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Bregenzer Ufer als Europa-Nadelöhr

Bregenz - Handlungsbedarf, der freilich je nach Betrachter unterschiedlich akut eingestuft wird, zeichnet sich für Vorarlberg im Hinblick auf den alpenquerenden (Güter-)Verkehr ab. Grafik 

Auf Schweizer Seite wird der Gotthard-Eisenbahn-Basistunnel, dessen Fertigstellung für 2018/19 geplant ist, dann zusammen mit dem bestehenden Scheiteltunnel 350 Zugsgarnituren täglich „schlucken“. Und auf deutscher Seite wird mit Elektrifizierung der Strecke München–Lindau ein maßgeblicher Zubringer für diese Schweizer Nord-Süd-Achse auf Vordermann gebracht. Nur bei der „Spange“ dazwischen – der Strecke von Lindau über Bregenz nach St. Margrethen – scheint sich nur Halbherziges bis gar nichts zu tun. „Stimmt nicht“, konterte gestern dazu auf „VN“-Anfrage Verkehrs-Landesrat Manfred Rein. Wenn es heute einen funktionierenden Bahnabschnitt zwischen München und Gotthard gebe, der für Frequenzen der absehbaren Zukunft gerüstet ist, so sei es jener durch Vorarlberg. „Auf deutscher Seite ist man mit der Elektrifizierung seit 20 Jahren säumig, St. Margrethen–St. Gallen weist zu viel Steigung für schwere Zugsgarnituren auf. Also müsste man diese sowieso über Feldkirch-Buchs führen. So betrachtet hat Vorarlberg den geringsten Handlungsbedarf.“

Dauernd neue Bosse

Freilich teile auch er, Rein, die Ansicht, dass die ÖBB „wegen der Ostöffnung“ Planungs- und Umsetzungsschwerpunkte „auf den Großraum Wien legen“. So sei der zweigleisige Ausbau der Arlberg-Scheitelstrecke auf 2016 verschoben worden, und „bei der Anhebung der Rhein-Eisenbahnbrücke (um 1,8 m) und der Zu- und Ablauftrassen nach St. Margrethen (zwecks Ertüchtigung und Hochwassersicherung des Abschnitts Deutschland–Schweiz) streiten ÖBB und SBB seit vier Monaten, wer das zu finanzieren hat.“ Nicht minder problematisch sei, so der Landesrat, dass wegen laufender Wechsel der Verkehrsminister und der ÖBB-Bosse „von Kontinuität keine Rede sein kann. Jeder Neue kündigt erst mal eine Bestandsaufnahme an und will dann weitersehen“, kann Rein dieses Ablaufschema „schon fast nicht mehr ertragen“. Fakt sei, so der Verkehrsreferent abschließend, dass auf der Strecke Lindau–Bregenz „schon heute bis zu 160 Züge täglich unterzubringen wären, sobald die Nachtsperre der Strecke (von 23.40 bis 5 Uhr) aufgehoben würde – also rund 100 Züge mehr als heute“. Wie das mit der „Anrainer-Akzeptanz“ entlang des Vorarlberger Bodensee-Abschnitts aussähe, stehe freilich auf einem anderen Blatt Papier. Auf vielen Blättern Papier steht denn auch eine „Machbarkeitsstudie Eisenbahnumfahrung Bregenz“ bzw. eine „Machbarkeitsstudie Pfänder-Eisenbahntunnel“, die bereits 2003 erstellt und deren Szenarien zu Verkehrsaufkommen und zu Länge und Gewicht von verkehrenden Zügen seither freilich buchstäblich „überrollt“ wurden.

Verschiedene Szenarien

Im Wesentlichen thematisieren diese eine Unterflurtrasse unter der Stadt Bregenz inklusive unterirdischem Bahnhof oder einen massiv aufgewerteten/vergrößerten Hauptbahnhof Rheintal (heute Güterbahnhof Wolfurt), von dem aus die Bahntrasse parallel zur Autobahn durch den Pfänderstock (in einer dritten Röhre) geführt würde. Eine Austrittsvariante wäre beim Langen Stein (Lochau), eine andere beim Bahnhof Lindau-Reutin. Der Sprecher von Verkehrsminister Werner Faymann, Marcin Kotlowsky, meinte gestern auf unsere diesbezügliche Anfrage, dass nach Wiener Informationsstand „die Gespräche zwischen Deutschland und der Schweiz noch nicht wirklich bis zu Ende geführt wurden“. Dass also z. B. die 50-Mill.-Euro-Kofinanzierung der Schweiz für die vorgezogene Elektrifizierung Lindau – München auch noch einer letzten Bestätigung bedürfen könnten. Laut Kotlowsky gilt es vor allem abzuklären, welche Frequenzen künftig unser Abschnitt zu verkraften hätte. Noch gehe man in Wien davon aus, diesen Zusatzfrequenzen über eine Intensivierung der Taktung zwischen Lindau und Bregenz begegnen zu können.

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