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Nobelpreisträger Yunus "erleichtert" über Obama-Wiederwahl

"US-Präsident entscheidet Schicksal der restlichen Welt", meint der Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus.
"US-Präsident entscheidet Schicksal der restlichen Welt", meint der Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus. ©EPA
Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus ist nach eigenen Worten "erleichtert", dass US-Präsident Barack Obama für weitere vier Jahre wiedergewählt wurde. Obama stehe in der öffentlichen Wahrnehmung für Veränderungen, nicht nur, weil er schwarz sei, sondern auch wegen des Truppenrückzugs aus dem Irak und Afghanistan, sagte Yunus am Mittwoch im Gespräch mit der APA.

“Seine Wiederwahl zeigt, dass es nicht einfach nur Zufall war, dass beim ersten Mal ein schwarzer Kandidat die Wahl gewonnen hat”, würdigte Yunus den US-Präsidenten und Friedensnobelpreisträger von 2009.

Viele seien wohl auch erleichtert, dass sie sich nicht auf einen neuen Präsidenten und damit auf einen unbekannten Faktor einstellen müssten. Angesichts der früheren Regierung Bush seien viele Menschen wohl auch erleichtert, dass nicht wieder ein Präsident “von der anderen Partei” gewählt worden sei.

“Die US-Präsidentschaftswahl war nie eine reine US-Wahl, sondern fast wie eine globale Wahl, obwohl der Rest der Welt nicht wählen darf. Ich habe das immer bedauert, weil der US-Präsident das Schicksal der restlichen Welt entscheidet und es sollte auch eine Möglichkeit geben, sich auf irgendeine Weise an dieser Wahl zu beteiligen.”

Änderungen in der Entwicklungshilfe

Was das Entwicklungshilfe-Programm der USA angeht, würde sich Yunus nicht nur “mehr” wünschen, sondern auch inhaltliche Veränderungen. Noch immer würden die USA ihre Auslandshilfe auf traditionelle Weise abwickeln, nämlich Geld an Regierungen zu überweisen, wenn sich diese aus US-Sicht wohlgefällig verhalten.

Die Entwicklungshilfe-Politik sei im US-Außenministerium angesiedelt, sollte aber von dort herausgelöst und in ein eigenes Ministerium für internationale Zusammenarbeit integriert werden, so Yunus. “Entwicklungshilfe sollte nicht ein Instrument der Außenpolitik sein.”

Die Vergabe des diesjährigen Friedensnobelpreises an die Europäische Union war nach Ansicht des Friedensnobelpreisträgers von 2006 “eine sehr gute Entscheidung”. Die EU selbst sei ein großartiger Schritt in Richtung Frieden und habe das ganze Konzept der Beziehungen zwischen Ländern neu definiert. Die Geschichte Europas sei eine Geschichte von Kriegen zwischen den einzelnen Ländern, die Idee der Europäischen Union habe das geändert.

Dass sich die Finanz- und Schuldenkrise negativ auf die Entwicklungshilfe ausgewirkt habe – die weltweiten Entwicklungshilfe-Zahlungen gingen 2011 um 3 Prozent auf 133,5 Mrd. Dollar (derzeit 104,3 Mrd. Euro) zurück – sei unübersehbar, sagte Yunus. “Die Finanzkrise ist ein Weckruf, der uns zeigen sollte, dass das derzeitige System nicht richtig funktioniert.” Es gebe fundamentale Fehler, die man korrigieren müsse. “Ich warne dringend: Wenn wir jetzt nicht aufwachen, werden wir in Zukunkt eine noch schwerere Krise erleben als bisher.”

Social Business – System ändern

Vor allem sollte man künftig viel stärkeres Gewicht auf Social Business legen – Unternehmen und Privatpersonen sollen also gesellschaftliche Probleme lösen. “Natürlich ist Profit ein starker Anreiz, aber derzeit lässt man andere Anreize nicht genügend zur Geltung kommen. Es ist auch ein starker Anreiz, andere Menschen glücklich zu machen.”

Dass Österreich seine Entwicklungshilfe-Ausgaben im vergangenen Jahr auf knapp 800 Mio. Euro deutlich zurückgefahren hat, wollte Yunus nicht näher kommentieren. “Es geht mir mehr um die Qualität der Hilfe als um die Quantität. Mit der gleichen Summe kann man viel mehr ausrichten, wenn man das System der Entwicklungshilfe ändert”, sagte Yunus. Dennoch hoffe er, dass Österreich in der Lage sein werde, das angepeilte Ziel von 0,7 BIP-Prozent für Entwicklungshilfe zu erreichen.

Das von Muhammad Yunus gegründete Gramee Creative Lab mit Sitz in Wiesbaden veranstaltet von Donnerstag bis Samstag schon zum zweiten Mal in Wien den “Global Social Business Summit”. In der zweiten Novemberwoche 2013 soll der nächste Gipfel in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur abgehalten werden und im Jahr darauf in Rio.

Ziel sei es, vor allem junge Leute, aber auch Akademiker, Unternehmer und Topmanager für die Idee des Social Business zu begeistern. “Die Welt verändert sich rasch. Es passieren Dinge, die wir nie erwartet hätten, etwa den Fall der Berliner Mauer, den Zerfall der Sowjetunion oder die Wiedervereinigung Deutschlands.” Auch in den nächsten 20 Jahren könnten unerwartete und aufregende Dinge passieren, sagte Yunus, “machen wir, dass sie passieren”.

Yunus hatte in den 1970er Jahren in Bangladesch damit begonnen, Kleinstkredite zu günstigen Konditionen an Arme zu vergeben. Mit dem Geld gelang es vielen Menschen, sich eine eigene Existenz aufzubauen. Für die Idee erhielt er 2006 zusammen mit der Grameen-Bank den Friedensnobelpreis.

(APA)

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