Auch den Tathergang schildert Verteidigerin Astrid Nagel ganz anders, als bisher angenommen und von der Staatsanwaltschaft angeklagt. „Die Familie meines Mandanten wurde ermordet, er floh nach Österreich. Hier war er, nachdem er Deutsch gelernt hatte und einen Job hatte, als ehrenamtlicher Berater für Flüchtlinge tätig“, so Nagel. Die Strafverteidigerin plädiert auf Notwehr, denn der Messerattacke sei ein Angriff des späteren Opfers vorangegangen. Und tatsächlich gibt es Fotos, die zeigen, dass der Täter am Hals eine Bisswunde hatte.
Notwehr steht im Raum
„Ich hatte Angst, der beißt mir die Halsschlagader durch“, verteidigt sich der Angeklagte in recht passablem Deutsch. Zum Streit war es gekommen, weil sich die Besucher und der pakistanische Gastgeber in eine politische Diskussion eingelassen hatten. Ob die Geschworenen von Notwehr zu überzeugen sind, wird das Verfahren zeigen. Als erstes hat jedenfalls der angeklagte Pakistaner die Gelegenheit, seine Sicht der Dinge darzustellen. Ob der Prozess heute mit einem Urteil beendet werden kann, ist offen.
Opfer erzählt
Die Gegenseite – der damals lebensgefährlich verletzte Afghane – schildert die Messerattacke ganz anders als der Angeklagte. Zuerst seien die Stiche gekommen, er habe dann zugebissen, der Angreifer habe daraufhin von ihm abgelassen. Von Notwehr des Angeklagten könne keine Rede sein, so der 28-jährige Afghane. Auch, dass der politische Pakistan-Afghanistan-Konflikt Hintergrund für den Streit gewesen sei, dementiert der Mann. Es sei um eine Kränkung gegangen, wofür der Täter gefordert habe, dass sich das Opfer entschuldigen solle. Nun werden weitere Zeugen einvernommen. Ausständig ist dann noch die Erörterung des gerichtsmedizinischen Gutachtens.
Prozess wird vertagt
Nach etlichen Stunden Verhandlung ist klar – der Mordversuchsprozess muss definitiv vertagt werden. Das gerichtsmedizinische Gutachten und die persönliche Anwesenheit des Sachverständigen sollen klären, welche Schilderungen mit den objektiven Untersuchungsergebnissen in Einklang zu bringen sind. Die Geschworenen müssen also nochmals zur Wahrheitsfindung kommen. Bis dahin bleibt der Pakistaner in Untersuchungshaft.
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