande machte am Samstagvormittag die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verantwortlich und sprach von einem “Kriegsakt”. Der IS bekannte sich in einer zunächst nicht verifizierbaren Erklärung im Internet zu den Anschlägen.

– Schon vorher hatte es geheißen, bei dem Überfall auf das “Bataclan” habe einer der Angreifer “Allah ist groß” gerufen. Ein Augenzeuge berichtete, dass die Terroristen ihre Tat mit Frankreichs Militäreinsatz in Syrien begründet hätten.

– Ein Attentäter ist französischer Staatsangehöriger. Bei einem anderen der toten Terroristen wurde ein syrischer Pass gefunden. Laut griechischen Behörden soll der Inhaber des Passes Anfang Oktober als Flüchtling auf der Insel Leros registriert worden sein. Dem Sender BFMTV zufolge wurde auch ein ägyptischer Ausweis gefunden. Womöglich führt die Spur der Attentäter auch nach Brüssel. Dort begann am Samstagabend ein großer Polizeieinsatz.

– Die französische Regierung hat den Ausnahmezustand verhängt. In Paris blieben so gut wie alle öffentlichen Einrichtungen wie Museen, Bibliotheken oder Sporthallen am Samstag geschlossen. Auch der Eiffelturm bleibt bis auf weiteres für Besucher gesperrt. Die Hospitäler waren in Alarmbereitschaft.

Was wir nicht wissen:

– Auch am Samstagabend war noch offen, ob unter den Opfern Deutsche sind. Das Auswärtige Amt hat einen Krisenstab eingerichtet.

– Unklar ist auch, ob mit den acht Angreifern alle Terroristen getötet wurden oder es noch weitere Attentäter oder Komplizen gibt. Damit ist auch offen, ob die Terrorserie tatsächlich beendet ist oder weiter akute Gefahr besteht.

– Bisher ist kaum etwas über die Identität der Täter bekannt. Kamen sie aus dem Ausland oder lebten sie in Frankreich? In welcher Verbindung standen sie zueinander, wie organisierten sie sich? Und planten sie die Anschläge eigenständig, oder wurden sie von Hintermännern instruiert und gesteuert? Waren sie bisher völlig unauffällig oder womöglich bereits im Visier der Sicherheitsbehörden? Damit hängt auch die Frage nach eventuellen Versäumnissen zusammen.

– Rätsel gibt ein Mann aus Montenegro auf, der vor gut einer Woche von der Polizei in Oberbayern mit Maschinenpistolen, Handgranaten und Sprengstoff im Auto gestoppt wurde. Angeblich war er damit auf dem Weg nach Paris. Ein Zusammenhang mit den Anschlägen wird geprüft.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Ermittlungen:

Was ist geschehen?

Die Ermittler versuchen anhand der Aussagen von Augenzeugen und Videoaufnahmen eine genaue Chronologie der Anschläge zu rekonstruieren. Gegen 21.20 Uhr sprengten sich am Stade de France im Norden von Paris drei Attentäter in die Luft. Fast zeitgleich eröffneten Attentäter in mehreren Straßen im Osten von Paris das Feuer auf Cafes, Bars und Restaurants.

Anschließend griffen vier Attentäter im selben Viertel den Konzertsaal Bataclan an, wo sie mindestens 82 Menschen töteten, bevor sie sich selbst in die Luft sprengten beziehungsweise erschossen werden. Handelt es sich um die selben Männer, die zuvor auf die Cafés feuerten? Wahrscheinlich ja, glaubt die Polizei, will aber nicht ausschließen, dass überlebende Attentäter geflohen sind.

Wer waren die Attentäter?

Gerichtsmediziner untersuchten am Samstag die Leichen der acht Attentäter, die sich am Stade de France, im Bataclan und am Boulevard Voltaire in die Luft sprengten. Sie hoffen, dass ein Abgleich der DNA mit den Datenbanken der Polizei Hinweise auf ihre Identität gibt. Ein mutmaßlicher Attentäter aus dem Bataclan wurde am Samstag bereits als ein den Geheimdiensten bekannter Franzose identifiziert.

Aus Polizeikreisen verlautete, es habe sich bei den Angreifern im Bataclan um “kampferprobte und perfekt trainierte Typen” gehandelt, die von Augenzeugen als “recht jung und selbstsicher” beschrieben worden seien. Zudem hieß es aus Polizeikreisen, nahe einer der Leichen sei ein syrischer Pass gefunden worden. Dies bestärkt den Verdacht auf eine Verbindung der Attentäter ins Ausland.

Augenzeugen berichten zudem, dass die Angreifer in einem Auto mit einer belgischen Nummerntafel kamen. Am 5. November wurde in Bayern ein Mann im Besitz eines Schnellfeuergewehrs und Sprengstoffs festgenommen, der nach Angaben des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer in Verbindung mit den Attentaten stehen könnte.

Wo sind die Komplizen?

Der Einsatz von Sprengstoffgürteln ist bisher beispiellos in Frankreich und deutet darauf hin, dass ein Sprengstoffexperte an der Planung der Anschläge beteiligt war. Derartige Experten seien für die Hintermänner zu kostbar, als dass sie selbst für Anschläge eingesetzt würden, sagt der Geheimdienstexperte Alain Chouet der Nachrichtenagentur AFP. Der Sprengstoffexperte müsse also noch irgendwo sein.

Wie schnell die Ermittler Erkenntnisse zu den Komplizen, Handlangern und Auftraggebern gewinnen, hängt davon ab, wie gut die Attentäter ihren Spuren verwischt haben. Die Brüder Said und Cherif Kouachi, die im Jänner die Satirezeitung “Charlie Hebdo” angriffen, schienen genau darauf geachtet zu haben, möglichst wenig Spuren zu hinterlassen.

Bei ihrem Komplizen Amedy Coulibaly, der einen jüdischen Supermarkt attackiert hatte, führte die Auswertung von DNA-Spuren und seines Telefons zu sieben Handlangern, gegen die Ermittlungen eingeleitet wurden. Die Ermittler gehen davon aus, dass Coulibaly Anweisungen von der IS-Miliz im Konfliktgebiet in Syrien und dem Irak erhielt.

Wer ist an den Ermittlungen beteiligt?

Die Staatsanwaltschaft von Paris hat ihre Krisenzelle aktiviert, was ihr erlaubt, alle Staatsanwälte zu mobilisieren. In den ersten Stunden nach den Angriffen waren sämtliche Mitarbeiter der Kriminalpolizei im Einsatz – dies sind rund 2.000 Beamte. Alle Anti-Terror-Abteilungen der verschiedenen Sicherheitsdienste sind in die Ermittlungen eingeschaltet.

Die Ausrufung des Ausnahmezustands durch Präsident Francois Hollande gibt der Polizei weitreichende Befugnisse. Er erlaubt ihnen insbesondere Hausdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss und die Verhängung von Hausarrest für Menschen, die als Bedrohung eingeschätzt werden. Außerdem können Versammlungsverbote verhängt und Konzertsäle und Kinos geschlossen werden. (dpa/red)

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