Zum ersten Mal in seiner 25-jährigen Berufslaufbahn sieht sich der Psychiater und Gerichtsgutachter Reinhard Haller mit einer Schadensersatzklage für ein Gutachten, das er erstellt hat, konfrontiert.
Ein Salzburger Rechtsanwalt ist der Meinung, dass in einem Verlassenschaftsverfahren vor dem Landesgericht Innsbruck, das Haller zum Sachverständigen zur Beurteilung der Testierfähigkeit der Erblasserin bestellte, eine “unrichtige medizinische Beurteilung und die Anwendung eines in der österreichischen Rechtsordnung nicht zugelassenen Interpolationsverfahrens” vorliegt.
Im VOL Live Interview betonte der Leiter des Krankenhauses Maria Ebene, dass er der Klage sehr gelassen entgegensieht, da das Gutachten bei allen Instanzen bestätigt worden ist: Ich stehe der Klage gelassen gegenüber, da ich fachlich absolut nichts zu befürchten habe. Aber natürlich ist eine Schadensersatzklage immer mit einem unguten Gefühl verbunden. Wenn hier aber amerikanische Verhältnisse einreißen, sodass immer auf so hohe Summen geklagt wird, dann wird man sich in Zukunft schwer, tun einen Gutachter zu finden.
Den Angaben des Advokaten zufolge hatte ihn eine betagte Kitzbühlerin als Erben des 1,6 Mio. Euro-Vermögens eingesetzt. Er sei der Enkel eines guten Freundes der Dame, so der Anwalt. Am Tag der Testaments-Errichtung sei die kinderlose Über-90-Jährige bei einem Psychiater gewesen, um sich ihre Testierfähigkeit bestätigen zu lassen. Verwandte der Frau fochten das Testament nach ihrem Tod 1999 aber vor dem Landesgericht Innsbruck an. Basierend auf dem im Juli 2003 erstellten Gutachten Hallers erkannte das Gericht der Frau in seinem Urteil im April 2005 die Testierfähigkeit ab. Seine Vorwürfe gegen Haller würden durch vier Privatgutachten untermauert, so der Anwalt. Haller habe sich bei seiner Beurteilung auf ein in Österreich nicht zugelassenes Interpolationsverfahren gestützt. Eines der Privatgutachten stamme vom Begründer dieser Methode, dieser habe Haller in seinem Gutachten “vernichtet”.
“Wenn man gutachterlich tätig ist, ist immer eine Seite nicht einverstanden”, so Haller weiter. Der betreffende Rechtsanwalt agiere schon seit Jahren gegen ihn, er sei schon “unzählige Male” von ihm angezeigt worden. Haller machte darauf aufmerksam, dass letztlich nicht der Gutachter, sondern das Gericht eine Entscheidung fälle.
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